Knapp 16 Prozent der Ostdeutschen haben ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Das ist der höchste in den „Mitte-Studien“ bisher gemessene Wert. Besonders besorgniserregend ist, dass in der Erhebung eine neue Generation des Rechtsextremismus sichtbar wird. Bisher konnte immer ein Zusammenhang zwischen Alter und rechtsextremen Einstellungen festgestellt werden, d. h. die Jungen schienen weniger empfänglich.
Doch gerade die jungen Ostdeutschen fallen nun zunehmend mit hohen Zustimmungswerten auf. Die Strukturprobleme in Ostdeutschland, die auch 20 Jahre nach der Wende nicht adäquat adressiert sind, schlagen sich hier nieder, wie auch das Gefühl einer Generation, nicht gebraucht zu werden.
Daniel Kolbe und Sönke Rix, Mitglied bzw. Sprecher der Arbeitsgruppe Strategien gegen Rechtsextremismus, zeigten sich schockiert angesichts der Fakten: „Es ist alarmierend, dass unsere junge Generation in Ostdeutschland mit ihren rechtsextremen Einstellungen die Generation 60 plus überholt. Diese Entwicklung ist neu. Nunmehr lassen sich rechtsextreme Einstellungen nicht mehr entlang des Alters ablesen. Hier wächst also eine Generation heran, bei der sich in Teilen antidemokratische Einstellungen in besonderer Weise verfestigen.“
Die beiden Politiker fordern besonders für diese Generation eine stärkere Präventionsarbeit, damit sie ein demokratisches Miteinander erlernen. Kolbe weist darauf hin, dass rechtsextreme Einstellungen sich beispielsweise „in chauvinistischen, antisemitischen oder sozialdarwinistischen Einstellungen“ zeigten. Sönke Rix warnt, dass die Ergebnisse der Studie „ein Barometer für aktuelle antidemokratische Einstellungen und ein Alarmsignal für alle Demokratinnen und Demokraten“ seien.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse sagt: „Ich glaube, dass wir eine bildungspolitische Offensive brauchen in Sachen Demokratieerziehung.“ Thierse sieht einen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Lage in einigen Regionen im Osten der Republik. „Wer in einer komplexen Problemsituation ist – Angst vor Arbeitslosigkeit, Zukunftslosigkeit – der hat Sehnsucht nach einfachen, klaren Antworten, nach einfachen, klaren Schuldzuweisungen, nach einem einfachen Weltbild.“
Auch Parteichef Sigmar Gabriel nennt die Ergebnisse einen „erschreckenden Befund“. Für die SPD heiße das, „dass wir wieder für mehr Sicherheit sorgen müssen“, betont er. Es müsse wieder klar sein, dass gute Arbeit, gute Ausbildung, ein Studium zu fester Arbeit und gutem Auskommen führt. „Es muss wieder klarer werden, dass Fleiß und Anstrengung über das Leben hinweg – aber auch im Alter – die Chance bietet auf ein selbstbestimmtes Leben.“, so der SPD-Vorsitzende weiter. Parteien müssten viel stärker als in der Vergangenheit dafür Sorge tragen, dass sie sich öffnen und, dass Menschen den demokratischen Willensbildungsprozess innerhalb von Parteien auch wieder erkennen können und schätzen lernen.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung muss umdenken und die Präventionsarbeit gegen extrem rechtes Denken stärken. Schwarz-Gelb muss endlich Schluss machen mit der Gängelung der Aktiven gegen Rechts. Weg mit der Extremismusklausel, hin zu einer stärkeren Förderung der Präventionsarbeit gerade in Ostdeutschland. Das müssen die Lehren aus dieser Studie, aber auch den Taten des NSU sein.