Deutschland gibt denjenigen Schutz, die Schutz brauchen. Die Koalition setzt dabei nachvollziehbare Regeln, wer bleiben kann – und wer nicht. Wer nicht als Asylsuchender anerkannt wird und unter keinen Umständen ein Bleiberecht hat, muss unser Land verlassen. Auch das gehört zu einer humanitären Flüchtlingspolitik. Nur so kann – und nur so wird – die Aufnahme Schutzsuchender in der breiten Bevölkerung dauerhaft Akzeptanz und Anerkennung finden.

In den letzten Tagen haben sich verschiedene gesellschaftliche Gruppen kritisch zu dem neuen Gesetz geäußert. Hier gibt es Antworten zu den wichtigsten gestellten Fragen:

Wird ein neuer Status unterhalb der Duldung eingeführt, also eine „Duldung light“, die ihre Inhaber mit umfassenden Sanktionen und Beschränkungen massiv schlechter stellt als bisher?

Nein. Eine „Duldung light“, wie sie im ursprünglichen Entwurf von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgesehen war, wird es nicht geben. Das hat die SPD-Fraktion verhindert.

Richtig ist: Ausreisepflichtige, die über ihre Identität getäuscht, falsche Angaben gemacht oder nicht zu einer zumutbaren Passbeschaffung beigetragen, erhalten eine Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“.

Damit sind ein Arbeitsverbot, abgesenkte Leistungen sowie eine Wohnsitzauflage verbunden. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um neue Sanktionen. Denn auch heute gilt für Geduldete ein Beschäftigungsverbot, wenn sie ihre Ausreise verzögern oder verhindern. Ihnen kann dann eine so genannte Residenzpflicht oder Wohnsitzauflage auferlegt werden.

Der Status „Personen mit ungeklärter Identität“ kann außerdem jederzeit aufgehoben werden, wenn sich Ausreisepflichtige wieder kooperativ verhalten. Ausreisepflichtige, die bis zum 1. Juli 2020 in einem Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis stehen, sind zudem von der „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ explizit ausgenommen.

Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz enthält sogar eine Verbesserung im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage: So können Ausländerbehörden Ausreisepflichtige dazu auffordern, durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu machen, dass sie alles ihnen Mögliche zu einer Passbeschaffung getan haben. Damit gelten nicht nur ihre Pflichten als erfüllt, sie können auch – anders als bisher – eine Beschäftigungserlaubnis erhalten.

Werden künftig Familien mit Kindern und Jugendlichen eingesperrt?

Für Minderjährige und Familien mit Minderjährigen gelten ganz hohe Schutzrechte. Sie dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist. Das Kindeswohl hat Vorrang. Diese Rechte werden durch das Geordnete-Rückkehr-Gesetz nicht berührt.

Bei unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen darf Haft nur im äußersten Fall und für die kürzest mögliche angemessene Dauer eingesetzt werden. Bis zur Abschiebung müssen in Haft genommene Familien eine gesonderte, räumlich getrennte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet.

In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten und, je nach Dauer ihres Aufenthalts, Zugang zur Bildung erhalten. Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind. Nochmal: Dem Wohl des Kindes ist im Zusammenhang mit der Abschiebehaft bei Minderjährigen Vorrang einzuräumen. All das muss auch in Zukunft gewährleistet sein.

Werden Zivilgesellschaft, NGO und Menschen, die sich in der Flüchtlingsarbeit – auch und vor allem gegen Abschiebungen – engagieren, kriminalisiert?

Nein. Pläne des Bundesinnenministeriums, Flüchtlingshelfer zu kriminalisieren, hat die SPD-Fraktion abgewendet. Informationen zum konkreten Ablauf einer Abschiebung unterliegen künftig Geheimhaltungspflichten. Die müssen jedoch nur von Amtsträgern oder besonders verpflichteten Personen beachtet werden. Nur sie können sich wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses oder einer besonderen Geheimhaltungspflicht strafbar machen.

Welche Personen hierunter fallen, ist klar geregelt: Das sind Beamte oder Personen, die bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle beschäftigt sind. Flüchtlingshelfer, Anwälte, Mitarbeiter von NGO oder Journalisten gehören, entgegen des ursprünglichen Entwurfs, ausdrücklich nicht zu dieser Personengruppe. Die Zivilgesellschaft wird nicht kriminalisiert. Dafür haben die SPD-Ministerien in den Verhandlungen mit dem Innenminister gesorgt.

Werden Ausreisepflichtige künftig einfach so ohne weiteres in Haft genommen werden können, zum Beispiel bereits dann, wenn sie nach 30 Tagen ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind? Ist eine richterliche Anordnung nicht mehr erforderlich?

Um sicherzustellen, dass eine Abschiebung durchgeführt werden kann, können Ausreisepflichtige bis zu zehn Tage in Gewahrsam genommen werden. Dies geschieht weiterhin grundsätzlich nur auf richterliche Anordnung.

Lediglich in eng begrenzten Eilfällen kann von der vorherigen richterlichen Anordnung abgesehen werden. Das befreit die zuständige Behörde natürlich nicht davon, betroffene Personen unverzüglich einem Richter zur Entscheidung über die Anordnung des Ausreisegewahrsams vorzuführen.

Auch weiterhin müssen für die Anordnung eines Ausreisegewahrsams einige Voraussetzungen erfüllt sein.

  • Die Ausreisepflicht ist abgelaufen (es sei denn, die betroffene Person ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Frist ist unerheblich).
  • Die Abschiebung kann innerhalb der Zehntagesfrist durchgeführt werden.
  • Der oder die Ausreisepflichtige hat ein Verhalten gezeigt, dass er oder sie die Abschiebung erschweren oder vereiteln wird.

Auch hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Abschiebungshaft: Das Gericht muss alle Gründe, die für und gegen die Anordnung eines Ausreisegewahrsams sprechen, berücksichtigen. In jedem Einzelfall muss die Verhältnismäßigkeit geprüft werden.

Und auch sonst bleibt es dabei: Macht der/die Ausländer/Ausländerin glaubhaft, dass er oder sie sich der Abschiebung nicht entziehen will, kommt es zu keiner Anordnung des Ausreisegewahrsams.

Werden Ausreisepflichtige in normalen Gefängnissen untergebracht und dort genauso behandelt wie Strafgefangene?

Grundsätzlich müssen – auch nach europäischer und nationaler Rechtsprechung –Strafgefangene und Abschiebehäftlinge getrennt untergebracht werden.

Führt eine außergewöhnlich hohe Zahl von Abschiebehäftlingen zu einer Überlastung der Gefängnisse oder des Verwaltungs- und Justizpersonals, können sie aber vorübergehend gemeinsam mit Strafgefangenen auf dem Grundstück einer Justizvollzugsanstalt (JVA) untergebracht werden. Das ist in Deutschland der Fall. Es geht nur um das gemeinsame Grundstück, es muss eine räumliche Trennung vorhanden sein.

Das soll lediglich zur Überbrückung der Zeit, bis die Länder weitere Abschiebehaftplätze geschaffen haben, und auch nur mit bis zu 500 zusätzlichen Haftplätzen in JVA möglich sein.

Dabei ist wie gesagt in jedem Fall eine getrennte Unterbringung der Abschiebungsgefangenen von Strafgefangenen innerhalb von Haftanstalten vorgeschrieben. Falls hiervon Familien betroffen sind, müssen diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen untergebracht werden. Ihnen ist ein besonderes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

Zudem wird das Trennungsgebot nur befristet ausgesetzt – und zwar bis zum 30. Juni 2022. Gleichzeitig haben Justizminister aus allen Bundesländern bereits angekündigt, dass sie sehr skeptisch sind, ob eine gemeinsame Unterbringung überhaupt umgesetzt werden kann. Es handelt sich also um eine am EU-Recht orientierte Kann-Regelung, die Bundesländer entscheiden selbst.

Wird die Ausbildungsduldung im Vergleich zur derzeitigen „3+2-Regelung“ verschlechtert, so dass kaum noch Geduldete davon profitieren?

Richtig ist: Im Gegensatz zur bisherigen 3+2-Regelung wurden zum Beispiel durch die Identitätsklärung Hürden eingezogen, die es vorher nicht gab. In den parlamentarischen Verhandlungen ist es der SPD-Fraktion aber gelungen, bei der Ausbildungsduldung sogar Verbesserungen zu erreichen.

So beträgt die Länge der Vorduldungszeit bei der Ausbildungsduldung jetzt drei statt sechs Monate. Und wer bereits während des Asylverfahrens eine Ausbildung aufnimmt, der kann ohne Vorduldungszeit die Ausbildungsduldung erhalten.

Bei der Identitätsklärung gilt: Es ist wohl unstreitig, dass wir ein Recht darauf haben zu wissen, wer die Menschen sind, die zu uns kommen, und denen wir trotz abgelehnten Asylgesuch eine Chance in Deutschland geben wollen. Das ist eine Voraussetzung eines Rechtsstaates.

Es reicht dabei allerdings schon aus, wenn die betroffenen Personen innerhalb der Frist alle erforderlichen und ihnen ‚zumutbaren Maßnahmen‘ für die Identitätsklärung ergriffen haben. Auch wenn sie erst nach der Frist ihre Identität klären konnten, besteht der Anspruch. Und auch, wenn sie trotz aller Bemühungen bei der Identitätsklärung erfolglos waren, kann ihnen eine Ausbildungsduldung erteilt werden.

Die SPD-Fraktion hat noch darüber hinaus viele wichtige Verbesserungen bei der Ausbildungsduldung durchgesetzt:

  • Es gibt einen Anspruch auf Beschäftigungserlaubnis. Behörden haben hier – wie auch schon bei der Ausbildungsduldung – kein Ermessen bei der Erteilung.
  • Der Beginn der Duldung kann bis zu sechs Monate vor Ausbildungsbeginn vorgezogen werden. Das beseitigt eine Rechtsunsicherheit zwischen Abschluss des Ausbildungsvertrags und der Aufnahme der Ausbildung.
  • Auch für Helferausbildungen kann jetzt eine Ausbildungsduldung erteilt werden.
  • Die sogenannte „Täuschungsfalle“ wird aufgehoben: Geduldete, die in ihrem Asylverfahren versucht haben, ihre Identität zu verschleiern, können, anders als bisher, nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung, einen regulären Aufenthaltstitel erwerben.