Sollte im Internet alles kostenfrei für jedermann verfügbar sein, wie es einige vorschlagen?
Ob man will oder nicht, momentan ist für die, die wissen wo, alles frei im Netz verfügbar. Verhindern lässt sich das meines Erachtens nicht. Als Urheber gefällt mir das natürlich nicht, denn ich arbeite hart und will von meiner Arbeit auch leben können. Ich glaube aber, dass es genügend User gibt, die das verstehen und gerne für Inhalte zahlen, wenn das Angebot, die Qualität und der Preis stimmen. Die Frage ist, wie schaffen wir dieses Bewusstsein für genügend User, damit unsere Branche auch weiterhin existieren kann?
Die SPD-Fraktion will den Urheber im Verhältnis zum Verwerter stärken und das Einkommen des Urhebers fair und angemessen gestalten. Wie kann das am besten geschehen, und wie könnte ein angemessenes Einkommen des Urhebers aussehen?
Es ist sicher nicht verkehrt, wenn sich das Einkommen eines Urhebers zum Teil an dem Erfolg seines Werks bemisst. Es gibt ja bereits entsprechende Gesetze (Bestsellerparagraf), deren genaue Umsetzung gerade geregelt wird. Dennoch muss der überwiegende Teil als festverhandeltes Honorar bestehen bleiben. Ein Urheber ist im Regelfall nicht Produzent, sondern Künstler. Er sollte sich weitestgehend frei vom finanziellen Risiko seiner Arbeit widmen können.
Die SPD-Fraktion lehnt eine Kulturflatrate als allgemeine Pauschale für jedermann ab, kann sich aber pauschale Vergütungsmodelle in Teilbereichen wie Musik und Film vorstellen. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Als Gedankenmodell finde ich eine Kulturflatrate reizvoll, bislang ist mir aber kein durchdachtes Konzept bekannt, wie diese funktionieren kann. Ich bin aber sicher, dass es in Zukunft immer weniger darum geht, digitale Inhalte „besitzen“ zu wollen. Die Diskussion, ist eine unerlaubte Kopie Diebstahl, ist von daher vielleicht wirklich ein Anachronismus.
Persönlich bin ich ein Fan von Streamingdiensten wie Spotify oder Netflix, die sich eben-falls über Flatrates finanzieren. Diese Modelle werden sich meines Erachtens aber nur durchsetzen, wenn sie ohne Auflagen (Facebook-Bindung) und über die Landesgrenzen hinaus abrufbar sind und wirklich über das gesamte Angebot an Inhalten in bester Qualität verfügen.
Eine Sperrung eines Internetanschlusses bei einer – bewusst oder unbewusst – begangenen Urheberrechtsverletzung betrachtet die SPD-Fraktion als nicht verhältnismäßig. Wie könnten Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums im Netz aussehen, ohne jedoch Kontrollmechanismen und -strukturen zu etablieren?
Durch legale Angebote.
Die Erfahrungen mit den Sharehostern kino.to und megaupload.com zeigen, dass Plattformbetreiber, deren Geschäftsmodelle auf die massenhafte Verletzung geistigen Eigentums ausgerichtet sind, schon heute wirksam bekämpft werden können. Wie sollten dennoch die Regelungen zur Verantwortlichkeit von Hostprovidern neu justiert werden? Sollten die inkriminierten Inhalte entfernt werden?
Wenn Leute mit Ideen anderer, mit deren Erschaffung oder Verwertung sie nichts zu tun haben, Geld machen, hört für mich der „Spaß“ auf. Denen muss das Wasser abgegraben werden. Leider ist es in einigen Fällen sehr kompliziert, an diese Typen heranzukommen, da sie von Servern irgendwo auf der Welt agieren, und wenn man sie hat, poppen die Sharehoster unter anderen Adressen wieder auf. Internationale Standards müssten her, die ganz klar festlegen, was Rechtsverletzungen sind, und die die Grundlage fürs Abschalten dieser Seiten bilden. Da sich das schwer realisieren lassen wird, verstehe ich den Wunsch, solche Seiten von heimischen Providern sperren zu lassen – natürlich nur, wenn es rechtsstaatlich beschlossen wurde (volksverhetzende Literatur oder Kinderpornografie lassen sich aus gutem Grund schließlich auch nicht legal erwerben). Auf der anderen Seite werden solche Sperren wieder relativ einfach zu umgehen sein. Außerdem beschränken Sperren zwar das Angebot, aber nicht die Nachfrage. Ich bin da wirklich hin und her gerissen, denn, dass Sperren von staatlicher Seite der erste Schritt zur Zensur sein könnten, kann ich auch nicht als paranoid abtun.
Wie ist Ihre Meinung zu dem Papier „Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht“ der SPD-Fraktion insgesamt? Haben Sie darüber hinaus Anregungen?
Dieses Thesenpapier hat bei mir auf jeden Fall dazu geführt, dass ich mich tiefer mit der Materie auseinandergesetzt habe. Ich freue mich auf eine weitere, unideologisch geprägte Diskussion, die hoffentlich zu konstruktiven Lösungsansätzen führt.
Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, und Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher, erläutern die wichtigsten Forderungen der SPD zum Streit um das Urheberrecht.