In der Debatte machte Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) deutlich, dass die Reform des BGG ein wichtiger Schritt im Inklusionsprozess sei. Vieles sei schon erreicht worden: Bauliche Barrieren seien beseitigt worden, ein gemeinsamer Schulbesuch von Kindern mit und ohne Behinderungen sowie die Bereitstellung von Assistenzen seien möglich. Das gelte zwar noch nicht überall, aber es werde immer selbstverständlicher. Das Ziel sei: „Weniger behindern, mehr möglich machen“, sagte die Ministerin. Hier hätten die Bundesbehörden auch eine Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft.

Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen der SPD-Fraktion, Kerstin Tack, verwies darauf, dass Appelle an die Privatwirtschaft für mehr Barrierefreiheit nicht ausreichten. Deshalb müsse in einem weiteren Schritt eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erfolgen, die die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit inklusive eines Zeitplanes verpflichte. Allerdings solle dafür die Evaluierung des AGG, die für diesen Sommer angekündigt sei, abgewartet werden. 

Teilhabe von Menschen mit Behinderungen voranbringen

Ziel ist es, die Teilhabe in verschiedensten Lebensbereichen für Menschen mit Behinderungen voranzubringen. Die Reform des BGG stellt gemäß der UN-BRK klar, dass Behinderungen nicht nur an einer Person festzumachen sind, sondern vielmehr ein Ergebnis von Beeinträchtigungen durch Barrieren sind. Deshalb sieht der Kern des Gesetzes vor, Barrieren im baulichen und im kommunikativen Bereich in Behörden des Bundes zu beseitigen.

Bauliche und kommunikative Barrieren in Bundesbauten beseitigen

Seit 2002 müssen bauliche Barrieren nur bei Neubauprojekten oder Baumaßnahmen des Bundes in einem finanziellen Umfang ab 2 Millionen Euro beseitig werden. Kleinere Maßnahmen sind davon ausgenommen. Das ändert sich mit der BGG-Novelle, nun muss Barrierefreiheit generell in den bestehenden Gebäuden hergestellt werden. Zusätzlich zu den Internetauftritten der Bundesbehörden, die bereits seit 2002 barrierefrei sein müssen, wird dies nun auf das Intranet, die Vorgangsbearbeitung für Beschäftigte des Bundes sowie auf Apps und sonstige Anwendungen der Verwaltung für mobile Endgeräte ausgedehnt. In der parlamentarischen Beratung konnte die SPD-Fraktion durchsetzen, dass für den Abbau von baulichen und kommunikativen Barrieren verbindliche und überprüfbare Maßnahmen- und Zeitpläne vorliegen müssen.

Mehr Informationsangebote in Leichter Sprache

Ein Meilenstein für die Inklusion ist, dass die Bundesbehörden nun vermehrt Informationen in Leichter Sprache bereitstellen sollen. Ab 2018 werden sie Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen Bescheide in Leichter Sprache kostenfrei erläutern. Außerdem wird im Gesetz klargestellt, dass Barrierefreiheit auch bedeutet, alle notwendigen Hilfsmittel nutzen zu dürfen. Beispielsweise tragen auch Blindenführ- und Assistenzhunde dazu bei, Barrieren zu überwinden, deshalb sollen sie stets mitgeführt werden können.

Darüber hinaus soll es Verbesserungen beim Benachteiligungsverbot geben. Das bedeutet, wenn angemessene Vorkehrungen, wie Gebärdensprachdolmetscher, eine bauliche Veränderung oder die Bereitstellung einer barrierefreien PDF-Datei, für Menschen mit Behinderungen durch Träger der öffentlichen Gewalt versagt werden, gilt dies als Benachteiligung. Das BGG erkennt auch an, dass eine besondere Situation der Benachteiligung aus mehreren Gründen wie Behinderung und Geschlecht vorliegen kann. Davon werden insbesondere Frauen mit Behinderungen profitieren, die häufig mehrfache Diskriminierung erfahren.

Schlichtungsstelle für außergerichtliche Konfliktlösung

Zur Unterstützung der Umsetzung von Barrierefreiheit soll bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eine Bundesfachstelle eingerichtet werden, die die öffentliche Verwaltung, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft beim Abbau von Barrieren berät. Darüber hinaus soll die Wirksamkeit des BGG durch eine neue Schlichtungsstelle für Konflikte im öffentlichrechtlichen Bereich, die bei der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen angesiedelt wird, gestärkt werden. Durch Schlichtungsverfahren können Menschen mit Behinderungen ihre Rechte zunächst außergerichtlich geltend machen. Ein solches Schlichtungsverfahren soll auch Verbandsklagen vorgeschaltet werden.

Die Förderung der Beteiligung von Verbänden von Menschen mit Behinderungen –  vor allem von Selbsthilfeorganisationen – an politischen Prozessen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird rechtlich verankert. Dafür stehen 2016 Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 Euro und 2017 1 Million Euro zur Verfügung. Gefördert werden unter bestimmten Voraussetzungen Kommunikationshilfen, Verbesserungen der technischen Infrastruktur und Fortbildungen.

In Deutschland leben mehr als zehn Millionen Menschen mit Behinderungen, davon sind 7,5 Millionen Schwerbehinderte.

Das Wichtigste zusammengefasst:

Das Gesetz soll dazu führen, dass Einrichtungen des Bundes hinsichtlich der Gebäude und der Informationstechnologien barrierefreier werden. Dazu gehört auch die Stärkung der Leichten Sprache. Mögliche Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen in der Bundesverwaltung sollen so abgebaut werden.