BILD fragte Thomas Oppermann (59) nach den ersten Wochen im neuen Amt: Wie läuft´s denn so da unten (im Maschinenraum, Anmerkung von spdfraktion.de)?

Thomas Oppermann: Es ist heiß und es gibt viel zu tun! Denn die Fraktionen von SPD und Union müssen als selbstbewusste Partner der Regierung dafür sorgen, dass die Vorhaben im Koalitionsvertrag auch umgesetzt werden. Und zwar mit Volldampf!

Bisher hat die Groko vor allem großen Krach produziert. Lag´s an der SPD oder an der Union?

Oppermann: Es ist doch normal, dass am Anfang nicht sofort alles rund läuft, die Maschine ein wenig stottert. Aber das liegt hinter uns. Bei der  Kabinettsklausur in Meseberg am Mittwoch wird die Koalition ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Sie wird zeigen: Was SPD und Union im Koalitionsvertrag versprochen haben, wird Schlag auf Schlag umgesetzt!

Ihr erster Schlag, die Rentenreform, wird 160 Milliarden Euro bis 2030 kosten, trifft vor allem die kommenden Generationen ….

Oppermann:.Es ist nur gerecht, dass Menschen, die 45 Jahre gearbeitet haben, mit 63 ohne Abschläge in Rente gehen können. Und es ist auch gerecht, dass wir bei der Rente mehr für Mütter tun.

Den Jungen werden Sie damit nicht gerecht.

Oppermann: Doch! Denn die Jungen werden später auch von einer verbesserten Rente profitieren. Und gleichzeitig schaffen wir mit Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung neue Chancen für junge Menschen. Deren Perspektiven hängen nämlich vor allem davon ab, ob Deutschland eine starke Industrienation bleibt!

Ist es in einer alternden Gesellschaft nicht notwendig. Ältere länger im Job zu halten, anstatt sie massenhaft in die Frühverrentung zu schicken?

Oppermann: Niemand wird in Frührente geschickt. Die Meisten werden länger arbeiten, weil der Lohn immer höher sein wird als jede Rente  und  viele Menschen auch gerne arbeiten. Andere – Maurer etwa oder Krankenschwestern – können einfach nicht mehr und freuen sich nach 45 Arbeitsjahren zu Recht auf ihren verdienten Ruhestand.

Wird die Rente mit 63 auch für Beschäftigte gelten, die in ihrem Leben länger als  5 Jahre arbeitslos waren?

Oppermann: Arbeitsministerin Andrea Nahles hat ein kluge Lösung vorgeschlagen, hinter der sich alle versammeln können. Danach werden jene Zeiten der Arbeitslosigkeit anerkannt, in denen die Betroffenen das Arbeitslosengeld I bezogen haben. Bei den allermeisten wird das weniger als 5 Jahre sein.

Im Zentrum der Kabinettsklausur steht auch die Energiewende. Die Eckpunkte von Wirtschaftsminister Gabriel sehen vor, dass …

Oppermann: Sigmar Gabriel wird die explodierenden Strompreise wieder unter Kontrolle bringen. Statt der Förderung mit der Gießkanne werden daher konkrete Ausbauziele für Wind-, Solar und Bioenergie benannt. Wir können nicht mehr alles fördern, sonst laufen uns die Strompreise davon. Und das schadet Industrie und Verbrauchern. Sigmar Gabriels Reform bringt Versorgungssicherheit und Preisstabilität.

Welche Rolle wird die SPD-Fraktion in der GroKo spielen?

Oppermann: Wir verstehen uns als Motor, als eine treibende Kraft.  Das gilt nicht nur bei der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung.  Die Fraktion muss über den Tellerrand hinaus sehen, neue Konzepte entwickeln. Davon kann ein Teil durchaus noch in dieser Legislatur auf die Tagesordnung kommen. Wir müssen uns aber auch auf die Zeit nach 2017 vorbereiten. Denkverbote gibt es nicht!

Was wollen Sie denn konkret vorantreiben?

Oppermann: Unser Mitgliederentscheid war ein riesiger Erfolg und hat gezeigt: Demokratie macht Spaß! Wir brauchen mehr Beteiligungsrechte für alle Bürger. Volksentscheide lehnt die CDU leider ab. Wir werden prüfen, welche anderen Möglichkeiten es im Bund gibt, und Vorschläge präsentieren. Außerdem werden wir dafür sorgen, dass Steuerhinterziehung stärker verfolgt wird. Dabei wird ganz sicher die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuerbetrügern verschärft werden müssen.

Wird die Fraktion auch die Forderung von Familienministerin Manuela Schwesig nach einer 32-Stunden-Woche für Familien mit Kindern aufgreifen?

Oppermann: Das ist eine Langzeitaufgabe. Die Verbesserung der Situation von Eltern mit kleinen Kindern ist dieser Koalition sehr wichtig. Das zeigen auch die Ideen der Verteidigungsministerin . Alle Minister sind aufgefordert, in ihren Bereichen kinderfreundliche Strukturen zu schaffen. Junge Familien brauchen flexiblere Arbeitszeiten, bei ihnen müssen Überstunden vermieden werden, es muss Kinderbetreuung angeboten werden. Familienfreundlichkeit ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe, bei der der öffentliche Dienst Vorbild sein muss!

Die USA lassen Deutschland beim No-Spy-Abkommen im Regen stehen. Kann sich die Bundesregierung das gefallen lassen?

Oppermann: Nein. Das Anti-Spionage-Abkommen muss kommen. Präsident Obamas Rede vom vergangenen Freitag kann nur ein Anfang gewesen sein. Ich hoffe, dass der Besuch der Kanzlerin bei Barack Obama einen Beitrag zur Verständigung leisten wird. Die USA weiß: Spionage ist bei uns eine Straftat. Die deutsche Justiz wird nicht tatenlos zusehen, wenn das Treiben der NSA hier munter weitergeht!

Ist ein CSU-Generalsekretär mit zweifelhaftem Dr.-Titel haltbar?

Oppermann: Die Ansprüche an Politiker sind hoch. Ich finde es richtig, dass er um eine Überprüfung der Vorwürfe gebeten hat. Wir werden das Ergebnis abwarten.

Unter welchen Bedingungen wird die SPD-Fraktion einer Ausweitung der Afrika-Mandate zustimmen?

Oppermann: Da hat ganz Europa eine gemeinsame Verantwortung. Wir werden sorgfältig prüfen, ob und mit welchen Mitteln wir das Engagement der Franzosen unterstützen können. Einen Automatismus gibt es aber nicht.