Unter dem Motto „Fördern und Fordern“ hat die Bundesregierung das Gesetz am Mittwoch im Rahmen einer Kabinettsklausur auf den Weg gebracht. Dass die Gesetzesvorlage nun noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll, geht auf Betreiben der SPD-Fraktion zurück, die ein solche Gesetz vehement gefordert und inhaltliche Vorschläge dafür gemacht hatte.
Damit wird der Zusammenhalt in der Gesellschaft quasi durch Integrationsketten gestärkt, die den Flüchtlingen echte Perspektiven für einen Neustart in Deutschland eröffnen. Gleichzeitig schafft das Gesetz bessere Bleibeperspektiven. Mit allem was dazugehört: Rechten und Pflichten.
Konkret bedeutet das: Das Gesetz fördert die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt durch verbesserte Regeln für die Ausbildungsförderung, Rechtssicherheit bezüglich des Aufenthaltsstatus während und nach der Ausbildung, die befristete Aussetzung der Vorrangprüfung abhängig von der Arbeitsmarktsituation der Bundesländer und eine niedrigschwellige Heranführung an den Arbeitsmarkt durch Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen. Mit einer Wohnsitzzuweisung (Vermeidung sozialer Brennpunkte) und Verpflichtungen zur Mitwirkung bei der Integration legt die Koalition aber auch klar fest, was von Flüchtlingen erwartet wird.
Wer sich anstrengt und durch Spracherwerb und den Einstieg in Arbeit seinen Teil zur Integration beiträgt, der hat alle Chancen, einen Neustart in Deutschland zu schaffen. Die neuen Regeln beseitigen dazu unnötige bürokratische Hürden und verbessern die Voraussetzungen dafür, dass Zugezogene in unserem Land schnell auf eigenen Beinen stehen können.
Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagt: „Das ist ein echter Paradigmenwechsel in Deutschland.“ Der Staat gehe offensiv auf jene zu, die nach Deutschland kämen. Die Botschaft an Flüchtlinge sei: ‚Wenn du dich reinhängst, dann wird hier was aus dir‘. Der Staat helfe dabei, aber die Flüchtlinge müssten mitmachen. Gabriel sagte, das Integrationsgesetz sei ein erster Schritt in Richtung Einwanderungsgesetz.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hob die geplanten Erleichterungen beim Zugang zu Integrationskursen und in den Arbeitsmarkt hervor. Der beste Weg zur Integration sei Arbeit, der beste Weg zur Arbeit gehe über das Erlernen der deutschen Sprache und Ausbildung. "Das sind die Schwerpunkte des Gesetzes", sagte Nahles.
Schutz von Frauen und Kindern
„Es ist zum ersten Mal ein Gesetz, auf dem wirklich Integration steht“, sagt die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD). Wichtig sei, dass der Schutz von Frauen und Kindern verstärkt werde.
In der so genannten Meseberger Erklärung der Bundesregierung heißt es dazu: „Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, erhalten in den Unterbringungseinrichtungen Fürsorge und Obhut“. Dabei werde bei Betreuung und Unterbringung auch auf die unterschiedliche Herkunft dieser Flüchtlinge, Geschlecht, Alter und Familienstand Rücksicht genommen, soweit das aufgrund der großen Zahl aufzunehmender Flüchtlinge möglich gewesen wäre und sei.
„Übergriffe auf Frauen, Kinder und andere Schutzbedürftige werden wir nicht akzeptieren, ganz gleich ob sie gegen Bürger unseres Landes oder gegen Flüchtlinge gerichtet sind“, betont die Bundesregierung in ihrer Erklärung. Deshalb habe sie Übergriffe auf Frauen, wie etwa in der Silvesternacht, scharf verurteilt und durch Änderung von Gesetzen schnell reagiert. Auch Übergriffen in Flüchtlingsunterkünften müsse konsequent entgegengewirkt werden. Der Bund werde gemeinsam mit den Ländern zeitnah prüfen, inwieweit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist, um diesen Schutz zu gewährleisten.
Die Sozialdemokraten hatten auf Schutzmaßnahmen von Mädchen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften gedrängt. Vor allem Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, dass etwas gegen die Zustände schutzsuchender Frauen und Mädchen, die sich in den Flüchtlingsunterkünften Schlafräume und Sanitäreinrichtungen mit Männern teilen müssten, getan werde.
Rechtssicherheit in der Ausbildung
Für Flüchtlinge, aber insbesondere für die vielen Arbeitgeber, die engagiert Flüchtlinge in Arbeit bringen wollen, wird es in Zukunft mehr Rechtssicherheit geben. Der Aufenthaltsstatus von geduldeten Auszubildenden in schulischer und betrieblicher Ausbildung wird so geregelt, dass eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung gelten wird.
Bei anschließender ausbildungsadäquater Beschäftigung wird ein Aufenthaltsrecht für zwei weitere Jahre erteilt („3+2-Regel“). Auch wenn keine direkte Anschlussbeschäftigung gefunden wurde, will die Koalition die Potentiale der hier Ausgebildeten im Land halten. Daher wird es für eine Dauer von sechs Monaten eine Duldung zur Arbeitsplatzsuche geben. Weil viele Flüchtlinge die derzeit gültige Altersgrenze von 21 Jahren überschreiten, wird diese komplett aufgehoben.
Wertevermittlung in den Integrationskursen
Gleichzeitig werden die Angebote für Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive erweitert sowie transparenter und effizienter gestaltet. Unter Beibehaltung der Sprachkursanteile wird die Wertevermittlung in den Integrationskursen deutlich von 60 auf 100 Unterrichtseinheiten aufgestockt. Zudem werden die Wartezeiten bis zum Zustandekommen eines Integrationskurses von bisher drei Monaten auf sechs Wochen verkürzt.
Nach drei Jahren wird Flüchtlingen eine Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen (Sprachniveau C1) und ihren Lebensunterhalt weit überwiegend selbst sichern. Aber auch alle anderen haben eine gute Chance, auch wenn sie die Sprache nicht so schnell lernen und die Integration in den Arbeits-markt etwas länger dauert. Nach fünf Jahren erhalten Flüchtlinge eine Niederlassungserlaubnis, wenn sie es schaffen, neben weiteren Kriterien hinreichende deutsche Sprachkenntnisse (Sprachniveau A2) vorzuweisen und ihren Lebensunterhalt überwiegend zu sichern.
Der Gesetzentwurf soll voraussichtlich in der kommenden Sitzungswoche in den Bundestag eingebracht werden.