An diesem Dienstag hat die Bundesregierung die Herbstprojektion 2014 veröffentlicht: Demnach geht die Bundesregierung im Vergleich zur ihrer Frühjahrsprognose und in Übereinstimmung mit den großen Wirtschaftsinstituten davon aus, dass sich die Wachstumsdynamik in Deutschland abschwächen wird.

Wirtschaftswachstum: Nachhaltige Investitionen nötig

Deutschland steht weiterhin auf einem robusten wirtschaftlichen Fundament. Der Arbeitsmarkt ist in guter Verfassung und die Reallöhne sind gestiegen. Tatsache ist aber auch: Die unruhige außenpolitische Lage hinterlässt ebenso deutliche Spuren in den Auftragsbüchern deutscher Unternehmen wie die anhaltende Wachstumsschwäche im Euroraum und die sich abkühlende Weltwirtschaft. Angesichts der jüngsten Konjunkturprognose ist Panik sicherlich nicht angebracht. Aber wir sollten auch nicht selbstgefällig die Hände in den Schoß legen. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass aus einer Wachstumsdelle keine anhaltende Schwächephase wird. Notwendig dafür ist, dass wir unsere Grundlagen für wirtschaftliches Wachstum nachhaltig stärken. Deshalb steigern wir die Investitionen in unsere Verkehrswege und den Bildungsbereich deutlich. Gleichzeitig entlasten wir Länder und Kommunen um rund 10 Mrd. Euro, um hier zusätzliche Freiräume für Investitionen zu schaffen.

Dabei halten wir an dem Ziel fest, 2015 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Nur mit einer leistungsfähigen Infrastruktur, gut ausgebildeten Fachkräften und innovativen Technologien bleibt Deutschland wettbewerbsfähig. Mit öffentlichen Mitteln allein ist das nicht zu stemmen. Unser Land braucht deshalb eine langfristige Strategie für mehr Investitionen der Privatwirtschaft. Die wichtigste Voraussetzung dafür sind verlässliche Rahmenbedingungen, wie wir sie etwa in der Energieversorgung durch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geschaffen haben. Der Bundeswirtschaftsminister erarbeitet derzeit ein Konzept, um private und öffentliche Investitionen weiter anzukurbeln. Dazu gehören gezielte Investitionsanreize genauso wie der Abbau überflüssiger bürokratischer Vorschriften für Unternehmen.

Europa – gemeinsam an einem Strang ziehen

Nur als Teil eines starken Europas kann Deutschland auf Dauer seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entfalten und Arbeitsplätze schaffen. Wir müssen deshalb mit unseren europäischen Partnern gemeinsam an einem Strang ziehen. Jeder muss seine Möglichkeiten nutzen, um Beschäftigung und Wachstum nachhaltig zu steigern. Mit mehr Investitionen und dem flächendeckenden Mindestlohn leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stärken.

Entscheidend ist, dass wir in Europa konkrete Fortschritte erzielen. Die zur Verfügung stehenden Mittel auf europäischer Ebene, wie zum Beispiel die 6 Mrd. Euro für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, müssen ausgeschöpft werden. Klar ist: Die notwendigen Strukturreformen in vielen Ländern Europas haben bessere Chancen auf politische Durchsetzbarkeit und Erfolg, wenn sie in einem günstigen Wirtschaftsklima erfolgen. Europa muss deshalb rasch aus der Krise, es muss aber auch in künftigen Krisen handlungsfähig sein. Zusätzliche Investitionen sind unabdingbar, aber dafür darf nicht der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zweckentfremdet werden. Andernfalls schwächen wir die Krisenresistenz Europas und riskieren einen gefährlichen Vertrauensverlust in die Stabilität des Euros.

Chancen der Digitalisierung nutzen

Die voranschreitende Digitalisierung verändert unsere Lebens- und Arbeitswelt dramatisch. Mit der Digitalen Agenda hat die Bundesregierung erstmals ein umfassendes politisches Handlungsprogramm vorgelegt. Wir wollen die Chancen für Demokratie, Wohlstand und Lebensqualität nutzen, die uns digitale Technologien eröffnen. Die Digitale Agenda werden wir deshalb in engem Dialog mit Wirtschaft, Tarifpartnern, Zivilgesellschaft und Wissenschaft umsetzen. Der Ausschuss „Digitale Agenda“ wird diesen Prozess zusammen mit einer neuen Koalitionsarbeitsgruppe im engen Austausch mit den involvierten Bundesministerien inhaltlich begleiten.

Der Wirtschaftsempfang unserer Fraktion vergangene Woche hat ein Schlaglicht auf das Thema „Industrie 4.0“ geworfen. Mehr als 800 Gäste haben mit uns darüber diskutiert, wie wir deutsche Unternehmen und Mittelständler dabei unterstützen können, ihre spezifischen Kompetenzen in die digitale Ära zu überführen. Gleichzeitig haben wir deutlich gemacht: Die SPD setzt sich mit den Herausforderungen auseinander, die die digitalen Arbeitswelt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet. In diesem Kontext hat Sigmar Gabriel zu Recht auf die Notwendigkeit hingewiesen, digitale Bildung als festen Bestanteil schulischer Bildung und beruflicher Aus- und Weiterbildung zu integrieren.

Für eine gute und menschenwürdige Pflege

Die Zahl der Menschen, die der Pflege bedürfen, steigt kontinuierlich an: Von derzeit 2,5 Millionen auf voraussichtlich über 4 Millionen bis zum Jahr 2050. Um die Situation von Pflegebedürftigen, Angehörigen und Pflegekräften zu verbessern, bringen wir eine umfassende Pflegereform auf den Weg. Als ersten Baustein werden wir vom 1. Januar 2015 an Leistungen im Umfang von insgesamt 2,4 Milliarden Euro ausweiten und flexibilisieren. Zum Beispiel bei der Tages- und Nachtpflege oder für neue Wohnformen. Bei der stationären Pflege sollen bis zu 45.000 zusätzlichen Betreuungskräfte zum Einsatz kommen können.

Viele, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, sind erwerbstätig. In dieser schwierigen Lebenssituation ist mehr zeitliche Flexibilität der elementare Schlüssel, um Beruf und Pflege zu vereinbaren. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag verankert, Pflegezeit und Familienpflegezeit mit Rechtsanspruch zusammenführen. Manuela Schwesig hat einen guten Gesetzentwurf vorgelegt, der die berufstätigen pflegenden Angehörigen unterstützt. Zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft werden vermieden. Im Gegenteil sorgen wir dafür, dass den Unternehmen engagierte Fachkräfte erhalten bleiben, wenn sie zeitweise kranke Familienangehörige pflegen müssen. Wichtig war uns, dass Menschen auch die letzten Tage im Leben eines Angehörigen begleiten können. Wir haben erreicht, dass künftig ein Anspruch auf eine dreimonatige Sterbebegleitung besteht. Auch unverpartnerte gleichgeschlechtliche Paare gehören zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Dafür haben wir uns mit Erfolg eingesetzt.

Kommunen bei Flüchtlingsunterbringung helfen

Ihr alle verfolgt in Euren Wahlkreisen, wie sehr die Kommunen durch die ansteigende Zahl von Asylbewerbern gefordert sind. Wir wollen die Kommunen gezielt unterstützen, diese Herausforderung zu bewältigen. Im Koalitionsvertrag hat die SPD durchgesetzt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge personell ausreichend ausgestattet wird, damit zügige und rechtsstaatliche Asylverfahren gewährleistet sind. Diese Forderung haben wir im Haushalt 2014 im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens in einem ersten Schritt umgesetzt. Wir haben 300 neue Stellen geschaffen, die im Laufe dieses Jahres besetzt sein werden. Zudem ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der jüngst verabschiedeten Änderung des Asylverfahrensgesetzes entlastet worden, mit dem wir Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft haben.

Im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes, über das wir derzeit im parlamentarischen Verfahren beraten, wollen wir die Kommunen und die überörtlichen Träger zusätzlich entlasten: Es soll ab dem Jahr 2015 zu Minderausgaben der Länder und Kommunen von 31 Millionen Euro, ab Jahr 2016 von 43 Millionen Euro führen. Die Hamburger Bundesratsinitiative, den Belangen von Flüchtlingen im Bauplanungsrecht einen größeren Stellenwert einzuräumen, werden wir aufgreifen. Die Kommunen bekommen damit zusätzliche Instrumente, um kurzfristig Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen. Dies soll befristet auch auf unbebauten Grundstücken in unmittelbarer Siedlungsnähe und als Ausnahme in Gewerbegebieten leichter möglich sein. Daneben sehen wir als SPD-Fraktion auch die Bundesverwaltung in der Pflicht: Zu prüfen ist, ob und zu welchen Konditionen Liegenschaften unter Bundesverwaltung genutzt werden können. Klar ist: Für uns hat die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge oberste Priorität.

Dies sind erste Schritte, um die Kommunen wirksam bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu unterstützen. Wir werden weitere angehen. Vergangene Woche hat die AG Migration und Integration der Fraktion mit Staatsministerin Aydan Özoguz, dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Dr. Manfred Schmidt, sowie der Bundes-SGK und einem Vertreter des Innenministeriums Schleswig-Holsteins über die mögliche konkrete Lösungen für Kommunen diskutiert. Der Parteivorstand hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Yasmin Fahimi und Ralf Stegner eingerichtet, die zügig weitere Vorschläge unterbreiten soll.