Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Am Mittwoch war Integrationsgipfel im Kanzleramt, und es war eine ziemlich bunte Veranstaltung mit Vertreterinnen und Vertretern von Migrantenorganisationen, Kirchen, Religionsgemeinschaften usw. Mein Eindruck ist: Die Integration von denen in Deutschland ist ein Pappenstiel im Vergleich zur Integration der CSU in unsere Bundesregierung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wie lange hast du für den Satz gebraucht?)
Man kann gut oder schlecht fnden, was eine Regierung tut; aber handlungsfähig muss sie sein.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich glaube, im Verhältnis zu Ihrem Landesministerrat sind wir das!)
Der Zirkus geht nun schon mehrere Jahre, nur unterbrochen durch die Bundestagswahl. Der gestrige Tag war wirklich ein Symbol: vier Stunden Sitzungsunterbrechung – Sie blockieren, dass wir hier vorankommen.
(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist eine Zumutung für den Koalitionspartner und für unser Land. Das geht so nicht weiter.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ihre Rede ist eine Zumutung!)
Wir haben eben eine Sondersitzung des Innenausschusses unterbrochen, um zu dieser Debatte zu kommen. Da geht es um die Aufklärung der Vorfälle in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie haben da, glaube ich, was verwechselt! Wir haben die Aktuelle Stunde nicht beantragt!)
Herr Innenminister, ich habe den Eindruck, Sie haben viele Baustellen – da müssen Sie nicht dauernd neue aufmachen. Politik erschöpft sich nicht im Ankündigen immer neuer Pläne. Es soll bitte auch etwas umgesetzt werden – das steht jetzt auf der Tagesordnung –,
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Deshalb machen wir die Aufklärung besser selbst, in einem Untersuchungsausschuss!)
und zwar nicht irgendwas, sondern das, was wir vereinbart haben. Entschuldigung, wir haben einen Koalitionsvertrag – wofür haben wir denn so was? –,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und da steht eine Menge drin, insbesondere im Kapitel zu Migration, Flucht und Integration; es ist eines der längsten Kapitel, darüber wurde lange verhandelt. Deswegen, Herr Innenminister: Verhandeln Sie Rückübernahmeabkommen. Nehmen Sie Herrn Müller mit, der da hinten sitzt. Er soll mal mithelfen, dass derjenige, der kooperiert, von uns Hilfe bekommt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das würde uns doch voranbringen. Machen Sie das, was Herr Geisel hier vorgeschlagen hat: Engagieren Sie sich für die Abschiebung von Gefährdern,
(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Wo ist denn Ihr Herr Geisel?)
und jammern Sie nicht immer nur, dass das nicht funktioniert. Legen Sie ein Einwanderungsgesetz vor,
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
weil doch eindeutig ist: Wenn wir illegale Migration bekämpfen wollen, dann müssen wir legale Migration ermöglichen. – Usw.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Beste Rede!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten eigentlich eine erfolgreiche Woche.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie sind bei 18 Prozent!)
Wir haben so wichtige Reformvorhaben aufs Gleis gesetzt: Wir haben die Musterfeststellungsklage, damit endlich Menschen, die sich in der Auseinandersetzung mit großen Konzernen alleingelassen fühlen, Unterstützung erhalten, weil Verbände für sie klagen können. Wir haben die Brückenteilzeit, damit man im Beruf nicht in die Sackgasse gerät, wenn man sich um die Eltern und ihre Pfege oder um die Kinder kümmern will. Wir haben gleiche Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Krankenversicherung durchgesetzt. Das sind wirklich große Schritte.
(Beifall bei der SPD)
Und wer redet darüber? Niemand, weil Sie immer solche Streite inszenieren über die Fragen, über die wir jetzt wieder diskutieren. So verrutscht die Diskussion. Die Quittung werden Sie bei der bayerischen Landtagswahl erhalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie auch!)
Zum Schluss: Europa. Ich mache mir wirklich Sorgen. Wir alle zusammen in Europa machen heute etwa 8 Prozent der Weltbevölkerung aus. Binnen einer Generation wird sich das absehbar halbieren. Meine Damen und Herren, wenn wir unserer Art, zu leben, wenn wir den Werten Freiheit, Demokratie und Menschenrechte eine Stimme geben wollen, dann gelingt das nur, wenn wir in Europa lernen, wieder mit einer Stimme zu sprechen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Fordern Sie es nicht weiter heraus. Wir brauchen ein gemeinsames Europa. Wir rufen heute nach Solidarität in Europa, aber waren lange selbst nicht solidarisch. 2015 ist eine richtige, aber einsame Entscheidung getrofen worden. Und heute, CSU, sollen wir wieder isoliert handeln? Das Gegenteil ist nötig. Wir müssen in Europa Vertrauen aufbauen und nicht Vertrauen erneut zertrampeln.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Leider glaubt uns bald kein Mensch mehr, wenn wir von europäischen Lösungen sprechen. Sie sehen ja: Ein Gipfel nach dem anderen scheitert oder ist ohne Fortschritt. Das liegt an Leuten, die Sie von der CSU gerne zu Klausurtagungen einladen oder mit denen sich der Innenminister trift, anstatt zum Integrationsgipfel zu gehen. Ich sage Ihnen klar: Passen Sie auf, dass Sie nicht zum Sargnagel Europas werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen bereit für vernünftige Lösungen. Wir brauchen eine humanitäre Flüchtlingspolitik. Wir müssen auch konsequent sein bei der Rückführung derjenigen, die kein Bleiberecht haben. Wir müssen mit unseren Partnern zusammenarbeiten. Wir handeln verantwortlich. Sie veranstalten Chaostage, weil Sie Mufensausen wegen der anstehenden Landtagswahl haben, und das ist nicht verantwortlich.
(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, heute muss man den Satz mal sagen: Deutschland zuerst!
(Beifall bei der SPD und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ach nee! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Am Schluss war keine Logik mehr da! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich habe mich getäuscht: Ich will doch den Staatsminister wiederhaben!)