Mit dem „Otto-Wels-Preis“ erinnert die SPD-Bundestagsfraktion an die Rede, mit der der damalige SPD-Vorsitzende Otto Wels im März 1933 die Ablehnung des nationalsozialistischen Ermächtigungsgesetzes durch die SPD-Reichstagsfraktion begründete. Mit dem Gesetz entmachtete das Hitler-Regime das Parlament, setzte die Verfassung praktisch außer Kraft und besiegelte das Ende der freiheitlichen Demokratie in Deutschland. Allein die sozialdemokratische Fraktion widersetzte sich und stimmte unter Bedrohung von Leib und Leben gegen das Gesetz.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann sagte beim Festakt am Mittwoch, Anliegen des Otto-Wels-Preises sei es, die Erinnerung an die Schrecken der Nazi-Herrschaft wachzuhalten und das Bewusstsein gerade auch der jungen Generation dafür zu schärfen, dass die Grundlagen unserer Demokratie immer wieder erneuert und gefestigt werden müssen. Die Auszeichnung geht an Menschen, die sich in besonderer Weise für Demokratie, Toleranz und gesellschaftlichen Zusammenhalt engagieren.
Beeindruckt vom Einsatz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
In diesem Jahr waren Vereine, Initiativen und Projekte, die sich mit den Mitteln von Kunst und Kultur für Demokratie und soziale Integration einsetzen, aufgerufen, sich für den Otto-Wels-Preis zu bewerben. Thomas Oppermann zeigte sich beeindruckt vom Engagement und der Kreativität der Bewerberinnen und Bewerber, die in den rund 70 Bewerbungen zum Ausdruck kam. „Ich kann für mich und meine gesamte Fraktion sagen, dass wir tief beeindruckt sind vom Einfallsreichtum und dem Einsatz, den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unserem Wettbewerb mit Ihren Projekten und Aktivitäten unter Beweis stellen.“
Die Vertreterinnen und Vertreter von vier Projekten waren am Mittwoch ins Berliner Reichstagsgebäude zur Preisverleihung eingeladen worden. Der Festakt fand im Rahmen des Frühjahrsempfangs der SPD-Fraktion statt. Neben Fraktionschef Thomas Oppermann gehörten Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der Kulturausschussvorsitzende Siegmund Ehrmann, der kulturpolitische Sprecher Martin Dörmann sowie die für Kulturpolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Eva Högl zu den Gratulantinnen und Gratulanten. Unter den Gästen waren außerdem prominente Kulturschaffende, wie beispielsweise die Schriftstellerin Tanja Dückers und der Schauspieler Hans-Werner Meyer. Laudatorin für den Otto-Wels-Preis war die Schauspielerin und Sängerin Kristin Meyer. Moderatorin des Abends war die Kulturjournalistin Shelly Kupferberg. Die Preisgelder wurden von den SPD-Bundestagsabgeordneten gespendet.
Die Platzierungen:
1. Platz: Das Projekt „80vontausend - mehr Demokratie tragen“
Der erste Platz ging an das Audio-Demokratieprojekt „80vontausend“, an dessen Realisierung ganz demokratisch weit über 20 Initiativen, Vereine, Schulen- und Ausbildungseinrichtungen, Theater und Kunstvereine aus Berlin und Eisenach und zahlreiche Einzelpersonen zusammen gearbeitet haben, darunter Alte wie Junge, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund. Die Trägerschaft hatte der Verein „netzwerk junge ohren e.V.“ übernommen. Initiator und Künstlerischer Leiter war Hans Ferenz. Die offene Demokratie – so die zentrale Botschaft dieses ausgezeichneten Projektes – muss jeden Tag aufs Neue verteidigt werden.
Jeden Tag werden Menschen in unserem Land ausgegrenzt, benachteiligt, teilweise auch körperlich schikaniert und gedemütigt. In über sechs Monaten und mehr als 40 Einzelgesprächen, in Diskussionen mit Schulklassen, mit Vereinen und Initiativen wurden Geschichten und Erinnerungen – bezogen auf unser Heute und das Gestern, das Kritische, aber auch das Positive – aufgezeichnet, zu Audio-Loops zusammengeschnitten, auf 40 MP3-Player kopiert, an 40 Lautsprecher angeschlossen und in 40 spezielle Klangrucksäcke installiert. Zahlreiche Ehrenamtliche trugen die Rücksäcke durch Städte und spielten die Aufzeichnungen im öffentlichen Raum ab.
Die SPD-Bundestagsfraktion würdigte das außergewöhnliche Projekt mit dem Otto-Wels-Preis für Demokratie: „In besonderer Weise wurden hier Geschichten und Erlebnisse, die uns immer wieder neu den Wert von Demokratie aufzeigen, verständlich gemacht und in einer spektakulären Weise so aufbereitet, dass sie wirklich hautnah bzw. hörbar erlebt und erfahren werden können,“ so die Begründung der Jury.
Mit den Gewinnerinnen und Gewinnern aus Berlin und Eisenach freuten sich die örtlichen SPD-Abgeordneten Cansel Kiziltepe und Iris Gleicke.
2. Platz: Integrative Kulturwerkstatt Alte Schule im Johannes-Busch Wohnverbund Lüdenscheid
Der zweite Platz ging an die Integrative Kulturwerkstatt Alte Schule aus Lüdenscheid. Unter dem Motto „Kultur als Mittel der Integration“ leistet die Kulturwerkstatt einen erheblichen Beitrag zur Integration von Menschen mit Behinderung. Für die Kulturwerkstatt, die zu einer Wohneinrichtung gehört, zählt kulturelle Arbeit zu einem der tragenden Fundamente in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Künstlerische Talente zu fördern und zu professionalisieren, ist eines der Ziele der Einrichtung. Aber auch ein Kulturangebot für Menschen mit geistiger Behinderung zu schaffen, an dem sie teilhaben und das sie genießen können, zählt zu den Ansprüchen der Werkstatt aus Nordrhein-Westfalen.
Zu den Gratulantinnen und Gratulanten zählte auch die örtliche SPD-Abgeordnete Petra Crone.
3. Platz: Musikschule Gregorianum Laupheim
Der dritte Platz ging an die Musikschule Gregorianum in Laupheim. Die Musikschule hat in einem umfangreichen Projekt die Kinderoper „Bundibar“ vom tschechisch-deutschen Komponisten Hans Krása aufgeführt. Die Oper wurde 1938 komponiert und 1941 unter widrigsten Umständen im nationalsozialistisch besetzten Prag heimlich in einem jüdischen Kinderheim uraufgeführt. Zum diesem Zeitpunkt war der Komponist bereits im KZ Theresienstadt interniert. Nachdem auch die Kinder des Prager Waisenhauses dorthin deportiert wurden, studierten sie dort „Brunibar“ neu ein und führten die Oper über 50 Mal gemeinsam auf. 1944 wurden Hans Krása und fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Oper in Auschwitz ermordet.
Die Musikschule Gregorianum Laupheim erinnert mit der Aufführung an dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte und zeigt, wie gerade mit Kindern der Umgang mit dem Erbe der NS-Zeit gelingen kann.
Für die SPD-Bundestagsfraktion gratulierte unter anderem der baden-württembergische SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster.
3. Platz Arbeitskreis Kinderrechte Wedemark
Einen weiteren dritten Platz verlieh die SPD-Bundestagsfraktion an den Arbeitskreis Kinderrechte Wedemark mit ihrem Projekt „Kinderrechte mal 16“. Es beruht auf der Idee, Kunst und Kinderrechte miteinander zu verbinden. Ziel war es, in allen 16 Ortschaften der Gemeinde Wedemark je ein Kinderrechtskunstwerk im öffentlichen Raum zu schaffen. Auf Initiative des Arbeitskreises Kinderrechte haben sich Kinder und Jugendliche aus Schulen, Kirchengruppen oder Pfadfindervereinen mit ihren Rechten auseinandergesetzt. In Gruppen diskutierten und interpretierten sie ihre Rechte. Ihre Gedanken übersetzen sie anschließend mit Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern in eigene Kunstwerke, die nun in den Ortschaften der Gemeinde dauerhaft ausgestellt sind.
Mit den Preisträgerinnen und Preisträgern freute sich auch die SPD-Abgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Caren Marks.