Schon damals hatte der Bundestag beschlossen, diese Zustimmung zu Beginn der neuen Wahlperiode nocheinmal zu bekräftigen. An diesem Donnerstag hat das Parlament in einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen (Drs. 18/558) nun die Bundesregierung aufgefordert, die Empfehlungen zügig und umfassend umzusetzen. Der Antrag wurde einstimmig von allen Fraktionen angenommen.

In der Debatte dazu sagte Eva Högl, SPD-Fraktionsvizin, die gemeinsame Abstimmung sei ein starkes Signal des Parlaments. Högl dankte der Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und dem neuen Bundesinnenminister Thomas De Maizière (CDU), dass beide gemeinsam die umstrittene Extremismusklausel, von der sich viele zivilgesellschaftliche Initiativen gegängelt fühlten, abgeschafft hätten. Viele Organisationen fühlten sich zuvor unter den Generalverdacht gestellt, linksextremistisch zu sein.

Högl verwies auf die Reformbereitschaft der Bundesländer, ihre Verfassungsschutzämter neu zu ordnen. Der Ausschuss forderte in seinem Bericht zudem, dass im Verfassungsschutzverbund vorliegende Informationen von länderübergreifender Bedeutung zentral zusammengeführt und auch tatsächlich gründlich ausgewertet werden und die Ergebnisse dieser Auswertung allen zuständigen Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung stehen.

Im Namen der SPD-Fraktion machte Högl deutlich, dass die Sozialdemokraten den Verfassungsschutz nicht abschaffen wollen, aber mehr parlamentarische Kontrolle über sein Tun sei notwendig. Högl: „Der Verfassungsschutz braucht einen festen Platz in unserer Demokratie“. Der deutsche Inlandsnachrichtendienst war im Zusammenhang mit der Aufklärung der NSU-Morde in die Kritik geraten, weil viele Ermittlungs- und Recherchefehler auf sein Konto gingen. Högl sprach in dem Kontext von „institutionellem Rassismus“ und Diskriminierung durch Behörden. Damit meinte sie, dass offenbar in mehreren Mordfällen des NSU falsch ermittelt wurde, weil die Opfer einen ausländischen Hintergrund hatten. Högl forderte auch, die Polizei zu stärken, dass sie alle Bürger gleich schützen könne. Die Bundesregierung soll gemeinsam mit den Ländern prüfen, was in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fällt.

Unklare Zuständigkeiten vermeiden

BundesinnenministerThomas De Maizière kündigte an, dass schon in der kommenden Woche ein Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen im Kabinett vorliegen werde.

Der sozialdemokratische Bundesjustizminister Heiko Maas mahnte vor dem Parlament, dass man gemeinsam dafür sorgen müsse, dass sich solche Gräueltaten wie diejenigen des NSU niemals wiederholen. „Nie wieder darf es unklare Zuständigkeiten in Behörden geben, von denen Verbrecher profitieren“, sagte Maas. Er will mehr interkulturelle Kompetenz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden. Maas: „In Behörden darf es nicht nur die Namen Thomas und Heiko geben, sondern auch Mehmet und Ayse.“

Auf einen anderen Aspekt wies der familienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion hin: Sönke Rix fragte in der Debatte, warum es überhaupt einen gesellschaftlichen Boden in Deutschland gebe für Rechtsextremisten. Als Beispiel führte er unter anderem an, dass es schwierige Fälle auch bei der Bundeswehr gegeben habe, bei der etwa der Mörder und Rechtsextremist Uwe Bönhardt eine Zeit lang tätig war.

Zivilgesellschaftliches Engagement auch finanziell stärken

Die Genossin Ulrike Bahr machte in dem Zusammenhang deutlich, dass Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Dies lasse sich am besten dadurch bekämpfen, dass zivilgesellschaftliches Engagement mehr gestärkt werde. Denn die Bereitschaft der Bürger, dagegen aufzustehen, zu sagen „Wir sind bunt“, sei groß. Sie forderte von der Politik ein klares Bekenntnis zu zivilgesellschaftlichem Engagement, dabei gehe es auch um die Aufstockung von Finanzmitteln.

Alle Forderungen sind richtig und wichtig – doch dürften dabei nicht diejenigen vergessen werden, die das sozusagen auf der Straße umsetzen müssten, die Polizistinnen und Polizisten etwa. Daran erinnerte die SPD-Abgeordnete Susanne Mittag in ihrer ersten Rede vor dem Bundetsag. Sie sei selbst Polizeibeamtin gewesen und wisse darum: „Es fehlt an Geld, an Zeit, an Personal“. Eine Lehre aus den NSU-Morden und ihrer Aufarbeitung sei, dass jedes Opfer, egal, ob es ausländischeWurzeln habe, Mann oder Frau sei, arm oder reich, das Recht auf gleiche Ermittlungen habe. Mittag: „Jedes Opfer ist der Gesellschaft ja wohl gleich viel Wert“.

Alexander Linden