Der Vorschlag der Linken, die Gewerbesteuer zu einer reinen Kommunalsteuer zu machen, ist nicht akzeptabel. Die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage würde zu einer Konjunkturabhängigkeit der Kommunen und gleichzeitig zu Gewerbesteuerdumping führen. Wer die Gewerbesteuerumlage abschaffen will, spielt denjenigen in die Hände, die die Gewerbesteuer zur Disposition stellen wollen.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Karawanskij, Sie haben recht: Es ist das Verdienst der Linken, dass wir hier regelmäßig über die Situation der Kommunen reden. Aber es ist das Verdienst dieser Koalition, dass wir nicht nur reden, sondern im Sinne der Kommunen auch ganz konkret handeln. Das ist einer der zentralen Unterschiede.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich muss nicht alles wiederholen, was Herr Lerchenfeld gesagt hat: angefangen bei der Übernahme der Kosten der Grundsicherung, der Übergangsmilliarde, über die Kitaförderung, die Städtebauförderung, die zweimal 500 Millionen Euro für die Flüchtlingsunterbringung bis hin zur Infrastrukturförderung. Obwohl wir eine gute Zwischenbilanz vorzuweisen haben, ignorieren wir – Frau Haßelmann hat auf die Soziallasten hingewiesen – die schwierigen Probleme der Kommunen nicht. Wir werden darüber mit den 48 Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Stadtkämmerern, die demnächst als Vertreter des Bündnisses „Für die Würde unserer Städte“ nach Berlin kommen, sehr offensiv sprechen; darin bin ich mir ziemlich sicher.

Der Antrag der Linken auf Einführung einer Gemeindewirtschaftsteuer orientiert sich am sogenannten Kommunalmodell, das eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage und die Ausweitung des Kreises der Steuerpflichtigen vorsieht; darüber kann man reden. Darauf komme ich gleich zurück. Aber abzulehnen ist auf jeden Fall der Vorschlag – das hat Frau Haßelmann schon gesagt –, die Gewerbesteuer faktisch zu einer reinen Kommunalsteuer zu machen. Sie wollen die sofortige Abschaffung der anteiligen Beteiligung des Bundes sowie – abgestuft bis 2019 – der Länder an der Gewerbesteuerumlage. Das ist völlig unverständlich, weil Sie auf diese Art und Weise ein flexibles Instrument des Finanzausgleichs vollständig aus den Händen geben. Dieses Instrument dient unter anderem dazu, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu steuern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sie erhöhen die kommunale Abhängigkeit von der Gewerbesteuer. Die Konjunkturabhängigkeit der Kommunen wird dadurch erhöht. Sie fördern Gewerbesteuerdumping. Monheim lässt grüßen! Wollen Sie das eigentlich alles? Sie schwächen zudem im Kern das Interesse des Bundes am Erhalt der Gewerbesteuer. Wollen Sie das?

Interessant ist, dass für Sie die Bedeutung der Gewerbesteuerumlage für die kommunale Beteiligung an der Finanzierung der deutschen Einheit überhaupt kein Thema ist. Die Kommunen sind aber über die Gewerbesteuerumlage an der Mitfinanzierung der deutschen Einheit beteiligt. Soll die Hilfe für die ostdeutschen Kommunen sofort entfallen? Das ist eine rhetorische Frage; denn ich weiß, dass das nicht Ihre Absicht ist. Aber dazu gibt es kein Wort in Ihrem Antrag. Wir erwarten von Ihnen zwar kein geschlossenes Konzept, aber wenigstens den Hinweis, dass Ihnen das Problem bewusst ist, und einen Vorschlag, aus dem hervorgeht, wie eine Kompensation zum Beispiel für die Länder aussehen soll. Was Sie machen, ist nicht seriös. Übrigens, Herr Lerchenfeld, bei aller Sympathie, die ich für Sie hege, ist das, was Sie machen, auch nicht seriös.

Denn die Variante in Nordrhein-Westfalen, die Herr Rüttgers gewählt hat, nämlich ein Einheitslastenabrechnungsgesetz zu machen, war verfassungswidrig und hätte die Kommunen im Zeitraum von 2007 bis 2019 mit 1 Milliarde Euro belastet. Das hat die rot-grüne Landesregierung geändert. Das hat zusammen mit dem Stärkungspakt in Höhe von 5,85 Milliarden Euro dazu geführt, dass von 138 Kommunen – insgesamt sind es 400 –, die im Jahre 2010, am Ende der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, einen Nothaushalt hatten, jetzt nur noch 4 einen Nothaushalt haben. Mit anderen Worten: Die Hinterlassenschaft ist nicht gut, Herr Brinkhaus, und auch Sie wissen das.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu dem zweiten Antrag machen, in dem gefordert wird, die freien Berufe in die Gewerbesteuer aufzunehmen, ohne ihre Steuerbelastung zu erhöhen; denn Gewerbesteuerzahlungen sollen mit der Einkommensteuerschuld verrechnet werden können. Das Konzept ist keine Idee der Linken. Es ist in den Kommunen parteipolitisch unumstritten. Das weiß jeder, der sich mit den kommunalen Spitzenverbänden unterhält. Wir sagen Ihnen eine konstruktive Beratung zu. Schön ist auch der Hinweis von Frau Haßelmann, dass die Akzeptanz wächst.

Aber bedenken Sie eines: Wir haben den Erhalt der Gewerbesteuer im Koalitionsvertrag gesichert, und wir haben ihren Schutz vor Aushöhlung im Koalitionsvertrag gesichert. Das steht für uns im Vordergrund. Damit sichern wir die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, geben Planungssicherheit, und wir stabilisieren die kommunale Finanzierungsbasis, weil angesichts der guten Konjunktur die Gewerbesteuer ein hohes Niveau hat. Das ist sehr wichtig.

Wer glaubt, dass deswegen bei der Gewerbesteuer Ruhe im Karton sei, der irrt sich gewaltig. Ich will aus dem Bericht zu Ihrem heutigen Antrag zitieren – den haben Sie als Berichterstatter gemeinsam erstellt –, und zwar zu Ihrer Absicht, die freien Berufe in die Gewerbesteuer einzubeziehen. Dazu sagt die CDU/CSU, was Herr Lerchenfeld eben bestätigt hat:

… in diesem Fall könnte man einfacher kommunale Zuschläge zur Einkommensteuer erheben, womit das Ziel einer Verstetigung der Einnahmen besser erreicht werden könnte.

Während sich die SPD um den Erhalt und die Stabilisierung der Gewerbesteuer bemüht, liefern Sie unbeabsichtigt – das will ich einmal unterstellen – Munition zur Abschaffung der Gewerbesteuer. Wollen Sie das eigentlich?

Ich will eine weitere wichtige Baustelle in diesem Zusammenhang benennen. Als Ergebnis der Arbeit der letzten Großen Koalition hat es eine Unternehmensteuerreform gegeben, die dem Ansinnen der Linken, nämlich einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, durchaus entsprochen hat. Gegen die Durchsetzung des Prinzips der Finanzierungsneutralität wird derzeit allerdings vor allem von der Tourismuswirtschaft heftig gearbeitet. Wie so oft werden kleine Unternehmen, die aufgrund ihrer Rechtsform gar nicht betroffen sind, von großen Unternehmen in Anspruch genommen. Wenn man die Steuerlast der großen Unternehmen im Vergleich zu manchen Managergehältern betrachtet, wenn man sieht, dass Vorstandschefs einzelner Unternehmen mehrere Millionen Euro im Jahr verdienen und ein Kovorstandschef laut FAZ 45 000 Euro am Tag bekommt, dann bin ich der Auffassung, dass die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer keine wirtschaftliche Gefährdung des Tourismus ist. Das zu sagen, bin ich an dieser Stelle schuldig.

(Beifall bei der SPD)

Wir befürchten ähnlich wie die kommunalen Spitzenverbände, dass ein Abrücken von den Hinzurechnungen, auch wenn es nur im Bereich des Tourismus passieren würde, ein Dammbruch wäre. Aber genau das befürwortete in einer Anhörung des Tourismusausschusses auch die Vertreterin der Linken seinerzeit. Deshalb ist meine Bitte: Halten Sie auch im Konkreten Kurs, nicht nur im Abstrakten. Wir und auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion werden jedenfalls weiter an der Gewerbesteuer festhalten und vor allem dafür sorgen, dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung die hohen Einnahmen aus der Gewerbesteuer auch in Zukunft sichert.

Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Kollege Daldrup, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie jetzt langsam auf Kosten Ihres Kollegen Junge reden?

Ich bin schon fertig. – Ich habe nichts dagegen, wenn Sie weiterhin Ihre Anträge zur kommunalen Finanzsituation stellen. Das gibt uns die Gelegenheit, über unser Handeln zu reden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)