„Europa ist in Gefahr durch wachsenden nationalen Egoismus seiner Mitgliedstaaten“, konstatierte Sigmar Gabriel. Das müsse schnell überwunden werden, „sonst können wir die Menschen nicht mehr von der europäischen Idee überzeugen“. Er stellte klar: „Dass Deutschland Flüchtlinge aufnimmt statt abzuweisen, ist ein Zeichen der Stärke, und das wird auch international so gesehen“. Allein im September seien bis dato 40.000 Flüchtlinge zu uns gekommen. Deshalb reiche es auf europäischer Ebene nicht aus, nur 160.000 Flüchtlinge sozusagen umzuverteilen. „Europa muss deutlich mehr tun!“

Gabriel machte auch deutlich, was in Europa darüber hinaus geschehen muss, damit es gerechter zugeht, zum Beispiel die Ungerechtigkeit beseitigen, dass große Unternehmen wie Starbucks oder Amazon kaum Steuern bezahlten. Auch eine Harmonisierung der Körperschaftsteuer mahnte er an sowie „gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit“.

Die Frage, wie Deutschland mit den Flüchtlingen umgeht, war auch bei Gabriel ein wichtiges Thema. Er lobte die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer: „Das tut Deutschland gut, und das tut den Flüchtlingen gut“, sagte er. Wichtige Aufgabe des Staates sei es, für eine an-ständige Integration der Flüchtlinge zu sorgen. Für Gabriel liegen dabei Chancen und Risiken dicht beieinander. „Wenn wir es schaffen, diese Menschen in Abriet zu bringen, setzten wir auch dem Fachkräftemangel und der Alterung der Gesellschaft etwas entgegen“, erläuterte er. Denn die demografische Entwicklung sei „eine Gefahr für die ganze Gesellschaft“.

Es komme darauf an, Leistungsträger nicht zu Leistungsempfängern zu machen. Er forderte mehr Ausbildungsplätze, denn Flucht dürfe nicht zu jahrelangem Nichtstun führen. Gabriel. „Arbeit zu haben, ist die beste Form von Integration“. Und nur eine Wirtschaft, die wachse, könne die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft stehe, auch tragen.

Mehr Markt und Wettbewerb bei der Energiewende

Damit kam Gabriel zu den Investitionen des Bundes: Bis 2019 wird der Bund 21 Milliarden Euro investieren, einen Großteil in die Digitalisierung und die Infrastruktur (schnelle Leitungen, Straßenbau etc.). Aber auch die Energieeffizienz werde gestärkt, so Gabriel. Zudem habe die Große Koalition „mehr Markt und Wettbewerb bei der Energiewende“ geschaffen und sichere die Existenz von Stadtwerken.

Gabriel betonte, dass viele der avisierten Zukunftsinvestitionen im Osten stattfinden.
Aber er sparte auch eine Mahnung an die Privatwirtschaft nicht aus: „Die Wirtschaft bleibt nur stark, wenn private Unternehmen mehr investieren“. Die Koalition tue das Ihre, etwa 750 Millionen Euro mobilisieren beim Bürokratieabbaugesetz.

Die deutsche Wirtschaft ist laut Sigmar Gabriel solide und auf Wachstumspfad – das Wachstum dieses Jahr betrage wohl 1,8 Prozent. Er erwartet eine Rekorderwerbstätigkeit in Deutschland von 42 Millionen Menschen. Die Gründe für die gute Konjunktur liegen laut Gabriel unter anderem im niedrigen Ölpreis, den hohen Steuereinnahmen, der Erholung der USA und dem starken Export. Er betonte nochmal die strukturelle und dauerhafte Unterstützung des Bundes für die Länder und Kommunen.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil warnte davor, angesichts der hohen Flüchtlingszahlen eine Deregulierung am Arbeitsmarkt zu verlangen. „Es wird keine Änderung beim Mindestlohn geben“, sagte er mit Blick auf Forderungen, diesen auszusetzen.

Auch Heil machte deutlich, dass rund 60 Prozent der öffentlichen Investitionen des Bundes kommunale Investitionen seien. Die Größenordnung bei der Investition in die Energieeffizienz bezifferte Heil auf rund 1,2 Milliarden Euro.

Für ihn steht fest: „Wir sind ein starkes und mitfühlendes Land, wir haben alle Chancen, die kommenden Herausforderungen zu schaffen. Wir sind nicht auf dem Weg in die Verelendung.“

Alexander Linden