Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt erinnerte zu Beginn ihrer Rede an die vielen Opfer unter den behinderten Menschen während der Nazizeit. Deshalb sei es gut, wenn heute klar und deutlich gesagt werde, dass Menschenrechte nicht teilbar sind, sie gelten genauso für behinderte Menschen. Die UN-Behindertenrechtskonvention dürfe keine Deklaration bleiben, sondern müsse sich in den Gesetzen wiederfinden, damit sich die Gesellschaft und die Infrastruktur in unserem Land veränderten. Die inklusive Gesellschaft bedeute Chancen für die ganze Gesellschaft.
Verschiedenheit müsse endlich als Normalität begiffen werden, sagte Oliver Kaczmarek, Mitglied im Bildungsausschuss des Bundestages. Er betonte, dass die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention eine enorme Herausforderung für das Bildungssystem sei. Dazu schlage die SPD-Fraktion einen Pakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vor. Der inklusive Ansatz betreffe die gesamte Bildungsbiographie von der Kita bis zur Universität. Kaczmarek betonte dabei die wichtige Rolle von Ganztagsschulen für die Inklusive Bildung.

 

Rede von Ulla Schmidt MdB

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Rede von Oliver Kaczmarek

 

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SPD hat Maßnahmenkatalog zur Umsetzung der UN-BRK vorgelegt

Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen konkreten Maßnahmenkatalog und Inhalte formuliert, die die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan verankern soll. Die Regierung soll dazu jeweils konkrete Umsetzungsperspektiven, insbesondere auch für die öffentlichen Haushalte konkretisieren. Die Menschen mit Behinderung sollen in diesen Prozess von Anfang an aktiv mit einbezogen werden.
Die Umsetzung der UN-BRK betrifft alle Bürgerinnen und Bürger direkt oder indirekt. Mehr als zehn Prozent der Bevölkerung sind heute direkt von Behinderung betroffen. Doch eine Behinderung ist nicht immer angeboren. Häufig ist sie Folge eines Unfalls, einer chronischen Krankheit oder des Alters. Doch auch Menschen im Umfeld von Menschen mit Behinderungen werden Veränderungen durch die Umsetzung der UN-BRK erleben.

Die UN-BRK ist ein Meilenstein auf dem Weg, Menschen mit Behinderung von Anfang an gleichberechtigt mit einzubeziehen und ihre Menschenrechte, gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung zu verwirklichen. Bei ihrer Umsetzung muss das geltende Recht in Deutschland sowie seine Anwendung überprüft werden.

Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung

Ein zentrales Ziel ist es, Menschen mit Behinderung aus der Abhängigkeit von Sozialhilfe herauszuholen. Sie sollen möglichst auf dem ersten Arbeitsmarkt ihren Lebensunterhalt verdienen können. Denn ihre Unterstützung durch Arbeitsassistenz und barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung ermöglicht auch eine Teilhabe an qualifizierter Beschäftigung. Die Eingliederungshilfe ist dabei ein zentrales Mittel, um die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung zu bekämpfen.
Leistungen zur sozialen Teilhabe sollen einkommens- und vermögensunabhängig sein, damit der Teilhabebedarf nicht zu Armut führt. Zudem soll die Umsetzung einer Bundesbeteiligung in Form eines Bundesteilhabegeldes geprüft werden, damit eine bundeseinheitliche Grundlage für die Sicherstellung der individuellen Teilhabe gegeben ist.

Von Anfang an gemeinsam lernen

Der Weg in eine inklusive Gesellschaft beginnt im Kindesalter. Darum sollen Kinder mit und ohne Behinderung von Beginn an dieselben Kindergärten und Schulen besuchen und gemeinsam lernen. Auch der Übergang von der Schule in den Beruf muss den Bedürfnissen von Schülern mit Behinderung gerecht werden. Neben einer frühzeitigen Beratung und Begleitung sollen die Ausbildungsstätten für die Anforderungen an eine inklusive Ausbildung ausgestattet werden. Aktuell ist nur einer von eintausend betrieblichen Ausbildungsplätzen für Menschen mit Behinderung geeignet. Hochschulen sowie Aus- und Weiterbildung sollen für Menschen mit Behinderung weiter geöffnet und entsprechend gestaltet werden. Außerdem soll eine Anpassung der Lehramtsstudiengänge erfolgen.

Ohne Barrieren in der Mitte der Gesellschaft leben

Damit Menschen mit Behinderungen ihr Leben selbstbestimmt führen können ist eine umfassende Barrierefreiheit eine Grundvoraussetzung. Das betrifft die Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs genauso wie den Bahn-, Luft- und Fußverkehr. Ebenso muss der Wohnraum in den Städten und Gemeinden so beschaffen sein, dass Menschen mit Behinderung mitten in der Gesellschaft leben können und nicht auf Sondereinrichtungen angewiesen sind. Auch alle öffentlichen Einrichtungen und Dienste wie z. B. Arztpraxen müssen für Menschen mit Behinderungen einfach zugänglich sein. Ebenso dürfen Kommunikation und Tourismus keine Barrieren aufweisen. Genauso wichtig für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung sind menschliche oder tierische Assistenz. Eine bedarfsgerechte und flächendeckende gesundheitliche Versorgung, Pflege und Rehabilitation sind weitere wichtige Ziele.

Menschen mit Behinderungen in Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigen

Etwa 80 Prozent der Menschen mit Behinderungen leben in Entwicklungsländern. Sie sind von vielen Lebens- und Arbeitsbereichen sowie medizinischen Dienstleistungen ausgeschlossen. In vielen Ländern werden ihre Menschenrechte verletzt. Die Bundesregierung hat ihre vor zwei Jahren angekündigte Strategie für inklusive Entwicklung bisher nicht vorgelegt. Die SPD-Fraktion fordert sie auf, die Belange von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsaufgabe in der Entwicklungszusammenarbeit zu verankern. Konkrete Ziele, Maßnahmen und die finanzielle Ausstattung müssen in einer Strategie festgelegt werden. Neue Vorhaben sollen darauf geprüft werden, ob sie die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen verbessern. Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen muss zum Förderkriterium und Evaluierungsstandard werden. Und schließlich sollen die Belange von Menschen mit Behinderungen in die Millenniumsentwicklungsziele integriert werden.

 

Anja Linnekugel