Der Umbau des Energiesystems kann nur gelingen, wenn die Versorgungssicherheit gewährleistet und Energie bezahlbar bleibt. Nur dann findet die Energiewende die notwendige Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Und nur dann kann sie einen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze leisten. Gelingt die Energiewende, kann Deutschland zum Vorreiter für neue Technologien und zum Modell für andere Länder werden und so dem Klimaschutz weltweit zum Durchbruch verhelfen.
Energiewende auf Erfolgskurs bringen
Nach vier Jahren Stillstand in der Energiepolitik braucht die Energiewende einen Neustart. Um die Akzeptanz der Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts nicht zu gefährden, müssen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reformiert, eine leistungsfähige Infrastruktur geschaffen, die Netze ausgebaut und eine zukunftsfähige Ordnung für den Strommarkt entwickelt werden. Außerdem müssen die Energieeffizienz und die Kraft-Wärme-Kopplung gesteigert und die Energieforschung intensiviert werden. Diese Projekte packt die Koalition in dieser Legislaturperiode an, um die Energiewende wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Die Reform des EEG ist der erste wichtige Schritt auf diesem Weg.
In der Debatte im Bundestag wies SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil darauf hin, dass es gelte, eine „doppelte Energiewende“ zu stemmen: Klimaschutz und Atomausstieg. Heil: „Wir müssen die Energiewende in Deutschland schaffen, damit wir diese erfolgreichen Technologien auch exportieren können“.
Rede von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Debatte zum EEG
Vom EEG zum „EEG 2.0"
Ziel der Weiterentwicklung des EEG ist es, die Erneuerbaren Energien konsequent auszubauen, gleichzeitig aber die Kosten des weiteren Ausbaus zu senken und gerechter zu verteilen. Der Ausbau soll für alle Beteiligten planbarer werden. Außerdem sollen die Erneuerbaren Energien in den Strommarkt integriert werden.
Das von der früheren rot-grünen Koalition beschlossene EEG hat in den letzten 14 Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass die Erneuerbaren Energien mit einem Anteil von 25 Prozent inzwischen eine tragende Säule der Stromversorgung in Deutschland sind. Die Strommenge aus Erneuerbaren Energien hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als vervierfacht.
Gerade weil das EEG so erfolgreich war, muss es reformiert werden: Es muss von einem Technologieförderinstrument zu einem Gesetz weiterentwickelt werden, das eine Systemumstellung auf Erneuerbare Energien ermöglicht und die Erneuerbaren Schritt für Schritt in einen neuen Strommarkt integriert. Das wollen wir mit dem geplanten „EEG 2.0“ erreichen.
Der Erfolg des EEG führte in Verbindung mit der bisherigen Fördersystematik zu einer Überförderung in manchen Bereichen mit entsprechender Kostendynamik und steigender EEG-Umlage. Das hat gemeinsam mit Preiserhöhungen der Stromanbieter zu einem Anstieg der Strompreise beigetragen. Für einen Drei-Personen-Haushalt beträgt der Anstieg seit 2004 rund 60 Prozent. Kostete die Kilowattstunde Strom vor zehn Jahren durchschnittlich noch knapp 18 Cent, waren es 2013 bereits knapp 29 Cent.
Mit der EEG-Umlage werden die Stromkunden an der Förderung der Erneuerbaren Energien beteiligt. Netzbetreiber sind laut EEG gesetzlich verpflichtet, Strom aus Erneuerbaren Energien abzunehmen und den Betreibern etwa von Windrädern, Solaranlagen und Biomassekraftwerken für den eingespeisten Strom feste Vergütungssätze zu bezahlen. Die Höhe der Vergütungssätze mit Laufzeiten von 20 Jahren ist im EEG festgelegt. Die Netzbetreiber vermarkten den Strom an der Strombörse. Da aber die Börsenpreise für Strom seit Jahren sinken und deutlich unter den festen Vergütungssätzen liegen, entsteht ein Ausgleichsbedarf für die Kosten, die sich aus dem Unterschied zwischen den Vergütungssätzen und den Erlösen an der Strombörse ergeben. Dieser Betrag wird über die EEG-Umlage finanziert, die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern getragen wird. Je niedriger der Börsenstrompreis ist und je mehr Anlagen Erneuerbare Energien produzieren und Strom ins Netz einspeisen, desto höher fällt auch die EEG-Umlage aus, was wiederum den Strompreis erhöht. Mit der EEG-Reform wollen wir diese Kostendynamik durchbrechen.
Rede des Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Hubertus Heil in der Debatte zum EEG
Strompreis stabilisieren
Die Stabilisierung des Strompreises soll über zwei Instrumente erreicht werden: Zum einen wird die Überförderung abgebaut. Zum anderen soll die Förderung auf die besonders kostengünstigen Energieträger Onshore-Wind und Photovoltaik konzentriert werden.
So werden wir die Einspeisevergütungen für Neuanlagen absenken. Beträgt die durchschnittliche Vergütung bislang rund 17 Cent pro Kilowattstunde, soll sie für neue Anlagen künftig auf durchschnittlich etwa 12 Cent sinken. Bestehende Anlagen erhalten einen Bestands-schutz.
Um die Förderung auf die besonders günstigen Energieträger (Wind an Land und Sonnenenergie) zu konzentrieren, ist eine Mengensteuerung in einem vorgegebenen Ausbaukorridor vorgesehen. Der Korridor sieht vor, den Anteil der Erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 und auf 55 bis 60 Prozent im Jahr 2035 zu steigern. Der jährliche Zubau wird über eine gesetzlich festgelegte installierte Leistung gesteuert, die für die verschiedenen Erzeugungsarten unterschiedlich hoch ausfallen. Der Ausbaukorridor gibt eine stabile Planungsgrundlage für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die gesamte Stromwirtschaft.
Kosten gerechter verteilen
Die Energiewende und der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an deren Finanzierung sich alle beteiligen müssen. Daher soll auch die Eigenstromerzeugung künftig an der EEG-Umlage beteiligt werden. Sie wird grundsätzlich voll einbezogen, Sonderregelungen gelten für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und aus Erneuerbaren Energien (50% der EEG-Umlage) sowie für Industrie- und Bergbau (15%). Kleine sowie bereits bestehende Anlagen bleiben hiervon ausgenommen.
Industrie wettbewerbsfähig halten
Durch die europarechtskonforme Behandlung der Besonderen Ausgleichsregelung für die im internationalen Wettbewerb stehende stromintensive Industrie wird es möglich, auf einer stabilen Rechtsgrundlage für das Jahr 2015 Befreiungen von der EEG-Umlage für die Industrie festzulegen. Hiermit wollen wir die Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie gewährleisten und die Arbeitsplätze sichern, aber auch diese Industrien angemessen an Kosten des EE-Ausbaus beteiligen.
Marktintegration voranbringen
Erneuerbare Energien sollen regulärer Bestandteil des nationalen und europäischen Strommarktes werden. Deshalb sollen Betreiber größerer Neuanlagen ihren Strom künftig direkt vermarkten. Um Planungssicherheit zu gewährleisten, wird diese Verpflichtung stufenweise eingeführt. Sie gilt zunächst nur für große Neuanlagen ab einer Leistung von mehr als 500 kW. Diese Bagatellgrenze wird in zwei Stufen bis Anfang 2017 auf 100 kW abgesenkt.
Spätestens von 2017 an soll die Höhe der Förderung von Erneuerbaren Energien über Ausschreibungen unter der Voraussetzung bestimmt werden, dass ein Umstieg auf das neue Fördersystem zu Kostensenkungen führt. Für Neuanlagen wird es dann keine staatlich festgesetzten Einspeisevergütungen mehr geben.
Rede von Dirk Becker, stellv. Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie in der Debatte zum EEG
Wie geht’s weiter?
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, eine schnelle und grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf den Weg zu bringen, um verlässliche Rahmenbedingungen in der Energiepolitik zu schaffen: „Die Energiewende wird nur dann bei Bürgern und Wirtschaft Akzeptanz finden, wenn Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet sowie industrielle Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze erhalten bleiben“, heißt es dort.
Das EEG soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden, so dass die Neuregelungen zum 1. August 2014 in Kraft treten können.