Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Asyl ist ein humanitäres Grundrecht. Da geht es erst einmal darum, ob jemand Schutz braucht oder nicht, und nicht darum, ob er die deutsche Sprache kann oder was für eine Ausbildung er oder sie hat. Aber wenn diese vielen Menschen nun schon einmal hier sind und überwiegend hier bleiben, dann wären wir doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir es ihnen nicht ermöglichen würden, sich möglichst schnell in diese Gesellschaft einzubringen und in ihr zurechtzufinden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl Schiewerling (CDU/CSU))
Das ist jedenfalls die Grundposition und Haltung der Sozialdemokraten.
Wir haben jetzt die Chance, aus dieser gigantischen Herausforderung eine Win-win-Situation zu machen. Das tun wir mit diesem Integrationsgesetz. Ich schaue noch einmal zur Kollegin Dağdelen. Ich erwarte ja von der Opposition Kritik - das ist auch richtig so; dafür sind Sie Opposition -, ich erwarte aber genauso, dass Sie sich das Gesetz einmal anschauen, durchlesen und sich genau ansehen, was dort steht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU - Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Das habe ich doch am Mittwoch gemacht!)
In dem Gesetzentwurf schreiben wir, was wir erwarten, aber vor allem eröffnen wir Chancen auf Teilhabe, zum Beispiel am Arbeitsmarkt. Die bürokratische Vorrangprüfung wird an vielen Stellen der Bundesrepublik ausgesetzt werden. Wir öffnen die Ausbildungsförderungen, etwa die Berufsvorbereitung oder die Assistierte Ausbildung und auch die Berufsausbildungsbeihilfe, weiter.
Ich möchte vor allen Dingen noch einmal auf die sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung eingehen. Viele Unternehmer, viele Unternehmerinnen wollen Flüchtlingen gerne einen Ausbildungsplatz organisieren. Sie schrecken dann aber zurück, weil sie nicht wissen können, was in einem halben Jahr ist, ob der Flüchtling dann noch da ist oder schon wieder abgeschoben worden ist. Dem setzen wir jetzt eine sehr sinnvolle Regelung entgegen. Wer eine Ausbildung beginnt, erhält eine Duldung für die gesamte Dauer der Ausbildung, und zwar nicht vielleicht oder unter Umständen, sondern er oder sie bekommt diese Duldung. Das gibt Rechtssicherheit für die betroffenen jungen Leute, aber eben auch für die Unternehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Danach gibt es die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre zu bekommen, um weiter zu arbeiten. Wenn keine Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb erfolgt, wird die Duldung um sechs Monate verlängert, um nach einem Arbeitsplatz suchen zu können. Das ist ein grandioser Schritt für die Unternehmen und auch für die Menschen. 70 Prozent der zu uns Gekommenen sind unter 30 Jahre alt. Das wird die duale Ausbildung in Deutschland weiter stärken. Das wünschen wir uns doch alle.
Es ist ein guter Gesetzentwurf, über den wir hier sprechen. Aber es gibt sicherlich auch den einen oder anderen Punkt, an dem er noch besser werden kann. Viele in meiner Fraktion fragen sich beispielsweise, warum eine gute Bleibeperspektive bei einer strikten Schutzquote ab 50 Prozent festgemacht wird, sie also nicht für Menschen zutrifft, die etwa aus Afghanistan kommen, wo die Schutzquote derzeit bei knapp 50 Prozent liegt. Das ist eine spannende Frage, über die wir sprechen sollten.
(Beifall der Abg. Kerstin Griese (SPD))
Aber auch bei der Ausbildungsförderung und der Drei-plus-zwei-Regelung sollten wir vielleicht noch einmal ins Gespräch kommen. Ich verweise da, auch in Richtung des Koalitionspartners, auf eine Stellungnahme der BDA,
(Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): BDA? Ich bin CDA!)
die beispielsweise die Frage stellt, ob es denn wirklich sinnvoll ist, Ausbildungsbetrieben unter Androhung sehr hoher Bußgelder eine Meldepflicht aufzuerlegen, wenn ein Azubi eine Ausbildung abbricht. Sie spricht davon, dass dies das pädagogisch-kollegiale Verhältnis belasten und Betriebe abschrecken würde. Ich muss an dieser Stelle sagen: Die BDA hat vollkommen recht. Lassen Sie uns darüber sprechen! Lassen Sie uns aus einem wegweisenden Gesetzentwurf einen noch wegweisenderen Gesetzentwurf machen!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)