Mein Standpunkt

Wir müssen die Risikogruppen weiter schützen

In Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder in der Altenpflege darf künftig vorübergehend während der Geltungsdauer der epidemischen Lage der Impfstatus der Beschäftigten vom Arbeitgeber abgefragt werden – allerdings nur, sofern es dem Infektionsschutz dient. 
Portrait von Rolf Mützenich, auf dem er nachdenklich in die Kamera blickt
(Foto: photothek)

Am 7. September kommt der Bundestag noch einmal zusammen, um über die Situation in Deutschland zu debattieren, das Infektionsschutzgesetz an die neue Lage bei der Corona-Pandemie anzupassen und die Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe2021“ für die Opfer von Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 zu beschließen.

Es ist eine Tragödie, dass die Flutkatastrophe so viele Menschenleben gefordert hat. Wir ziehen die Lehren daraus: Die Folgen des Klimawandels sind längst auch bei uns in Deutschland angekommen. Wir müssen cleverer bauen und Anwohner:innen schützen. Der Katastrophenschutz muss besser funktionieren. Für die konkrete Notsituation insbesondere in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern stellen wir nun – nach der ersten Soforthilfe - 30 Milliarden Euro für den Wiederaufbau bereit. Was für ein normales Leben mit Geld zu bezahlen ist, werden wir damit finanzieren. Neben den finanziellen Hilfen ist es aber auch wichtig, den Unternehmen in den betroffenen Regionen Zeit zu geben, ihre Fragen zur Sanierung und zur Finanzierung der Hochwasserschäden zu klären. Deshalb setzen wir auf Initiative unserer Justizministerin für diese Betriebe die Insolvenzantragspflicht aus und sichern damit auch Arbeitsplätze vor Ort. Wir regeln außerdem den Pfändungsschutz neu, damit Betroffenen auch dann die unpfändbaren Hochwasser-Soforthilfen von ihrem Kreditinstitut ausgezahlt werden, wenn diese auf einem Pfändungsschutzkonto eingehen. Außerdem schaffen wir die rechtlichen Bedingungen, um pragmatische Hilfe zu ermöglich – wie den Aufbau mobiler Infrastrukturen oder Einrichtungen.

Corona ist nicht vorbei, doch haben bereits mehr als 60 Prozent der Bevölkerung ihre zweite Impfung erhalten und schützen damit sich und ihre Mitmenschen. Wir merken jetzt schon: Die Impfquote sorgt für spürbare Entlastungen auf den Intensivstationen unserer Krankenhäuser.

Wenn die Inzidenzen steigen, aber immer mehr Menschen geimpft und damit vor schweren Verläufen im hohen Maße geschützt sind, braucht es deutlich höhere Anforderungen an die Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen. Seit längerem fordert die SPD deshalb, neben den Inzidenzwerten die Auslastung des Gesundheitswesens – die so genannte Hospitalisierungsrate – stärker als bisher in den Fokus zu nehmen. Mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes schaffen wir hierfür die gesetzliche Grundlage. Zugleich gilt es, Risikogruppen sowie Kinder und Jugendliche weiterhin so gut es geht vor dem Virus zu schützen. Vor allem in Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder in der Altenpflege. Dort darf künftig vorübergehend während der Geltungsdauer der epidemischen Lage der Impfstatus der Beschäftigten vom Arbeitgeber abgefragt werden – allerdings nur, sofern es dem Infektionsschutz dient. Die SPD hat in den Verhandlungen durchgesetzt, dass es keine generelle und unbefristete Auskunftspflicht – wie von der Union gefordert – geben wird.

Außerdem wurde mit der Verlängerung der epidemischen Lage bis zum 24. November auch eine Verlängerung der Arbeitsschutzverordnung notwendig. Neben den bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen wie der Testangebotspflicht und der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, werden die Arbeitgeber stärker in die Impfkampagne eingebunden. So gilt ab dem 10. September zusätzlich eine Verpflichtung der Arbeitgeber, ihre Beschäftigten über die Risiken einer Covid-19 Erkrankung und Impfmöglichkeiten zu informieren, Beschäftigte für Impfungen freizustellen und Betriebsärzt:innen bei betrieblichen Impfangeboten zu unterstützen.

Die jüngsten Arbeitslosenzahlen sind erfreulich: Entgegen dem saisonalen Trend ist die Arbeitslosigkeit rückläufig – trotz Pandemie. Gleichzeitig macht uns Sorge, dass noch immer etwa jede:r fünfte Beschäftigte in Deutschland im Niedriglohnsektor arbeitet. Während der Pandemie ist laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung das Armutsrisiko für Alleinerziehende und ihre Kinder gestiegen. Diesen Entwicklungen wollen wir Sozialdemokrat:innen einen wirksamen Hebel entgegensetzen: den Mindestlohn von 12 Euro. Von einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro würden 10 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse unmittelbar profitieren– das ist ein Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse. Besonders auszahlen würde sich diese Mindestlohnerhöhung für Frauen, Beschäftigte in Ostdeutschland und drei Viertel aller geringfügig Beschäftigten.

Die Lage in Afghanistan ist dramatisch und weiterhin sehr unübersichtlich. Vor genau einer Woche hat die letzte US-Militärmaschine afghanischen Boden verlassen. Mit dem Ende der militärischen Evakuierung endet aber nicht das Engagement der Bundesregierung und ihrer internationalen Partner. Die Bundesregierung arbeitet deshalb weiterhin daran, die verbliebenen deutschen Staatsbürger:innen, die afghanischen Ortskräfte und ihre Familien sowie gefährdete Vertreter:innen der Zivilgesellschaft wie Menschenrechtsaktivistinnen und Journalist:innen außer Landes zu bringen. Wir wollen aber auch die Nachbarländer unterstützen. Bundesaußenminister Heiko Maas ist deshalb in die Region gereist, um mit den Regierungen von Usbekistan, Tadschikistan, Pakistan, der Türkei und Katars Wege zur Ausreise für die Menschen in Afghanistan auszuloten. Das Auswärtige Amt ist zu dieser Frage auch im Gespräch mit den Taliban. Die Bundesregierung hat zudem eine Soforthilfe in Höhe von 100 Millionen Euro für notleidende Menschen in Afghanistan und der Region für internationale Hilfsorganisationen bereitgestellt – weitere 500 Millionen Euro sind eingeplant.

Heute Abend tagt der Vermittlungsausschuss, um doch noch einen Kompromiss zum Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule zu finden. Für uns war immer klar: Eine funktionierende Kinderbetreuung ist elementar für die Organisation von Familien. Deswegen sollten Eltern einen Anspruch darauf haben, ihre Kinder nicht nur im Kita-, sondern auch im Grundschulalter bis in den Nachmittag hinein betreuen zu lassen. Dafür haben wir lange gekämpft – und werden uns bis zum Schluss in den Verhandlungen mit den Ländern dafür stark machen.

Pressestatement des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag Rolf Mützenich am 06.09.2021.

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