Mein Standpunkt

Der wirtschaftliche Erfolg muss gerecht verteilt werden

Während die oberen Einkommen in den letzten Jahren von der guten konjunkturellen Entwicklung und den gestiegenen Löhnen und Gehältern profitierten, hatten knapp 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung so gut wie keine Lohnzuwächse. Das will die SPD-Fraktion ändern.
Der Abgeordnete Thomas Oppermann
(Foto: Patryk Witt)

In der Großen Koalition konnten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bereits wichtige Verbesserungen für Familien, Alleinerziehende und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchsetzen. Aber viele andere Vorschläge, mit denen wir uns um die konkreten Alltagsprobleme der Menschen kümmern, blockiert die Union. Sie zeigt damit, dass es ihr an Respekt vor denen mangelt, die tagtäglich hart im Job und für die Familie arbeiten. Anstatt den Begriff Gerechtigkeit für wahltaktische Polemik zu missbrauchen, sollte unser Koalitionspartner lieber die verbleibende Legislaturperiode nutzen, um gemeinsam mit uns dringende Vorhaben anzupacken, die das Leben vieler in unserem Land verbessern.

Es ist an der Zeit, dass die Union endlich Farbe bekennt: Wenn sie wie die SPD-Fraktion dafür sorgen will, Frauen aus der Teilzeitfalle zu befreien, darf sie sich nicht mehr länger gegen ein Rückkehrrecht in Vollzeit sperren. Wenn sie wirklich möchte, dass sich Rentnerinnen und Rentner darauf verlassen zu können, nach einem langen Arbeitsleben über mehr zu verfügen als die Grundsicherung, muss sie ihren Widerstand gegen eine Solidarrente endlich aufgeben. Wenn die Union tatsächlich für mehr Maß und Mitte bei den Managergehältern sorgen will, dann sollte sie den Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion nach Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit endlich zustimmen.

Mehr Steuereinnahmen: Zeit für mehr Investitionen

Nach der jüngsten Steuerschätzung können Länder und Kommunen im Gegensatz zum Bund nochmals mit einem deutlich höheren Steuerplus rechnen. Im Vergleich zur vorangegangenen November-Schätzung werden die Einnahmen der Länder bis 2021 um knapp 30 Milliarden Euro steigen, die der Gemeinden um etwa 27 Milliarden Euro. Jahrelang hatten Länder und Kommunen nicht das Geld, um in Kindergärten, Schulen, Straßen oder Sportanlagen zu investieren. Wir Sozialdemokraten haben uns deshalb dafür stark gemacht, dass Länder und Kommunen einen höheren Anteil an den Steuereinnahmen erhalten. Mit den Mehreinnahmen können Länder und Gemeinden nun dafür sorgen, dass Kitas gebührenfrei werden und genügend Ganztagsplätze in Kitas und Grundschulen zur Verfügung stellen. Denn eines steht fest: Damit Deutschland künftig wirtschaftlich stark bleibt, brauchen wir mehr Investitionen: in kostenfreie Bildung und Betreuung, in Innovationen, in gute Verkehrswege und ein flächendeckendes schnelles Internet. 

Unsere Gesellschaft ist jedoch auf Dauer nur leistungsfähig, wenn der wirtschaftliche Erfolg gerecht verteilt ist. Das ist im Moment nicht der Fall: Während die oberen Einkommen in den letzten Jahren von der guten konjunkturellen Entwicklung und den gestiegenen Löhnen und Gehältern profitierten, hatten knapp 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung so gut wie keine Lohnzuwächse. Deshalb wollen wir kleinere und mittlere Einkommen finanziell entlasten. Sie sollen am Monatsende mehr Netto vom Brutto übrig haben. Denn es ist Zeit, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung auch bei denen ankommt, die jeden Tag hart arbeiten und bei denen es am Monatsende trotzdem knapp wird. 

Zu einem gerechten Steuersystem gehört auch ein entschiedener Kampf gegen Steuerkriminalität. Wer versucht, sich vor der Steuer zu drücken, der schadet allen, die ehrlich ihre Steuern zahlen. Für mich sind die Vorgänge um die Spionageaktivitäten der Schweiz daher nicht hinnehmbar. Umso verwunderlicher ist, dass der Bundesfinanzminister bislang zu diesen Vorgängen schweigt. Ich finde: Gerade der Bundesfinanzminister sollte beim Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche an der Spitze stehen und nicht auf die Bremse treten. 

Bundeswehr braucht klare Orientierung, keine Verunsicherung 

Es ist ein unfassbar, dass sich in der Bundeswehr eine rechtsextreme Terrorzelle bilden konnte, die Munition stiehlt und Pläne für die Ermordung von Politikern entwickelte. Notwendig ist jetzt lückenlose Aufklärung der Vorgänge um den Offizier Franco A. Es ist daher befremdlich, wenn die Bundesverteidigungsministerin als Reaktion darauf die Schuld auf die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr abzuwälzen sucht. Ich bin der Meinung: Es dürfen nicht alle Soldatinnen und Soldaten wegen der Vergehen Einzelner in Mithaftung genommen werden. Denn die übergroße Mehrheit von ihnen leistet einen hervorragenden Job und ist Garant für die Sicherheit unseres Landes. 

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat es wie ihre Unions-Vorgänger versäumt, der Bundeswehr bei der Transformation von einer Wehrpflichtigen-Armee zu einer Berufsarmee eine klare Orientierung zu geben. Ein großer Fehler, der jetzt offenkundig zu Tage tritt. Die Verteidigungsminister der Union haben in den letzten Jahren bei der Reform der Bundeswehr versagt. Sie alle haben jeweils mehr Baustellen hinterlassen, als sie zu Beginn ihrer Amtszeiten vorgefunden hatten. 

Um extremistische Aktivitäten in der Truppe im Keim zu ersticken, sind mehr politische Bildung, schnellere Meldeketten und eine längst überfällige Überarbeitung des Traditionserlasses notwendig. Dies ist nun von der Verteidigungsministerin rasch in die Wege zu leiten, ohne die Soldatinnen und Soldaten weiter zu verunsichern. 

Eine klare Ansage erwarte ich von der Bundeskanzlerin, wenn sie kommende Woche auf dem NATO-Gipfel auf den türkischen Präsidenten Erdoğan trifft. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Die Weigerung der türkischen Regierung, deutschen Bundestagsabgeordneten den Zutritt zu den in Incirlik stationierten Soldatinnen und Soldaten zu gewähren, ist daher nicht hinnehmbar. Unter diesen Voraussetzungen kann die Bundeswehr nicht in Incirlik bleiben, sondern muss den Kampf unserer Bündnispartner gegen den IS-Terror von einem anderen militärischen Standort aus unterstützen.   

Thomas Oppermann erklärt, warum die SPD-Fraktion weiter über die Bund-Länder-Finanzreform beraten will. Denn es geht dabei auch um weitreichende Grundgesetzänderungen.

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