Wir Sozialdemokraten wollen, dass die Energiewende bezahlbar bleibt und dass dabei das Potenzial der erneuerbaren Energien genutzt wird, aber auch, dass die Lasten gerecht verteilt werden.
Uwe Beckmeyer (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushalt 2013 des Umweltressorts ist heute unser Thema. Doch ich denke, er ist unauflösbar mit dem Thema „Energiewende in Deutschland“ verbunden. Hier hat unser Land allerdings kein Alleinstellungsmerkmal. Wir lernen aus den Medien, dass in China, in den USA, in Japan, in Brasilien und anderswo ebenfalls über eine Energiewende diskutiert wird. Man sieht: Deutschland befindet sich auch hier in harter internationaler Konkurrenz. Auch deshalb kann die Antwort dieser Bundesregierung nicht lauten: Energiewende vertagt.
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Doch diesen Eindruck gewinnt man, wenn man sich die aktuellen Beschlüsse von Union und FDP zum Bundeshaushalt anschaut. Auch das Gegeneinander der verantwortlichen Minister, ehemals Röttgen, jetzt Altmaier sowie Rösler und Aigner, signalisiert der Wirtschaft Chaos und schafft vor allen Dingen Planungsunsicherheit. Doch statt diese konfuse Politik der schwarz-gelben Regierungskoalition durch klare Entscheidungen zu beenden, schaut die Kanzlerin nur zu.
(Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Wohl wahr!)
Warten wir einmal ab, was der Anfang November angekündigte nationale Dialog wirklich bringt. Seit der Ankündigung der neuerlichen Energiewende im Juni 2011 sind bereits eineinviertel Jahre verloren.
Um was geht es? Wir brauchen eine sozial verantwortliche Energiepolitik. Was heißt das? Wir Sozialdemokraten wollen, dass die Energiewende bezahlbar bleibt und dass dabei das Potenzial der erneuerbaren Energien genutzt wird, aber auch, dass die Lasten gerecht verteilt werden.
Es wird in letzter Zeit in Deutschland viel zu wenig über die Chancen der erneuerbaren Energien gesprochen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Statt langfristige Umweltschäden und hochgefährliche Abfälle zu produzieren, sparen sie Kosten für den Import von Brennstoffen, und wir werden weniger abhängig von schwankenden Rohstoffpreisen. Die Energiewende bedeutet zudem hohe Wertschöpfung im eigenen Land. Die Alternative ist, viele Milliarden auf die Konten von Ölscheichs und in die Gasländer zu überweisen. Doch schon allein im Jahr 2011 sind dank der Ökoenergie Importe von Öl, Kohle und Gas in Höhe von 7,1 Milliarden Euro vermieden worden.
Nach dem Scheitern von Herrn Röttgen sind Sie, Herr Minister Altmaier, als neuer Bundesumweltminister im Mai mit hehren Zielen im Zusammenhang mit dem Megathema Energiewende angetreten. Doch Sie müssen aufpassen; denn die Debatte dreht sich gerade: Ihre Koalition spricht inzwischen eine andere Sprache. Da wollen die BDI-Spitze und die FDP das EEG sturmreif schießen und die Energiewende ausbremsen.
(Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Quatsch!)
„Altmaier zwischen allen Stühlen“, titelt der Stern. Die Energiewende scheint in der Prioritätenliste der Regierung Merkel nicht mehr sehr weit oben zu stehen. Man will das zunehmend unangenehme Thema irgendwie abmoderieren. So fehlen auch klare Prioritäten in dem heute vorliegenden Bundeshaushalt 2013. Um die Energiewende voranzubringen, brauchen wir Zukunftsinvestitionen in erneuerbare Energien und in den nationalen und internationalen Umwelt- und Klimaschutz.
Herr Minister, dieser Bundesregierung und damit auch Ihnen läuft die Energiewende aus dem Ruder. Sie ernten überwiegend harsche Kritik für Ihre Energiepläne. Die Energiewirtschaft ist unzufrieden. Die Länder werten Ihr Quotenmodell als falsches Signal. Sie erreichen nur noch – das ist schlimm – eine gewaltige Verunsicherung bei vielen Investoren, insbesondere bei denen, die sich im Bereich der erneuerbaren Energien engagieren wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Energiepolitik ist eine andere Liga und lässt sich nicht durch Küchendiplomatie voranbringen.
Warum lassen Sie es zu, dass Herr Rösler und Frau Aigner sich in diesem Feld tummeln? Ihr politischer Partner greift Sie immer unverhohlener an. Wenn es richtig ist, dass es zu viele Steuerbefreiungen bei den sogenannten energieintensiven Unternehmen gibt und es ist richtig , warum handeln Sie dann nicht? Wo sind Ihre Vorschläge für härtere Stromsparauflagen bei ebendiesen energieintensiven Unternehmen?
Die Energiewende ist ohne Frage ein gesamtgesellschaftliches Projekt; doch sie obliegt Ihrer Verantwortung als Ressortchef. Leider ist diese Regierung ohne überzeugenden Plan. Aber die Deutschen lassen sich nicht täuschen. Sie verlieren zu Recht das Vertrauen in die Regierung Merkel. 70 Prozent der Deutschen werfen der Regierung vor, sie bediene nur die Interessen einzelner Gruppen. Richtig! 75 Prozent meinen, das Gemeinwohl stehe bei dieser Bundesregierung nicht im Mittelpunkt. Auch richtig! 65 Prozent der Deutschen sind der Überzeugung, dass sich Merkels Regierung gar nicht oder nicht sehr stark um die Zukunftsprobleme dieses Landes kümmert. Ebenfalls richtig! Die Energiepolitik ist dafür das beste Beispiel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die Akteure in die Lage versetzt werden, flexibel und mit zielgerichteten Instrumenten auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren. Ausreichend ausgestattete Programme sind dafür entscheidend. Was aber passiert mit dem Marktanreizprogramm und der nationalen Klimaschutzinitiative? Alle diesbezüglichen Anträge unsererseits sind abgeschmettert worden. Ich denke, der Klimaschutz ist ein Bereich, in dem auch die Wirtschaft im Grunde nur dann verlässlich agieren kann, wenn sie Planungssicherheit hat. Die Energiewende ist somit auch eine der größten wirtschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen wir in der Zukunft stehen. Sie vertun gegenwärtig partout die Chance, die sich daraus ergibt.
Wenn wir über Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland reden, sollten wir, denke ich, auch etwas zu dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ sagen. Bei dem, was wir zurzeit erleben, verdient es dieser Fonds eigentlich gar nicht, dass über ihn gesprochen wird. Denn Transparenz, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit bei der Finanzierung sind aufgrund der Einnahmerisiken absolut nicht gegeben. Insofern sind Liquiditätsdarlehen, die Auflösung von Rücklagen oder Umschichtungen allein kein Weg, um Mindereinnahmen auszugleichen und für Planungssicherheit zu sorgen. Dieses Sondervermögen ist nicht geeignet, die Zukunftsaufgaben der Energiewende zu bewältigen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein Haushalt ohne Ehrgeiz. Wir Sozialdemokraten werden ihn ablehnen. Auch die drei neuen Unterabteilungen im Ministerium werden es nicht richten. Die Flickschusterei von Schwarz-Gelb verfängt sich erneut in verkrusteten Strukturen.
Es zeigt sich, dass seit dem Beginn der Energiewende durch Rot-Grün die politisch Verantwortlichen bei CDU/CSU und FDP in diesem Hause zunächst alles unternommen haben, um diese Energiewende über ein Jahrzehnt zu blockieren. Nun erleben wir ein ähnliches Theater, indem erneut Kräfte in dieser Regierung das Thema verstolpern und ausbremsen und damit wieder wichtige Zeit verspielen.
Wir müssen jetzt für alle diese verlorenen Jahre bezahlen. Insofern kann man nur sagen: Es ist Zeit, dass diese Regierung Merkel abgelöst wird. Denn sie ist die schlechteste Regierung, die wir in der Bundesrepublik Deutschland jemals hatten.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)