Obwohl das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages durch eine Reform im Jahr 2009 in seinen Befugnissen erheblich gestärkt worden war, hatte sich gezeigt, dass eine systematische und strukturelle Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes bisher in der Praxis kaum durchführbar ist.
Denn das Gremium ist bislang mit neun Abgeordneten und einem Sekretariat personell nicht hinreichend ausgestattet, um die Arbeit von beinahe 10.000 Beschäftigten in den Nachrichtendiensten des Bundes tatsächlich effektiv kontrollieren zu können. Hinzu kommt, dass die Beschäftigten des PKGr nach der bisherigen Rechtslage immer einer konkreten Ermächtigung durch das Gremium für jeden einzelnen Kontrollschritt bedürfen und daher nur bedingt eigenständig arbeiten können.
Beabsichtigt ist nun mit einem neuen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (Drs. 18/9040) eine signifikante Stärkung des PKGr durch Beigabe einer oder eines Ständigen Bevollmächtigten (StBV) und eines entsprechenden administrativen Unterbaus sowie weitere Verbesserungen, die die Kontrolle transparenter und effektiver machen:
- Der oder die hauptamtlich tätige StBV wird als „verlängerter Arm des Kontrollgremiums“ gegenüber den Nachrichtendiensten in eigener Verantwortung aktiv sein. Das Amt wird hinsichtlich der Amtsbezüge auf Augenhöhe mit den Präsidenten der Dienste eingerichtet. Im Innenverhältnis ist eine klare Bindung an die Vorgaben der Abgeordneten des PKGR vorgesehen. Wichtig ist dabei: Die verfassungsrechtlich gebotene parlamentarische Kontrolle wird nicht aus der Hand gegeben, verantwortlich bleiben die gewählten Volksvertreter, so wie es auch Artikel 45d des Grundgesetzes vorgibt.
- Zugleich wird das dem PKGr zuarbeitende Personal deutlich aufgestockt. Die ersten entsprechenden Stellen hierfür sind bereits im Haushaltsplan 2017 eingestellt. Dem StBV wird ein wirksames Beteiligungsrecht bei Personalentscheidungen der Bundestagsverwaltung eingeräumt, damit qualifiziertes Personal für das PKGr gewonnen werden kann.
- Auch wenn die Sitzungen des PKGr weiter geheim bleiben müssen, wird ein Stück mehr Transparenz ermöglicht: Es wird jährliche öffentliche Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes geben, bei denen sie sich den Fragen der Mitglieder des PKGr stellen müssen.
- Das Gesetz enthält zudem klarstellende Regelungen zum Vorsitz des PKGr, zu den Zutrittsrechten des Gremiums zu Einrichtungen der Nachrichtendienste, zur Verpflichtung der Bundesregierung, sich im Bedarfsfall um die Freigabe notwendiger Informationen bei ausländischen Staaten zu bemühen, und zur Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden.
- Da wiederholt Ereignisse dem PKGr nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt wurden, werden die gesetzlichen Unterrichtungspflichten der Bundesregierung weiter konkretisiert.
- Der Schutz für behördliche Whistleblower, also Hinweisgeber aus den Geheimdiensten, wird deutlich verbessert, damit Fehlentwicklungen auch ohne Einhaltung des Dienstweges vom PKGr früh erkannt werden können. Bei Missständen können und sollen sich Beschäftigte der Dienste ohne Furcht vor Strafverfolgung oder dienstlicher Benachteiligung unmittelbar an das Kontrollgremium wenden. Grundsätzlich wird dabei ihre Anonymität gewahrt.
Da insbesondere der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz mit erweiterten Ermächtigungen ausgestattet wurden oder werden, muss ihre Kontrolle ebenfalls entsprechend erweitert werden. So wird das gestärkte PKGr zukünftig wesentlich besser prüfen können, ob die Nachrichtendienste ihre Befugnisse auch rechtmäßig und politisch verantwortlich ausüben (siehe dazu diesen Text).
Das Wichtigste zusammengefasst:
Der Bundestag verstärkt und erweitert die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes. So soll ein Ständiger Bevollmächtigter im Auftrag des Parlamentarischen Kontrollgremiums als dessen verlängerter Arm installiert werden. Auch der Schutz von Whistleblowern in Behörden wird verbessert.
Alexander Linden