Europäischer Rat und Europäisches Parlament haben 2013 einen einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus geschaffen, der im November dieses Jahres starten wird. Systemrelevante Banken werden künftig durch die Europäische Zentralbank (EZB) überwacht – gemeinsam mit den national zuständigen Aufsichtsbehörden. Zugleich wurde ein Bündel von Aufsichtsregeln geschaffen, die alle Banken in der EU einzuhalten haben. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte schon 2010 gesetzliche Regelungen gefordert, um marode Banken sanieren oder abwickeln zu können, ohne dass die Steuerzahler haften.

In einem Umfeld, in dem die Banken effektiv einer einheitlichen Aufsicht unterstellt werden, ist auch ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus erforderlich. Dabei muss die Branche Sanierungen und Abwicklungen selbst bezahlen, und zwar durch Beiträge des Finanzsektors in einen Bankenfonds (Bankenabgaben).

Zudem muss es eine klare Haftungsreihenfolge geben, wenn eine Bank saniert oder abgewickelt werden muss: In erster Linie müssen die Eigentümer und Aktionäre herangezogen werden, dann die Gläubiger der Bank und erst dann Einleger, die mehr als die geschützten 100.000 Euro bei der Bank haben.

Die Bankenunion wird nun etabliert. Die Bundesregierung hat dazu vier Gesetze in den Bundestag eingebracht.

Die EZB hat seit Frühjahr 2014 die Bilanzen (vor allem Wertpapiere und Portfolien) von knapp 130 als systemrelevant eingestuften Banken einer intensiven Überprüfung unterzogen. Ziel ist, die Banken krisensicher an die europäische Aufsicht zu übergeben, die am 4. November 2014 starten wird. So soll wieder Vertrauen in die Banken hergestellt werden.

In der Debatte um die Einführung der Bankenunion sagte Bundesfinanzminister Schäuble (CDU), mit diesem Maßnahmenbündel ziehe die Europäische Union die Lehre aus der Finanz- und Bankenkrise.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider stellte klar: "Global agierende Banken müssen auch global reglementiert werden". Er reagierte damit auch auf Forderungen der Linksfraktion, stärker national zu agieren. Schneider lobte die Haftungsreihenfolge bei möglichen Bankenpleiten, dass nämlich zuerst die Aktionäre haften sollen; das sei nicht zuletzt auf Druck der SPD-Fraktion zustande gekommen. 

Die Bankenunion sei "ein Quantensprung zu mehr Stabilität" und mehr Schutz. 

 

Rede des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Carsten Schneider in der Debatte

 

Die Bankenabgabe muss kommen

Bis Ende des Jahres sollen weiterhin elf Mitgliedstaaten darüber verhandeln, wie eine Finanztransaktionssteuer aussehen könnte. Damit soll auch die Finanzbranche an den Kosten der Bankenkrise beteiligt werden. Carsten Schneider sagte dazu, er erwarte klare Schritte hin zu dieser Steuer, sonst müsse man über nationale Lösungen nachdenken.

Manfred Zöllmer bekräftigte unter anderem, dass die Stabilität der Banken wichtig sei, damit diese in Europa die Wirtschaft mit Krediten versorgen können.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Lothar Binding lobte die Haftungskaskade und den Bankenhaftungsfonds, die sicherstellten, dass nicht zuerst der Steuerzahler für havarierende Banken hafte, sondern die Banken selbst bzw. deren Aktionäre. Er sagte auch deutlich, dass eine gemeinsame Bankenaufsicht ohne dieses von der SPD-Fraktion vorangetriebene Abwicklungsregime ein zahnloser Tiger sei. 

Die nun vorliegenden Gesetzentwürfe (Drs. 18/2575, 18/2626, 18/2577, 18/2629, 18/2580, 18/2628) führen im Wesentlichen das oben erwähnte Maßnahmenpaket zur Bankenunion ein, insbesondere ein einheitliches europäisches Sanierungs- und Abwicklungsregime für Banken. Zentrales Element dabei ist ein Bankenhaftungsfonds, in den die Finanzinstitute selbst einzahlen müssen (Bankenabgabe).

Andererseits wird der EU-Rettungsschirm, der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM, um ein weiteres Instrument ergänzt, konkret um die Möglichkeit, Banken unter sehr strikten Bedingungen direkt rekapitalisieren zu können.

Von der Ausgestaltung der Bankenabgabe hängt ganz wesentlich ab, ob der Bankenhaftungsfonds in Zukunft funktionieren und effektiv sein wird. Die SPD-Fraktion hat sich frühzeitig dafür eingesetzt, dass die Höhe der Abgabe am Risikoprofil einer Bank ausgerichtet wird. Für kleine Sparkassen und Genossenschaftsbanken reicht beispielsweise nur ein geringer Einheitstarif. Die EU-Kommission soll hier Vorschläge unterbreiten.

Die Bankenabgabe darf – wie gegenwärtig schon im deutschen Recht vorgesehen – nicht von der Steuer abgesetzt werden können. Denn sonst würden die Bankenhaftungsfonds quasi durch die Hintertür doch wieder mit öffentlichen Geldern gefüllt werden. Doch nicht alle Mitgliedstaaten sind dieser Auffassung.

Bevor den Gesetzen endgültig zugestimmt wird, bedarf es demnach weiterer Beratungen.

Die Gesetzentwürfe im Einzelnen

  • Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD-Umsetzungsgesetz)

Kurz zusammengefasst verpflichtet diese Richtlinie alle EU-Staaten, gesetzliche Maßnahmen zu schaffen, um Banken systemgerecht sanieren und abwickeln zu können. Dazu müssen in jedem Mitgliedstaat rechtliche Regelungen und ein Bankenhaftungsfonds eingeführt werden.

  • Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 2014 über die Übertragung von Beiträ-gen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge

Die BRRD (Bank Recovery and Resolution Directive, zu Deutsch Europäische Bankensanierungs- und Abwicklungsrichtlinie) führt eine allgemeine Pflicht der Mitgliedstaaten ein, ein nationales Abwicklungsregime zu errichten. Grenzüberschreitend tätige, systemrelevante Finanzinstitute, die unter der Aufsicht der EZB stehen, brauchen jedoch besondere Regeln, damit eine grenzüberschreitende Sanierung und/oder Abwicklung gelingen kann.

  • Gesetzentwürfe zur Änderung des ESM-Finanzierungsgesetzes und zur Änderung der Finanzhilfeinstrumente nach Art. 19 des ESM-Vertrages

Ein Beschluss der Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten vom 29. Juni 2012 sieht vor, das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung dem Rettungsschirm ESM zeitgleich mit der Übernahme der Bankenaufsicht durch die EZB zur Verfügung zu stellen. Dazu muss das ESM-Finanzierungsgesetz geändert werden.

Zudem muss gemäß Art. 2 des ESM-Ratifizierungsgesetzes der Bundesfinanzminister durch Gesetz ermächtigt werden, der Einführung dieses neuen Instruments im ESM-Gouverneursrat zuzustimmen. Eine Änderung des ESM-Vertrags ist nicht erforderlich, Art. 19 lässt zu, einstimmig neue Instrumente einzuführen.

Wichtig ist aber: Bevor eine direkte Rekapitalisierung gewährt würde, müsste der gesamte Deutsche Bundestag zustimmen. Zudem darf der ESM eine direkte Rekapitalisierung nur als letzte aller Möglichkeiten gewähren, also insbesondere nur dann, wenn ein Kredit an den betreffenden Mitgliedstaat zur Bankensanierung nicht mehr möglich ist, weil der Staat selbst an den Finanzmärkten zu stark unter Druck ist bzw. kommen würde.