Frage: Deutschland will sich bei Krisen mehr engagieren - aber die Bundeswehr hat mit eklatanten Materialproblemen zu kämpfen, was läuft da schief?

Antwort: Offenkundig gibt es kein gutes Management bei Beschaffung und Instandsetzung.

Am Agieren der Verteidigungsministerin gibt es Kritik. Aber ist die Misere bei der Bundeswehr wirklich ihr anzulasten?

Der miserable Zustand des Bundeswehrgeräts deutete sich schon länger an. Das müssen sich alle Verteidigungsminister der letzten Jahre ankreiden lassen. Frau von der Leyen muss nun schnell handeln.

Ist es nötig, den Wehretat zu erhöhen?

Nein. Der bestehende Etat muss ausgeschöpft werden. Die Verteidigungsministerin muss jetzt Managementqualitäten beweisen und die Bundeswehr mit den vorhandenen Mitteln fit machen.

Die Große Koalition ist nun knapp ein Jahr alt. Die SPD stagniert in den Umfragen. Sie haben kürzlich gefordert, Ihre Partei müsse moderner werden. Klingt gut - aber, was heißt das konkret?

Die SPD muss wieder die Partei des Fortschritts werden. Diesem Land ging es immer gut, wenn eine starke Wirtschaft und sozialer Zusammenhalt Hand in Hand gingen. Der Garant für diesen Zweiklang sind wir und niemand anders.

Das sind sehr abstrakte Begriffe, die alle Parteien unterschreiben würden. Die jüngere Generation, in der die SPD nur noch schwach verankert ist, dürften Sie so kaum überzeugen.

Wir wollen, dass Frauen die gleichen Chancen haben, Einwanderer willkommen sind, Minderheiten nicht diskriminiert, Firmengründer mit offenen Armen empfangen und Innovationen belohnt werden. Das Konzept einer offenen Gesellschaft trifft das Lebensgefühl junger Menschen. Ich erfahre für diese Ziele jedenfalls viel Zustimmung.

Gehören dazu auch die Wohltaten für die Älteren - Stichwort Rentenpaket?

Viele Jüngere haben diese Reform mitgetragen, weil sie wollen, dass die jahrzehntelange Arbeit ihrer Eltern und Großeltern auch gerecht bewertet wird. Aber sie fordern zu Recht ein, dass wir auch die Chancen ihrer Generation im Blick haben. Das tun wir: keine neuen Schulden und trotzdem mehr Geld für Bildung und Infrastruktur.

Wie sieht Ihre Machtoption für 2017 aus? Die Linke dürfte kaum in Frage kommen.

2017? Das sind noch drei Jahre. Schauen Sie, was in den letzten zwei Jahren passiert ist: Die hochgejubelten Piraten sind wieder verschwunden, die FDP ist am Boden zerstört, mit der AfD zieht eine rechte Partei in die Parlamente. Und die Linke hat sich außenpolitisch stärker isoliert als je zuvor. Deshalb ist die SPD gut beraten, sich nicht als Teil von Bündnissen zu definieren, sondern sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen. Wir müssen selbst wieder über 30 Prozent kommen, wenn wir eine Regierung führen wollen.

Hat die SPD erst wieder eine Chance aufs Kanzleramt, wenn Merkel nicht mehr da ist?

Ich halte nichts davon, die Kanzlerin zu dämonisieren.

Haben Sie in der Opposition oft genug gemacht.

Angela Merkel ist bis 2017 auch unsere Kanzlerin. Jetzt regieren wir gemeinsam - danach treten wir wieder gegeneinander an.

Die Volksparteien leiden unter der schwindenden Wahlbeteiligung. Lässt sich der Trend aufhalten?

Wir müssen dafür sorgen, dass das Interesse an Politik wieder wächst. In Zeiten einer Großen Koalition ist das nicht einfach. Deshalb darf die aktuelle Konstellation kein Dauerzustand sein. Wird es auch nicht werden.

Ihre Generalsekretärin hat sich Gedanken darüber gemacht, wie sich die Wahlbeteiligung stärken ließe. Eine ihrer Ideen: Urnen in Supermärkten. Wählen an der Fleischtheke - ist das der richtige Kurs?

In der alten Bundesrepublik ging in vielen Orten die Bevölkerung Sonntags geschlossen in die Kirche und dann zum Wahllokal. Heute gehen immer mehr Menschen weder in die Kirche noch wählen. Es hilft nichts, dass zu beklagen. Die Zeiten haben sich geändert. Darauf muss die Politik reagieren. Deshalb wollen wir jetzt Vorschläge sammeln, wie man das Wählen einfacher machen kann. Dazu gehört auch, dass man die Wahlmöglichkeit an mehreren Tagen und an zusätzlichen Orten anbietet.

Wäre es in Zeiten der Digitalisierung sinnvoll, das Wählen per Internet zu ermöglichen?

Wählen per Mausklick wird kommen. Aber sicher noch nicht 2017. Denn klar ist: Wahlen müssen verlässlich und sicher sein. Ein berechenbares, nicht manipulierbares Wahlsystem ist elementar für eine Demokratie. Unabdingbar dafür sind aber eine deutlich höhere Sicherheit im Netz und die Unverletzbarkeit des Wahlgeheimnisses. Einfach wird das nicht. Wir haben ja jetzt schon Mühe, die private und geschäftliche Kommunikation zu schützen.

In der SPD wird über das Freihandelsabkommen TTIP gestritten - Parteichef Gabriel bügelte die Kritiker ab. Ist das der richtige Umgang?

Niemand ist abgebügelt worden. Wir haben über TTIP eine sehr offene Debatte in der SPD. Die brauchen wir auch. Das Freihandelsabkommen mit den USA birgt eine Reihe von Risiken. Eine Paralleljustiz durch Schiedsgerichte, die unser demokratisches Rechtssystem aushebelt, wollen wir jedenfalls nicht. Aber für mich ist auch klar: Wir dürfen die Diskussion über TTIP nicht angstbesetzt führen.

Wie wollen Sie die Kritiker vom Freihandelsabkommen überzeugen?

Das Abkommen birgt riesige Chancen. Für ein Land, das von Handel und Export lebt wie Deutschland, ist der Zugang zu Märkten von elementarer Bedeutung. Ohne den europäischen Binnenmarkt zum Beispiel würde es uns heute bei Weitem nicht so gut gehen. Wir müssen die Verhandlungen zu TTIP und auch das CETA-Abkommen mit Kanada nutzen, um bestmögliche sozialpolitische, arbeitsrechtliche und kulturelle Standards durchzusetzen. Dazu hat die SPD klare Vorstellungen formuliert. Mit wem sollen wir denn solche Standards sonst aushandeln? Mit Indien? Oder China? Viel Spaß.

Teile der SPD würden bei TTIP und CETA am liebsten gar nicht weiter verhandeln.

Es geht um eine sehr grundsätzliche Frage: Entweder wir gestalten die Globalisierung, oder die Globalisierung gestaltet uns. Ich will lieber gestalten.