Nach den Störungen durch von Abgeordneten der AfD-Bundestagsfraktion in das Reichstagsgebäude eingeschleusten Personen hat die SPD-Fraktion diese aufs Schärfste verurteilt. In einer Aktuellen Stunde, die am Freitagmorgen dazu im Bundestag einberufen wurde, bezeichnete Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, die Vorfälle als Teil eines Systems. „Das, was wir an diesem Mittwoch erlebt haben, das war kein Einzelfall, der zufällig passiert ist, weil man unachtsam gewesen ist bei der Überprüfung derjenigen, die man als Gäste mit in den Bundestag nehmen darf“. Diese Rechtfertigung, die er gerade von Herrn Gauland gehört habe, sei scheinheilig. „Das, was hier am Mittwoch stattgefunden hat, passte in das System, wie die AfD hier im Deutschen Bundestag auftritt, es war wieder einmal eine bewusste Grenzüberschreitung in voller Absicht“, so Wiese.

Während der Bundestagsdebatte zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes waren am Mittwoch auf den Fluren des Reichstagsgebäudes Abgeordnete von Besuchern bedrängt, belästigt, gefilmt und beleidigt worden. Mehrere Besucher waren von drei AfD-Abgeordneten eingeladen worden.

Die SPD-Abgeordnete Susann Rüthrich sagte: „Wir sind ein offenes, ein demokratisches, ein transparentes Haus, wie unsere Gesellschaft auch, und es sind Mitglieder dieses Hauses und ihre Mitarbeiter, die diese Offenheit sabotieren. Diese Destruktion hat System“. Aus den Reihen der AfD-Fraktion höre man nicht nur Reden, die voller Verachtung seien, man sehe auch diese Taten. Rüthrich appellierte an die Wählerinnen und Wähler: „Wenn Sie, verehrte Bürgerinnen und Bürger, die Demokratie wahren wollen, dann können Sie diese Destrukteure nicht wählen“.

Die AFD-Abgeordneten hätten zu nichts eine Lösung beizutragen, würden aber auf allen Ebenen diejenigen am Arbeiten hindern, die ernsthaft um Lösungen ringen. „Rechtsextreme wollen nicht dafür gewählt werden, um für das Gelingen der Demokratie zu sorgen, sondern um deren Scheitern herbei zu fantasieren, und dann alles dafür zu tun.“, so Rüthrich.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, hatte bereits zuvor zu rechtsstaatlicher Härte gegen die AfD aufgerufen und deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz begrüßt. „Die Demokraten müssen auf rechtsstaatlichem Wege Härte gegenüber den Feinden unserer parlamentarischen Demokratie zeigen“, sagte Schneider. „Bei den Vorfällen in der Bundestagssitzung und drumherum hat die AfD am Mittwoch erneut ihre anti-demokratische Fratze gezeigt. Sie steht nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes", sagte Schneider. „Es ist deshalb auch richtig, dass es eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz gibt." Ziel der AfD sei es gewesen, den Bundestag und die Abgeordneten in ihrer Arbeit zu diskreditieren und das Parlament als Bühne für Propaganda zu benutzen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erwägt nach den Störungen juristische Schritte gegen die Beteiligten. Er habe die Verwaltung gebeten, „alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, gegen die Täter und diejenigen vorzugehen, die ihnen Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages verschafft haben“, heißt es in einem Schreiben Schäubles an alle Abgeordneten.

In der Aktuellen Stunde am Freitag wandte sich die SPD-Abgeordnete Barbara Hendricks mit klaren Worten direkt an die Abgeordneten der AfD: „Wir wissen, dass in Ihren Reihen Nazis sind. Und wir wissen, dass in Ihren Reihen Menschen sind, die so tun, als seien sie Nazis. Um der Provokation willen“. Hendricks zitierte den Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde aus dem Jahr 1976: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“. Die SPD-Abgeordnete wandelte dieses Zitat dann in folgende Worte ab: „Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat ist gefährdet. Wenn eine kleine, aber lautstarke Minderheit an diesen Voraussetzungen nicht nur nicht mitwirken will, sondern andere daran hindern will, diese Voraussetzungen unserer Demokratie zu stärken, werden dies die Demokraten in diesem Parlament nicht zulassen.“