Der Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen die Terrororganisation IS ist eingeordnet in eine politische Gesamtstrategie zur Lösung des Syrienkonfliktes. Dieser Prozess begann mit den Genfer Verhandlungen und wurde dieses Jahr mit den Wiener Konferenzen weitergeführt. Die angestrebte Waffenruhe und der politische Prozess sollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich alle Kräfte gemeinsam gegen den IS wenden können. Zudem ist das Ziel der Wiener Gespräche, die Grundlagen für die Bildung einer Übergangsregierung zu schaffen.
Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt Frankreich, Irak und die internationale Allianz, die aus mehr als 60 Partnern besteht, in ihrem Kampf gegen den IS auf der Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 UN-Charta.
Der Deutsche Bundestag hat nun am Freitagmorgen in namentlicher Abstimmung einen Antrag der Bundesregierung beschlossen zum „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“ (Drs. 18/6866). Das Mandat ist zunächst bis zum 31. Dezember 2016 befristet. Es ist ein Personaleinsatz von bis zu 1200 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen.
Nach den Angriffen auf Paris am 13. November 2015 hat sich mit Frankreich erstmals ein EU-Mitgliedstaat auf die in Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union ver-ankerte so genannte Beistandsklausel berufen. Auf dem Treffen des Rates der EU für Außenbeziehungen im Format der EU-Verteidigungsminister in Brüssel am 17. November 2015 haben dann alle Mitgliedstaaten einhellig den französischen Antrag unterstützt und ihre Solidarität und ihren Beistand zugesichert.
Die Bundeswehr wird folgende militärische Aufgaben wahrnehmen:
- Einsatzunterstützung durch Luftbetankung,
- Begleitschutz und Beitrag zur Sicherung des Marineverbandes,
- See- und Luftraumüberwachung,
- Aufklärung,
- Austausch und Abgleich gewonnener Lageinformationen mit weiteren Akteuren der internationalen Allianz gegen IS im Rahmen des Auftrags,
- Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben gegenüber Hauptquartieren der multinationalen Partner und im Rahmen der internationalen Allianz gegen IS,
- Gewährleistung von Führungs-, Verbindungs-, Schutz- und Unterstützungsaufgaben für die Durchführung des Einsatzes deutscher Kräfte, dabei ggf. auch Rettung und Rückführung isolierten Personals.
Die Entsendung der deutschen Streitkräfte erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes – und damit in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Mit dem neuen Mandat führt Deutschland sein sicherheitspolitisches Engagement fort, das 2014 mit der Unterstützung der kurdischen Regional-regierung zum Schutz der Zivilbevölkerung im Nordirak begann.
Im Rahmen der internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des IS formierte sich im gleichen Jahr eine breite Allianz, der inzwischen mehr als 64 Staaten angehören und die sich einem international multidimensionalen Ansatz verpflichtet fühlt. Deutschland war, wie Frankreich, von Beginn an Teil dieser Allianz und hat eine verantwortliche Position im Rahmen der Stabilisierungsbemühungen übernommen. Die Bundesrepublik hat in diesem Rahmen bereits umfangreiche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe im Nordirak und vor allem zivile Unterstützung und humanitäre Hilfe in Höhe von bislang mehr als 1,2 Milliarden Euro seit 2012 im Irak und Syrien geleistet. Die Bundesregierung beabsichtigt, diese Hilfe im nächsten Jahr substanziell auszuweiten.
Bedrohung des Weltfriedens
Die Bundesregierung hebt in ihrem Antrag hervor: „Mit den Anschlägen in Paris hat IS Frankreich und die freiheitliche Werteordnung Europas direkt angegriffen. IS stellt aufgrund seiner extremistisch-salafistischen Gewaltideologie, seiner terroristischen Handlungen, seiner anhaltenden schweren, systematischen und ausgedehnten Angriffe auf Zivilpersonen sowie seiner Anwerbung und Ausbildung ausländischer Kämpfer eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dar. Der bewaffnete Angriff auf Frankreich galt der Lebensweise und den Werten, die alle Bürger Europas teilen. Die Berufung auf die Beistandsklausel des EU-Vertrags ist nicht nur ein Ersuchen um den Beistand der EU-Mitgliedstaaten. Sie ist auch ein klares europapolitisches Signal und ein Appell an die EU-Mitgliedstaaten, sich dieser gemeinsamen Bedrohung geschlossen und geeint entgegen zu stellen.“
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte zu dem Einsatz: „Wir tun das, was militärisch gebraucht wird, wir am besten können und politisch verantworten können.“ Es gehe schließlich auch darum, zu verhindern, dass der IS weitere Teile Syriens an sich reißt. Stein-meier: „Was ist dann noch zu befrieden?“ Ein Zerfall Syriens könnte zudem Nachbarstaaten mit in den Abgrund reißen.
SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich sagte, er sei stolz, Mitglied einer Fraktion zu sein, die lange und ernsthaft diesen Einsatz diskutiert habe. „Das ist Parlamentarismus“, sagte er.
Und SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold bekräftigte, dass der Einsatz „verfassungsrechtlich und völkerrechtlich abgesichert“ sei. Er sei verantwortbar.
Klar ist für die SPD-Fraktion: Der Bedrohung durch den IS kann nur im Rahmen einer umfassenden politischen Lösung erfolgreich und nachhaltig begegnet werden. Nicht zuletzt deshalb sind die Wiener Verhandlungen zu einer politischen Lösung in Syrien so wichtig.
Alexander Linden