Um das Vertrauen in die Demokratie und die Volksvertreter  zu stärken müssten politische Prozesse transparenter gestaltet werden, argumentierte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht heute in dem öffentlichen Fachgespräch der Bundestagsfraktion. Die Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern zeigten deutlich, dass diese das Ausmaß und die Intransparenz von Lobbyismus  besonders kritisch sehen würden. Interessenvertretung genießt derzeit keinen guten Ruf. In der zweistündigen Debatte am Montagvormittag tauschten sich Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion und weitere Expertinnen und Experten über die Bekämpfung von Abgeordnetenbestechung, Regeln für Lobbying und Parteienfinanzierung aus.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in dieser Legislatur verschiedene Initiativen für mehr Transparenz und für eine bessere Korruptionsbekämpfung in den Bundestag eingebracht. Doch geschehen ist wenig und neue Regelungen werden erst nach einem Regierungswechsel umgesetzt werden können. Denn es fehle der Bundesregierung an politischem Willen, kritisierte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Burkhard Lischka.
Professor Edda Müller, die Vorsitzende von Transparency International Deutschland, nannte es beschämend, dass die schwarz-gelbe Koalition noch immer das Antikorruptionsabkommen der UN blockiere, das eine Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung vorsieht. Sie lobte den „unermüdlichen Einsatz“ der Opposition. Die SPD hat schon im Februar 2012 ein Gesetz dazu vorgelegt, das in Fachkreisen als hervorragender Entwurf gilt.

Die Bundestagsfraktion fordert weiterhin die Einführung eines Lobbyregisters und Transparenz beim Einsatz externer Mitarbeiter in Ministerien, Karenzzeiten für ausscheidene Regierungsmitglieder bevor sie in die Wirtschaft wechseln können und mehr Transparenz bei Nebeneinkünften von Abgeordneten. Das aktuelle Regierungsprogramm der SPD sieht zudem eine Höchstgrenze von Parteispenden bei 100.000 Euro vor. Die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks sprach sich auf der Veranstaltung außerdem dafür aus, die Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden auf 5.000 Euro zu senken. Die SPD beispielsweise habe im vergangenen Jahr 195 Spenden über der Grenze von 10.000 Euro gehabt, bei einer Grenze von 5.000 Euro hätte sie 517 Spenden veröffentlichen müssen. Ein Großteil der Spenden stamme dabei von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern. Sponsoring, wie es auf Parteitagen üblich ist, solle jedoch nicht überschätzt werden, es mache bei der SPD nur etwa 1 Prozent der Einnahmen aus.
Professor Hans Michael Heinig, der öffentliches Recht in Göttingen lehrt, verwies in der Debatte um Spenden auf die Finanzierungsfreiheit von Parteien. Die bestehenden Kontrollmechanismen hielt er für ausreichend. Er ergänzte zudem, dass Parteien ausreichend finanziert seien müssen, damit sie in ihrer Finanzkraft nicht den Fraktionen unterliegen würden, in der Funktionsträger und nicht die Mitglieder die meiste Macht hätten.

Timo Lange, Campaigner bei LobbyControl, brachte die wichtige Perspektive in die Debatte ein, dass Transparenz kein Allheilmittel sei. Beim Thema Lobbying müsse bedacht werden, dass gerade kleinere Interessengruppen sich oftmals nicht oder nicht ausreichend organsieren könnten und keinen Zugang zur Politik hätten. Ein Lobbyregister wolle er zudem um die Ministerien ergänzt sehen, allein eines beim Bundestag reiche nicht aus. Aus seiner Sicht sollte die Praxis der externen Mitarbeit in Ministerien gänzlich gestrichen werden.

Der Geschäftsführer der BITKOM, Dr. Bernhard Rohleder, plädierte dafür, das Lobbying aus der Grauzone hinauszuführen und zu einer „offenen Interessenvertretung“ zu kommen. So handhabe der Bundesverband das mit eigenen Positionspapieren, die über das Internet abrufbar seien, Livestreams von politischen Abenden sowie der Haltung keine Rekrutierung im politischen Betrieb zu betreiben. Eva Högl, die stellvertretende rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, hakte an diesem Punkt ein, denn Politik könne auf Interessenvertretung nicht verzichten, um mit anderen Organisationen im Austausch zu bleiben. Anders, als es bisweilen behauptet würde, wolle die SPD-Bundestagsfraktion Lobbyismus nicht verbieten. Einigkeit zwischen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestand darin, dass eine bessere Nachvollziehbarkeit insbesondere bei der Entstehung von Gesetzen wichtig sei, um verlorenes Vertrauen in die Politik wieder herzustellen und die Transparenz weiter zu erhöhen.