Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In seinem monomentalen Stummfilm „Metropolis“ zeichnete Fritz Lang 1927 ein dunkles Bild. Metropolis ist eine gigantische Stadt, in der zwei klar voneinander getrennte Gesellschaften leben. Eine Oberschicht lebt in absolutem Luxus, die Jugend der Elite genießt in ihren Türmen und in den ewigen Gärten paradiesische Verhältnisse, während die Arbeiterklasse tief unterhalb der Stadt haust und an riesigen Maschinen für den Gewinn der Reichen schuftet. Maschinen sind hier das Sinnbild für den technologischen Fortschritt. Aber anstatt die Lebensbedingungen aller zu verbessern, nutzt dieser Fortschritt nur der Elite. Die Arbeiterschaft indessen bleibt in sklavengleichen Verhältnissen gefangen, ihr Leben von dem Rhythmus der Maschinen bestimmt.

Der Film thematisiert so zwei zentrale Fragestellungen, die uns auch heute beschäftigen. Welche Gefahren, aber auch Möglichkeiten bietet der technologische Strukturwandel? Wie wollen wir unsere Gesellschaft räumlich organisieren? Klar getrennt, wo Mobilität und Zugang zu Kultur ein Privileg der Wohlhabenden in Stadtzentren oder in den Türmen der Zukunft sind? Oder wollen wir gleichwertige Lebensverhältnisse für alle, egal ob Stadt oder Land, Zentrum oder Peripherie, oben oder unten?

Auch wenn der Bundeshaushalt nur bei wenigen Menschen begeisterndes Interesse hervorruft, bietet er eine ganz einzigartige Möglichkeit, diese Fragen zu beantworten, ja die Vision, die wir für unser Land haben, zu überprüfen. Denn genau genommen ist der Haushalt doch ein Stück Zukunftsmusik. Anders gesagt: Mit unseren Entscheidungen, für welche Maßnahmen wir Geld bereitstellen und für welche nicht, stellen wir die Weichen für eine bestimmte Version der Zukunft. Wenn wir in kostenfreie frühkindliche Bildung investieren, dann bereiten wir den Boden dafür, dass weder Herkunft noch Geschlecht über den Zugang zu Informationen und berufliche Chancen entscheiden. Gerade in den Bereichen Bau, Wohnen und Stadtentwicklung stehen wir hier an einem Scheideweg. Möchten wir eine Zukunft des Weiter-so, in der wir soziale Polarisierung in Städten und Abwanderung aus den ländlichen Gebieten als notwendige Realität akzeptieren? Oder wollen wir mit kraftvollen Schritten für mehr Gerechtigkeit auf dem Mietermarkt sorgen, das Potenzial der Digitalisierung auch im Bauund Wohnbereich aktiv nutzen und für lebenswerte Verhältnisse sowohl in Metropolen als auch in ländlichen Gebieten sorgen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der tiefen Überzeugung, dass es eine der Herausforderungen unserer Zeit ist, die Breite der Bevölkerung an dem wirtschaftlichen Wohlstand und dem technologischen Fortschritt, den wir zweifellos haben, teilhaben zu lassen, das heißt, gute und gleichwertige Lebensverhältnisse für alle zu schaffen. Dass wir hier eine Riesenaufgabe vor uns haben, muss ich Ihnen nicht erklären, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir alle kennen junge Eltern in wachsenden Städten, die berichten, dass neben der Suche nach einem Kitaplatz und einer bezahlbaren Wohnung kaum noch Energie, geschweige denn Geld für ein gutes Familienleben bleibt. Ältere Menschen in ländlichen Gebieten stecken oft sprichwörtlich in ihren Häusern fest, die zu groß und nicht altersgerecht sind, für die sie aber keine Käufer finden. Denn wenn Schwimmbäder und Kulturzentren – Orte des sozialen Miteinanders, die für viele das Gefühl von Heimat definieren – schließen, dann wird auch für Familien das Leben in kleinen Städten und Kommunen zusehends unattraktiv. Es geht also darum, sicherzustellen, dass das Leben in der Stadt bezahlbar und lebenswert bleibt. Gleichzeitig dürfen ländliche Gebiete und schrumpfende Städte und Gemeinden nicht abgehängt werden.

(Beifall bei der SPD)

Diese Herausforderungen anzugehen, ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern die Basis für den Zusammenhalt und den ökonomischen Erfolg unseres Landes. Ich finde, mit dem Einzelplan 06 für den Bundeshaushalt 2019, also dem Etat des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, bewegen wir uns in die richtige Richtung: gegen ein lakonisches Weiter-so und für einen wohnungspolitischen Aufbruch, gegen die Polarisierung der Gesellschaft und für ein gutes Leben für alle Menschen in diesem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Insgesamt sieht der Entwurf gut 4,5 Milliarden Euro für den Bereich Bau und Wohnen sowie Stadtentwicklung vor. Das ist ungefähr eine halbe Milliarde Euro mehr als beim letzten Haushalt. Wenn die Leitvision dieses Einzelplans die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist, dann realisieren wir diese besonders durch Maßnahmen in den Bereichen Kultur, Innovation und Mobilität; denn nur so können wir die gleichwertigen Lebensverhältnisse in den Metropolen, Kleinstädten und ländlichen Gebieten schaffen und erhalten. Deshalb haben wir zum Beispiel für das erfolgreiche Förderprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ eine vierte Fördertranche aufgelegt. 2018 war das Förderprogramm schon wieder massiv überzeichnet. Dies zeigt doch, wie groß der Bedarf in diesem Bereich ist. Mit den neu bewilligten Mitteln können nun voraussichtlich 100 statt 50 Förderanträge bewilligt werden. Dass dies bei weitem nicht alle Förderanträge umfasst, die hier eingegangen sind, ist natürlich klar.Trotzdem ist das Programm doch ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der SPD)

Zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung sollen im Zeitraum 2019 bis 2026 weitere Modellvorhaben mit den Kommunen realisiert werden, die beispielhaft Modernisierungs- und Anpassungsstrategien für den klimagerechten Umbau, für neue Mobilitätsformen und für den sozialen Zusammenhalt entwickeln. Nach Einführung des Programms mit dem Haushalt 2018 werden wir nun erneut 100 Millionen Euro für Maßnahmen zum Beispiel in Duisburg, Erfurt, Plauen und Rostock zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD)

Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, fördern wir Smart-City-Modellprojekte. Auch für diesen Bereich stehen Millionen Euro zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Regierung präsentiert konkrete Maßnahmen, mit denen wir die Herausforderungen der Digitalisierung, des demografischen Wandels und des Klimawandels angehen. Wir tun dies geleitet von den Werten der Solidarität und Toleranz, mit dem Ziel, eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder zu schaffen, damit „Metropolis“ Science-Fiction bleibt und keine Zukunft wird. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)