Zwei Tage lang haben die Koalitionäre wichtige politische Themen erörtert, zu denen an diesem Donnerstag jeweils ein Beschlusspapier verabschiedet wurde.

Am Mittwoch tauschten sich die Vorstandsmitglieder der Koalitionsfraktionen zunächst mit dem niederländischen Ministerpräsidenten und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Mark Rutte über Herausforderungen in Europa, die Zukunft der Europäischen Union und Fragen der Flüchtlingspolitik aus.

Am Donnerstag standen Fragen der öffentlichen Sicherheit im Zentrum der Beratungen. Weiteres Thema war die Mobilität der Zukunft. Hierzu diskutierten die Abgeordneten mit Harald Krüger, dem Vorstandsvorsitzenden von BMW.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann lobte zum Abschluss der Klausurtagung die „konstruktiven Diskussionen“ und das „hervorragende Arbeitsklima“. Das sei auch wichtig, betonte Oppermann, denn die Koalitionsfraktionen hätten noch anderthalb Jahre Regierungszeit vor sich, in der sie „handfeste Probleme lösen“ müssten. „Leitlinien“ der Koalitionsarbeit seien, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu sichern und der Bevölkerung noch mehr soziale und öffentliche Sicherheit zu bieten, so Oppermann. Er bezog sich dabei auch auf die verbesserten Maßnahme zur Einbruchsprävention - die Mittel dazu sollen auf 50 Millionen Euro ansteigen. Der Schutz der Bürger vor Kriminalität sei ebenso wichtig wie die soziale Sicherheit, etwa durch die von der SPD-Fraktion geforderte Solidarrente.

Oppermann äußerte sich auch zum Beschluss zur Automobilität: "Dort gibt es gewaltige Umbrüche, wie die Digitalisierung, das selbstständige Fahren und die Elektromobilität." Die Politik müsse dabei helfen, dass die deutsche Automobilindustrie diese Umbrüche so gut bewältigen kann, dass auch danach noch Autos aus Deutschland ein bevorzugtes Produkt in der ganzen Welt sind. Oppermann: "Wir brauchen eine Infrastruktur für Elektroautos in Deutschland. Ohne die kann es keinen Durchbruch auf dem Markt geben."

 

Folgende Beschlüsse wurden gefasst:

Ursachen von Flucht bekämpfen: Beiträge von Entwicklungszusammenarbeit, Humanitärer Hilfe und ziviler Krisenprävention

Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Krieg, persönliche Verfolgung oder Hunger sind nur einige Gründe dafür, dass Menschen ihre Heimatländer verlassen. Für viele sind Europa und Deutschland Ziel der Flucht. Politisches Ziel ist es für die Koalitionsfraktionen laut Beschluss, die Zahl der nach Deutschland kommenden flüchtenden Menschen deutlich zu senken. Entwicklungspolitik, Humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention sind dabei die wesentlichen strategischen Ausrichtungspunkte. In der Entwicklungspolitik bedeutet das dem Beschlusspapier zufolge unter anderem, dass sich die Fraktionen verstärkt für die Umsetzung der von den Vereinten Nationen beschlossene 2030-Agenda einsetzen. Engt verzahnt mit der Entwicklungspolitik ist die Humanitäre Hilfe. Länder sollen unverzüglich Hilfe erhalten, sobald Krisen entstehen. Zudem dürfe sich humanitäre Hilfe nicht nur auf kurzfristige Nothilfe beschränken, sondern muss vorausschauend agieren, vor allem in Hinblick auf durch Krisen hervorgerufene Fluchtbewegungen. Als dritte strategische Ausrichtung bei der Fluchtursachenbekämpfung berücksichtigt der Beschluss die zivile Krisenprävention. Als zentrales Element der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik soll diese weiter aufgewertet, finanziell gestärkt, konzeptionell weiterentwickelt und weiter ausgebaut werden. 

Handlungsfähigkeit und Zusammenhalt in der EU sichern

Europa steht vor gewaltigen Herausforderungen, nicht nur, was die Migration betrifft, sondern auch den inneren Zusammenhalt, die Abwehr von Terroranschlägen und die Staatsschuldenkrise. Die Fraktionsvorstände von CDU/CSU und SPD sind sich einig: Damit Europa seine gemeinsamen Werte und Frieden, Freiheit, Stabilität und Wohlstand bewahren kann, müssen die EU-Staaten mit einer Stimme sprechen und gemeinsam die Fragen lösen, die die Menschen in Europa bewegt.

In ihrem Beschlusspapier sprechen sich die Koalitionsfraktionen u. a. für eine Überarbeitung des europäischen Asylsystems – insbesondere die so genannte Dublin-III-Verordnung – aus sowie für die Weiterentwicklung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und mehr Abstimmungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Zudem plädieren die Koalitionäre für einen Verbleib des Vereinten Königreichs in der EU und formulieren eine gemeinsame Haltung zur Bedeutung der Türkei als strategisch wichtigen Partner für Europa.

Automobilität der Zukunft

Damit die Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb auch in Zukunft bestehen kann, muss sie sich Herausforderungen wie der Reduzierung des CO2-Ausstoßes, der Digitalisierung und Vernetzung von Autos und dem autonomen Fahrzeug stellen. Für die notwendigen Innovationen gilt es, gesetzliche und politische Rahmenbedingungen zu schaffen, und auch die Wirtschaft selbst ist gefordert.

Damit die Elektromobilität in Fahrt kommt, will die Koalition laut Beschluss beispielsweise ein Infrastrukturprogramm für öffentlich zugängliche Schnellladestation auflegen, die Befreiung von der Kfz-Steuer beim Kauf eines Elektroautos von fünf auf zehn Jahre ausdehnen, die steuerliche Freistellung des geldwerten Vorteils bei Beschäftigten beim Aufladen im Betrieb schaffen, die Forschung und Entwicklung von Zell- und Batterietechnologie fördern und bei der öffentlichen Beschaffung den Anteil von E-Autos steigern. Die Wirtschaft soll sich signifikant am Aufbau der Ladeinfrastruktur und der Batterieentwicklung beteiligen sowie verstärkt für Elektromobilität werben.

Um die digitale Vernetzung des Autos und das autonome Fahren voranzubringen, wollen die Fraktionen von SPD und CDU/CSU in zwei Städten digitale Testfelder zur Erprobung von automatisierten Fahrzeugen schaffen, für die Nutzer von automatisierten Fahrzeugen Rechtssicherheit durch Regelungen für die Haftung der Hersteller und Dienstleister erzeugen, die digitalen Daten durch Verschlüsselung vor Hacker-Angriffen schützen sowie Datenschutz bei Erhebung und Verwertung von Daten gewährleisten.

Sören Bartol, SPD-Fraktionsvize, sagt dazu: "Deutschland darf als Automobilland nicht den Anschluss verlieren. Das Auto der Zukunft, das elektrisch angetrieben wird und hoch automatisiert mit seinem Umfeld vernetzt ist, muss aus Deutschland kommen."

Mit einem starken Rechtsstaat für Freiheit und Sicherheit

Durch einen starken Rechtsstaat will die Koalition die Freiheit und Sicherheit der Bürger umfassend schützen. SPD- und Unionsfraktion wollen die innere Sicherheit zu einem Investitionsschwerpunkt machen und streben eine deutliche personelle Stärkung der Sicherheitsbehörden bis 2019 an. Polizei und Einsatzkräfte sollen weiterhin nachhaltig durch bessere Ausbildung, häufigere Trainings und Coachings, verbesserten behördeninternen Opferschutz und bessere Ausrüstung unterstützt werden. Dafür sollen Mittel im Haushalt 2017 zur Verfügung gestellt werden.

Zudem wollen die Fraktionen es ermöglichen, dass innereuropäische Finanztransfers zur Terrorismus-Bekämpfung überwacht werden können und die europäische Polizeibehörde Europol weiter ausgebaut wird. Ziel ist ein gemeinsames europäisches Terrorabwehrzentrum. Islamistischen und anderen extremistischen Spendensammelvereinen soll die Grundlage entzogen werden. Es bedarf laut Beschluss einer schnelleren Aberkennung der Gemeinnützigkeit, um die Finanzierungsmöglichkeit über Spenden zu stoppen.

Hassverbrechen sollen mit Hilfe eines gestärkten BKA und einer stärkeren Bundespolizei konsequenter aufgeklärt werden. Organisierte Kriminalität, etwa Steuerbetrug mittels Briefkastenfirmen, soll härter bekämpft werden. Zur Bekämpfung von Alltagskriminalität und Terror sei der vermehrte Einsatz von Videotechnik wie etwa auf Bahnhöfen, im öffentlichen Personennahverkehr und auf öffentlichen Plätzen erforderlich, schreiben die Koalitionäre. Und um einen besseren Schutz vor sexueller Gewalt zu gewährleisten, wollen die Koalitionsfraktionen das Sexualstrafrecht reformieren.

Mehr Sicherheit durch besseren Einbruchsschutz

Mit drei Maßnahmen reagiert die Koalition laut Beschluss auf die steigenden Einbruchszahlen. Sie möchte vor allem die Prävention deutlich stärken. Unter anderem soll das bereits im November 2015 eingerichtete Programm „Kriminalprävention durch Einbruchsicherung“ mit weiteren Haushaltsmitteln auf 50 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt werden. Hausbesitzer sollen, erklärte Thomas Oppermann, mithilfe des KfW-Programms auch kleinere Investitionen zum Einbruchschutz tätigen können. Auch SPD-Fraktionsvizin Eva Högl lobte den Beschluss der Koalitionsfraktionen: "Das KfW-Programm wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen. Das zeigt, dass wir dem Bedürfnis nach Sicherheit nachkommen und kriminalpolitisch an der richtigen Stelle ansetzen. Denn rund 40 Prozent der Wohnungseinbrüche bleiben im Versuchsstadium stecken."

Des Weiteren will die Koalition die Zahl der Polizisten weiter erhöhen. Insgesamt erhalten die Sicherheitsbehörden rund 4000 Stellen zusätzlich. In diesem Zusammenhang soll auch die Schlagkraft der Polizei bei Einbrüchen verbessert werden. Dazu soll es durch die Analyse bisheriger Tatmuster möglich sein, zielgenauere Streifen einzusetzen.

Das Wichtigste zusammengefasst:

Die Spitzen der Koalitionsfraktionen haben sich auf einer Klausur in Rust auf wichtige weitere politische Vorhaben verständigt: öffentliche Sicherheit stärken, Europa zusammenhalten, Fluchtursachen bekämpfen und Elektromobilität fördern. Dazu wurden Beschlüsse gefasst.

 

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