„Die Kanzlerin hat die Maske fallen lassen, und wir alle waren Zeugen“, eröffnete der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier die Aktuelle Stunde. Die Kanzlerin und ihre Anhänger machten sich zu Wiederholungstätern. Die Versprechen vom Wochenende sei eine Wiederholung des Wahlbetruges von 2009: Damals habe Merkel zusammen mit Guido Westerwelle (FDP) Steuersenkungen von 24 Milliarden Euro versprochen. Die seien niemals gekommen. Nun versichere die Kanzlerin dem Wahlvolk nach SPD-Berechnungen 46,6 Milliarden Euro - ohne einen Cent Gegenfinanzierung - und bereite den erneuten Betrug vor. „Es ist dreist, wie Sie die Wähler hinter die Fichte führt“, bekräftigte Steinmeier und bilanzierte die finanzielle Lage des schwarz-gelben Haushalt: „Wir haben heute 100 Millionen Euro Neuverschuldung, und das bei Rekordeinnahmen. Wenn Sie sich nun vor die Wähler stellen und behaupten, Sie hätten ordentlich gewirtschaftet, dann ist das nichts als Heuchelei.“ Die Regierung habe die Euro-Krise benutzt, um sich zu verstecken, und statt einige der neuen Ideen umzusetzen, 45 sinnlose Gipfel veranstaltet und nichts entschieden. Steinmeier: „Das ist Organisation von Stillstand. Das ist Hoffen auf bessere Zeiten. Sie gestalten nicht die Zukunft, weil Sie Angst haben“.
„Ich hatte gedacht, Sie nutzen hier die Gelegenheit, Ihre Pläne zu erklären. Stattdessen kann ich nur zu dem Schluss kommen, die Union glaubt selber nicht daran noch einmal Verantwortung zu übernehmen“, zeigte sich Carsten Schneider, Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe Haushalt, enttäuscht von der Regierung. Angestoßen von den Plänen in Milliardenhöhe, widmete sich der Finanzexperte den Haushaltszahlen der aktuellen Regierung. „Jedes Jahr war die Ziffer rot, nicht mal 2014 erreichen Sie trotz Rekordeinnahmen eine 0 vor dem Komma.“ FDP und Union hätten es nicht mal geschafft, Schulden zu tilgen trotz exzellenter wirtschaftspolitischer Lage. Im Gegenteil: „Sie sind angetreten, als das Wirtschaftswachstum bei vier Prozent lag, in diesem Jahr liegt es bei 0,4 Prozent. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik“, so Schneider. Die Koalition gehe mit dem Geld der Steuerzahler nicht solide um. „Sie haben den Staat ausgehöhlt statt für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.“
Johannes Kahrs bemängelte, dass weder die Bundeskanzlerin noch Bundesminister während der Debatte anwesend seien, wo es doch um Ihre Vorhaben gehe. „Wenn man sich die Präsenz der Regierung anschaut, weiß man, was Sie selbst über die Versprechen denken.“ Dennoch sie diese Ignoranz eine Missachtung des Parlaments. Auch er thematisierte die mangelnden Vorschläge zur Finanzierung. Bei dieser Frage sei die CDU auf der Sachebene weit weg von einer Antwort. „Wir werden kritisiert, wenn wir von Gegenfinanzierung sprechen. Unseriöser geht es gar nicht mehr!“ Stattdessen stimmten Unionspolitiker wie Volker Kauder den Ideen der Kanzlerin unter Finanzierungsvorbehalt zu. Kahrs: „Das heißt: Lass doch die Merkel alles versprechen, wir sammeln es eh wieder ein“.
Anton Schaaf, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, führte das Argument weiter: „Die Kanzlerin versucht mit ihren Versprechen einzuschläfern, die FDP hält wirtschaftspolitisch dagegen. Gemeinsam versuchen Sie damit ihr gesamtes Klientel abzudecken“. So ein schäbiges Spiel habe er selten erlebt. Zudem konstatierte der SPD-Abgeordnete, dass die Regierung auch den sozialpolitischen Plänen aus dem Koalitionsvertrag nicht nachgekommen sei - weder im Kampf gegen Altersarmut noch bei der Angleichung der Renten von Ost und West sei etwas passiert. „Sie haben es voll gegen die Wand gefahren“, kommentierte Schaaf und prognostizierte: „Nach dem 28. September machen Ihre Ankündigungen keinen Sinn mehr“.
Lina Beling/Alexander Linden