Deutschland ist wirtschaftlich stark und kann vieles leisten. Seit Monaten heißt unser Land tausende Flüchtlinge willkommen. Und wir werden auch künftig Menschen helfen, die Schutz suchen vor Krieg und Bürgerkrieg. Damit wir das schaffen, muss Europa zusammenhalten. Nur als Gemeinschaft kann Europa diese Aufgabe stemmen – einzelne Mitgliedsstaaten alleine können es nicht. Nur miteinander besteht Europa diese historische Bewährungsprobe.
Flüchtlingspolitik: Europa darf keine Zeit mehr verlieren
Es war richtig, temporäre Grenzkontrollen einzuführen, um wieder eine geordnete Registrierung und Aufnahme der Flüchtlinge zu gewährleisten. Aber Grenzzäune zwischen den europäischen Mitgliedstaaten sind keine Lösung. Im Gegenteil, Europa lebt von seinen offenen Grenzen. Sie sind eine fundamentale Errungenschaft der Europäischen Integration. Deshalb müssen wir zurück zu einem Europa, in dem man sich gegenseitig hilft und das die europäischen Werte der Solidarität und Hilfsbereitschaft lebt. Europa muss diese Woche endlich einen Durchbruch erzielen für eine gemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik. Notwendig sind ein faires Verfahren, um Flüchtlinge zu verteilen, gemeinsame Standards, die eine humanitäre Aufnahme sichern, sowie verstärkte Anstrengungen, um den Menschen in den Flüchtlingslagern an der syrischen Grenze bessere Lebensbedingungen zu verschaffen.
Weltgemeinschaft ist gefordert, Fluchtursachen zu bekämpfen
Ohne effektiven Kampf gegen die Fluchtursachen werden weiter Menschen ihre Heimat verlassen und sich auf den Weg nach Europa machen. Dies gilt ganz besonders auch für den grausamen Bürgerkrieg in Syrien. Wir unterstützen Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seinem beharrlichen Bemühen, alle relevanten Gesprächspartner an den Verhandlungstisch zu bekommen, um eine politische Lösung oder zumindest eine Deeskalation der Lage zu erreichen. Denn klar ist: Militärische Aktionen sind der falsche Weg, um das Leid der syrischen Bevölkerung zu beenden.
Bis der Konflikt in Syrien entschärft ist, muss die humanitäre Situation der syrischen Flüchtlinge in Jordanien, Libanon in der Türkei und im Nordirak umgehend verbessert werden. Schande ist eine zutreffende Beschreibung für die Tatsache, dass die Weltflüchtlingsorganisation UNHCR die Essensrationen in den Flüchtlingslagern der syrischen Nachbarstaaten dramatisch kürzen musste. Deshalb hat die Bundesregierung ihre humanitäre Hilfe um 400 Mio. Euro aufgestockt. Und wir fordern die Europäischen Union und ihre Mitgliedstaaten auf, insgesamt 1,5 Mrd. Euro als europäische Soforthilfe für Nahrung, Unterkünfte und Schulen in den Flüchtlingscamps bereit zu stellen. Aber nicht nur Europa, auch die USA oder die reichen Golf-Staaten sind gefordert zu handeln. Die ganze Weltgemeinschaft steht in der Verantwortung, die humanitäre Katastrophe in Syrien und in den Nachbarstaaten zu stoppen.
Kommunen müssen in der Lage bleiben, Flüchtlingen zu helfen
Über 300 Bürgermeister und Landräte haben letzte Woche auf unserer kommunalen Flüchtlingskonferenz deutlich gemacht: Die Kommunen stoßen nicht an Grenzen des Willens, sondern an die Grenzen des faktisch Möglichen. Es ist daher gut, dass der Bund, wie von der SPD-Bundestagsfraktion gefordert, selbst 40.000 Plätze zur Erstaufnahme bereitstellt und sich bereit erklärt hat, die Verteilung der Flüchtlinge zentral zu organisieren.
Es ist wichtig, dass am kommenden Donnerstag eine Verständigung mit den Ländern erzielt wird über den konkreten Weg, wie der Bund sich an den Kosten der Versorgung und der Integration von Flüchtlingen beteiligt. Für 2015 hat der Bund eine Soforthilfe von 1 Mrd. Euro bereitgestellt und für das kommende Jahr weitere Hilfen von 3 Milliarden Euro zugesagt. Wir setzen uns dafür ein, dass der Bund seine finanzielle Unterstützung für Länder und Kommunen nochmals an die Dynamik der Flüchtlingszahlen anpasst und die Länder pro Flüchtling mit einer Pauschale unterstützt. Zudem muss das bereits vereinbarte Handlungspaket für schnellere Verfahren, Ausbau der Aufnahmekapazitäten und eine bessere Integration jetzt zügig in die Tat umgesetzt werden.
Zukunftskongress der SPD-Fraktion: Gutes Leben für alle in Deutschland
Trotz der enormen Herausforderungen, die die Ankunft vieler Flüchtlinge bedeutet, dürfen wir nicht die Belange und Sorgen der Menschen vergessen, die schon länger in Deutschland leben. Wer die Interessen der einen gegen die der anderen ausgespielt, der setzt den Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel. Wir wollen deshalb dafür sorgen, dass alle Menschen Zugang zu bezahlbarem Wohnraum haben und die Qualität des Kita-Angebots in Deutschland gesteigert wird. Auch wollen wir ältere Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, wirksamer vor Armut im Alter schützen sowie Leiharbeit und Werkverträge besser regeln.
Zusätzlich zu den Vorhaben, die wir bereits im Koalitionsvertrag vereinbart haben, wollen wir mit unserem Projekt Zukunft #Neue Gerechtigkeit darüber hinaus neue Antworten formulieren, um allen Menschen in unserem Land die Aussicht auf eine gute Zukunft zu geben. In den nächsten Jahrzehnten wird unser Land älter, bunter und urbaner. Gleichzeitig revolutioniert die Digitalisierung unseren Alltag und die Art und Weise, wie wir lernen, arbeiten und produzieren. Diese fundamentalen Umwälzungen müssen wir aktiv begleiten und gestalten. Gestern haben wir auf unserem Zukunftskongress mit hunderten Experten und Praktikern darüber diskutiert, wie wir eine Gesellschaft gestalten, die allen neue Chancen eröffnet und in der diejenigen, die sie ergreifen, Wertschätzung erfahren. Die sechs Projektgruppen werden aufbauend auf diesen Dialog konkrete Konzepte formulieren. Soweit dies möglich ist, wollen wir die Ergebnisse noch in dieser Legislaturperiode in konkretes politisches Handeln umsetzen.
Steuergerechtigkeit schaffen, Steuerflucht bekämpfen
Es ist es ein großer Erfolg, dass wir in dieser Woche den Weg für die nationale Umsetzung des automatischen Informationsaustausches bereiten, den Deutschland mit über 50 Staaten vereinbart hat. Dafür hat sich die SPD-Bundestagsfraktion jahrelang vehement eingesetzt. Der automatische Informationsaustausch ist ein wichtiger Schritt für mehr Steuergerechtigkeit. Vermögen und Erträge lassen sich dann nicht mehr auf anonymen Nummernkonten vor dem Fiskus verstecken. Wenn der automatische Informationsaustausch greift, müssen wir daran gehen, die Besteuerung von Kapitalerträgen neu zu regeln. Arbeitseinkommen dürfen gegenüber Kapitalerträgen nicht länger steuerlich benachteiligt werden.
Diese Woche beraten wir in erster Lesung auch über eine Reform der Erbschaftssteuer. Unser zentrales Anliegen ist klar: Wir wollen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht eine angemessene Besteuerung von reichen Erben und den Schutz von Arbeitsplätzen bei Firmenübergängen. Uns ist gelungen, den Gesetzentwurf vor der Kabinettsbefassung noch entscheidend zu verbessern: Bestrebungen seitens der Union, die Bemessungsgrundlage einzuschränken und das begünstigungsfähige Vermögen auszuweiten, haben wir abgewehrt, da sie gravierende verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen. Weiterhin gilt, dass künftig auch das Privatvermögen von Erben mitberücksichtigt werden soll. Zwar startet die Bedürfnisprüfung nun etwas höher als ursprünglich in den Eckwerten des BMF vorgesehen, dafür haben wir im Gegenzug erreicht, dass sehr große Vermögen ab 116 Mio. Euro nun stärker als vorgesehen einbezogen werden. Zudem haben wir für kleinere mittelständische Betriebe bis 15 Mitarbeiter Erleichterungen bei der Betriebsübergabe durchgesetzt.