Wenn wir über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts sprechen, ist dies immer auch mit unserer persönlichen Geschichte verbunden. So unterschiedlich unsere Generationen und Migrationsgeschichten sind, so ähnlich erlebten wir unsere eigene Einbürgerung: Hakan war bei seiner Ankunft in Deutschland ein Jahr alt, er wurde mit 15 Jahren eingebürgert, Gülistan kam mit acht Jahren nach Deutschland und erhielt dann 26 Jahre später ihren deutschen Pass.

Für uns beide war sie ein sehr bewegender und glücklicher Moment. Endlich gehörten wir auch offiziell zu dem Land, in dem wir uns schon seit Kindertagen heimisch fühlten. Die Staatsbürgerschaft verlieh uns nicht nur Rechte, sondern gab uns auch das Gefühl, hier akzeptiert und willkommen zu sein.

Schneller politische Teilhabe ermöglichen

Aus diesem Gefühl von Anerkennung und Zugehörigkeit wächst gesellschaftlicher Zusammenhalt. Diesen wollen wir mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts stärken, das der Bundestag im November erstmals beraten und auf den Weg gebracht hat.

Wir wollen Menschen, die hier leben, arbeiten und längst die Sprache sprechen, schneller politische Teilhabe ermöglichen. Sie sollen bereits nach fünf Jahren – und nicht mehr erst nach acht Jahren – ein Teil dieses Landes werden können, mit allen Rechten und Pflichten – in besonderen Fällen sogar schon nach drei Jahren. Die damit einhergehende politische Partizipation festigt zugleich unsere Demokratie.

Aktuell liegt die Einbürgerungsrate hierzulande deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Mit 14 Prozent der Bevölkerung haben rund zwölf Millionen Menschen keinen deutschen Pass. Die Hälfte von ihnen lebt sogar bereits seit über zehn Jahren in Deutschland. Sie sind unsere Nachbar:innen, Kolleg:innen und Freund:innen.

Mehrstaatigkeit wird zugelassen

Zukünftig soll sich niemand von ihnen gegen eine Einbürgerung entscheiden, nur weil sie die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslandes aufgeben müssen. Deshalb lassen wir die Mehrstaatigkeit grundsätzlich zu. Schon heute behalten 74 Prozent der Eingebürgerten ihren früheren Pass – aber dies ist eben längst nicht bei allen Herkunftsländern möglich.

Mit unserer Reform schaffen wir also Gerechtigkeit, und wir erkennen an, dass Menschen mit Zuwanderungsgeschichte natürlicherweise Verbindungen zu mehr als einem Staat haben. Im Übrigen gilt die Mehrstaatigkeit dann auch für Deutsche, die nach Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit im Ausland ihren deutschen Pass nicht mehr verlieren.

Deutschland profitiert in mehrfacher Hinsicht von mehr Einbürgerungen: Mit einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht wird unser Land auch für die dringend benötigten Fachkräfte attraktiver. Menschen, die sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen, sind eher bereit, sich in diese Gesellschaft einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Eine schnellere Einbürgerung erleichtert den Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und politischer Beteiligung. Davon profitieren letztendlich wir alle.