Unmittelbarer Anlass für den Antrag ist die auf EU-Ebene durchgeführte so genannte Transparenzinitiative, mit der bestimmte Regeln der Berufsausübung und des Berufszugangs in den EU-Mitgliedstaaten evaluiert werden. Deutschland ist also gehalten zu begründen, warum bestimmte Regulierungen des Berufszugangs und der Berufsausübung „nicht diskriminierend“, und außerdem „erforderlich“ und „angemessen“ sind. Der Antrag fordert die Bundesregierung dazu auf, die bewährten Standards und Regulierungen vor allem im Handwerk und bei den Freien Berufen zu stärken.
Aspekte wie die Qualitätssicherung, der Verbraucherschutz und die Funktion von Handwerk und Freien Berufen im dualen Ausbildungssystem zeichnen das deutsche System aus und müssen deshalb von der Bundesregierung auf der europäischen Ebene besonders hervorgehoben werden.
Es erscheint den Koalitionsfraktionen wichtig, nochmal darauf hinzuweisen, dass nicht jeder strukturelle Unterschied zu Regeln in anderen EU-Mitgliedstaaten per se als Handelshemmnis oder Störung des europäischen Binnenmarkts anzusehen ist. Die Honorarordnungen etwa, die für verschiedene Berufsgruppen gelten und die teilweise auch unterschiedlich ausgestaltet sind, sollen einen Preiswettbewerb auf Kosten der Qualität verhindern und eine am Gemeinwohl orientierte Leistungserbringung sicherstellen.
Eine neue Entwicklung hat sich zwischenzeitlich insoweit ergeben, als die Europäische Kommission erste Schritte hin zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Honorarordnungen für Architekten, Ingenieure und Steuerberater eingeleitet hat. Es ist nun Aufgabe der Bundesregierung, auf die Vorwürfe zu reagieren. Falls die Europäische Kommission nicht überzeugt werden kann, wird sie vermutlich das Vertragsverletzungsverfahren durch Klageerhebung verschärfen. Am Ende stünde dann ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Die Koalitionsfraktionen haben daher ihre Position zur Unterstützung der Bundesregierung noch rechtzeitig einbringen können.