Fraktionschef Thomas Oppermann begrüßte am Mittwochabend mehrere Hundert Gäste im Bundestag. Der neue Schwung in der Gleichstellungspolitik werde getragen von einem guten Koalitionsvertrag, einem starken sozialdemokratischen Team in Fraktion und Ministerien und der tatkräftigen Unterstützung durch Verbände, Gewerkschaften und engagierte Bürgerinnen und Bürger. Oppermann kündigte an, dass der 1. Gleichstellungsbericht nun endlich aus der Schublade geholt werde, um ihn zur Handlungsgrundlage zu machen: „Am Ende werden wir alle belohnt: Frauen und Männer, die ganze Gesellschaft.“
Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer
Im Anschluss diskutierten die SPD-Frauenministerin Manuela Schwesig und Fachpolitiker/innen der SPD-Fraktion in drei Gesprächsrunden über Schwerpunkthemen der Gleichstellungspolitik in dieser Legislatur. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Ina Krauß. Gemeinsam mit dem familienpolitischen Sprecher der Fraktion, Sönke Rix, und der Rechtswissenschaftlerin Heide Pfarr erläuterte Schwesig die Pläne zum Entgeltgleichheitsgesetz, das die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern endlich schließen soll. „Gleichberechtigung ist nicht gegeben, solange es den Gender-Pay-Gap gibt“, bekräftigte die Frauenministerin den Stellenwert des Vorhabens. Ihr sei es wichtig, nun endlich anzufangen, dann zu schauen wie die Maßnahmen wirkten und später gegebenenfalls nachzubessern. Das Bündel der Maßnahmen, um Lohngerechtigkeit herzustellen, bezeichnete sie als „dickes Programm“.
Der SPD-Abgeordnete Rix betonte, dass ein wirksames Entgeltgleichheitsgesetz in jedem Fall Sanktionsmöglichkeiten brauche, um die Betriebe, die keine Lohngleichheit herstellten, zu bestrafen und zu aktivieren. Die Professorin Heide Pfarr forderte Frauen auf, sich für ihre Interessen besser zu organisieren: „Wir haben mehr Entgeltgleichheit mit Betriebsräte – mehr, aber nicht volle.“ Pfarr forderte außerdem, dass die öffentliche Hand als Tarifpartner „Frauenberufe“ angemessen bezahlen solle.
Quote ist das Recht auf Teilhabe
In der zweiten Gesprächsrunde kamen Ramona Pisal, die Präsidentin des Juristinnenbunds, und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carola Reimann zu Manuela Schwesig aufs Podium. Die Frauenministerin stellte gleich klar: „Wir reden bei der Quote nicht mehr über das 'ob', sondern über das 'wie'.“ Schwesig freute sich außerdem, mit SPD-Justizminister Heiko Maas einen „toughen Mann“ an ihrer Seite zu haben, der mit ihr bei der schnellen Umsetzung der gesetzlichen Frauenquote an einem Strang ziehe. Schwesig und Maas hatten angekündigt, die Quote in den ersten 100 Tagen der neuen Regierung mit einem Gesetz umzusetzen.
Carola Reimann ergänzte, dass die SPD-Bundestagsfraktion weiterhin ambitionierte Ziele verfolge, um Chancengerechtigkeit für Frauen in der Berufswelt zu erreichen: „Wir fangen an mit 30 Prozent, aber das ist nicht das Ende.“ Schwesig warf ein, nicht mehr über eine Frauenquote, sondern über die Männerquote zu reden: „Wir müssen fragen, ob es normal ist, dass es 90-Prozent-Männerquoten gibt.“
Ramona Pisal setzt sich ebenfalls seit vielen Jahren für eine Quote in Spitzenpositionen ein. „Es geht um Macht, Einfluss, Geld. Freiwillig geht da nix. Es geht nur mit einem Gesetz zur Quote“, so die Juristin. Quoten bräuchte es laut Pisal auch in den ersten und zweiten Reihen hinter den Vorständen, da sich hier Nachfolgerinnen und Nachfolger rekrutieren ließen. Mit paritätisch besetzten Vorständen entstehe dann spielend Geschlechtergerechtigkeit in Aufsichtsräten, so Pisal. Sie forderte zudem, mit „Vernunftargumenten“ aufzuhören, wie etwa dem höheren wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen, die gemischte Vorstände haben: „Es geht nicht darum, ob es sich rechnet. Frauen haben ein Recht auf Teilhabe.“
Opfer von Menschenhandel schützen
In der abschließenden Diskussion sprachen Eva Högl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende mit den Schwerpunkten Innen und Recht, und die Strafrechtlerin und Kriminologin Monika Frommel über Menschenhandel und Schutz vor Zwangsprostitution. Für Eva Högl war es zunächst wichtig, noch einmal legale Sexarbeit und erzwungene Ausbeutung von Frauen klar zu trennen. Im Gegensatz zur von Alice Schwarzer gestarteten Kampagne der EMMA, sieht die SPD-Bundestagsfraktion es als falschen Weg an, Prostitution zu verbieten. Ihr gehe es darum, die Arbeitsbedingungen für SexarbeiterInnen zu verbessern. In der Debatte wurde schnell sichtbar, dass die Mischung von illegalen Machenschaften, Ausbeutung, aber auch selbstbestimmter Arbeit komplexe und gut durchdachte Lösungen erfordert. Monika Frommel sieht eine sinnvolle Regulierung bei einer normalen Gewerbeaufsicht, die Prostitutionsstätten mit Auflagen versehen, kontrollieren und sicher stellen kann, dass Frauen von dem erarbeiteten Geld ihren fairen Anteil bekommen. Eine Meldung aus dem Publikum sah den Schwerpunkt vor allem bei einem besseren Opferschutz, der verschleppte oder ausgebeutete Frauen zu starken Zeuginnen mache, um Täter zu bestrafen. Eva Högl hatte in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass das Aufenthaltsrecht für von Menschenhandel Betroffene und ihre Beratung nun verbessert werden sollen.
Im Anschluss an die Gesprächsrunden lud die Fraktion zum Empfang im Reichtagsgebäude. Impressionen vom Abend sehen Sie in unserem Flickr-Album dazu.