Diese privaten Hilfsorganisationen machen die Arbeit, die die Regierungen in Europa nicht bereit sind zu übernehmen.  Wir sollen ihnen deshalb danken, aus tiefstem Herzen danken, anstatt ihre Arbeit zu behindern. 

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Diese privaten Hilfsorganisationen machen die Arbeit, die die Regierungen in Europa nicht bereit sind zu übernehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollen ihnen deshalb danken, aus tiefstem Herzen danken, anstatt ihre Arbeit zu behindern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen auf diesen Schifen sind in Not, und sie kommen aus der Not. Wenn einer auf der Straße liegt, dann zählt nicht, wie er dorthin gekommen ist, ob er selbst schuld ist. Es zählt nicht mal, wer er ist. Es gibt nur eines: Liegt jemand auf der Straße, hilf ihm auf! Hilf ihm auf, wenn du kannst!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist, was ich für richtig halte, und das ist auch das, was das internationale Recht uns vorgibt. Ja, wir sprechen wieder über Menschen, die auf Schiffen zu uns den Weg suchen. Aber es geht nicht nur um die. Hilfsbereitschaft, aufeinander achten, die Hand reichen, das ist doch für uns alle wichtig. Ich will, dass wir diese Werte bewahren, und zwar für uns alle.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Manche sagen mir: Dort soll nun wieder geholfen werden. Wird mir denn auch geholfen oder denen, die sonst Unterstützung benötigen? – Ich fnde, solche Fragen sind völlig berechtigt. Ja, mir ist klar: Auch bei uns warten viele Menschen darauf, eine zweite Chance zu erhalten oder überhaupt mal wahrgenommen zu werden. Da müssen wir viel mehr tun. Meine Kollegin Ulli Nissen hat dafür einen Slogan, der heißt: Laut für die Leisen und stark für die Schwachen. – Ich fnde diesen Slogan großartig, und nach ihm sollten wir gemeinsam handeln.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Werte beweisen sich nicht in Schönwetterperioden; sie beweisen sich auf hoher See im Sturm, wenn der Sturm aufzieht, und das ist vor der Küste Maltas der Fall. Deswegen musste dort gehandelt werden. Wir dürfen die Menschen nicht einfach im Meer ertrinken lassen. Wir dürfen Kranke und Schwangere nicht auf untauglichen Schifen festhalten, wie es geschehen ist und noch geschieht. Am allerwenigsten dürfen wir das tun, um politischen Druck auszuüben. Wir müssen handeln, wenn Handeln geboten ist. Deswegen bin ich froh, dass spät, aber immerhin für dieses Schiff, die „Lifeline“, vor Malta eine Lösung gefunden werden konnte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber es ist natürlich keine Lösung; es ist nur ein Gebot der Menschlichkeit. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, nach dem wir handeln mussten, aber es ist noch keine Lösung; denn Menschlichkeit allein reicht nicht aus für die Fragen, denen wir uns stellen müssen, und das muss man dieser Bundesregierung auch nicht erzählen. Als mich 2015 die Leute gefragt haben: „Herr Castellucci, wie geht denn das jetzt weiter? 1 Million Menschen sind gekommen. Gut, wir sind hilfsbereit, aber geht es nun weiter? Kommen denn jetzt jedes Jahr 1 Million Menschen?“, da habe ich gesagt: Ich weiß es im Moment nicht. – Aber ich habe auch gesagt: Ich werde alles dafür tun, dass das nicht so weitergeht, dass wir helfen können, dass sich die Situation verbessert. Und nun schauen wir doch miteinander auf die Zahlen! Schauen wir auf die Zahlen von 2016!

(Zurufe von der LINKEN)

Schauen wir auf die Zahlen von 2017! Schauen wir, wie viele Menschen im Moment an unseren Grenzen ankommen! Es ist ja auch nicht so gekommen. Diese Regierung hat gehandelt. Die Zahlen sinken. Die Probleme sind nicht gelöst,

(Zuruf des Abg. Michel Brandt [DIE LINKE])

aber es wird wirksam daran gearbeitet. Wegen mir können wir das auch weiter so tun.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])

Auch mit Blick auf die Schife und Hilfsorganisationen müssen wir klar sagen: Es geht jetzt nicht einfach so weiter. – Es wird zu Recht gesagt. Es wird Alarm geschlagen. Es gibt am Rande von EU-Gipfeln Krisentreffen. Wir machen Aktuelle Stunden. Nein, das kann jetzt nicht so weiterlaufen. Aber die Antwort liegt nicht in einer Kriminalisierung von Ehrenamtlichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Antwort muss heißen, dass die Staatengemeinschaft die Frage selbst in die Hand nimmt. Und auch da haben wir schon einiges getan. Wir haben Frontex ausgestattet. Die Militäroperationen retten auch Menschen. Aber die SPD-Bundestagsfraktion ist für einen weitergehenden Vorschlag: Wir fordern ein eigenständiges europäisches Seenotrettungsprogramm – das ist es, was wir brauchen –,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

mit Schiffen, die auch in der Lage sind, die Menschen an Bord zu nehmen.Was wir von den italienischen Missionen wissen, die die Kollegin Özoğuz hier erwähnt hat, ist: Diese Seenotrettung geht mit Schlepperbekämpfung einher. Es ist also kein Gegensatz zwischen Seenotrettung und Schlepperbekämpfung, sondern wir können mit einer engagierten Seenotrettung auch zur Schlepperbekämpfung beitragen, und das ist genau richtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber eines müssen wir natürlich miteinander klären, und das ist auch der ofene Punkt. Ich spreche Herrn Frei an, der davon gesprochen hat, wie viele immer die Überschrift nennen: Wohin denn dann mit den Menschen, wenn wir sie aufgesammelt haben? – Auch da möchte ich Ihnen zusagen: Ob das nun innerhalb Europas ist, ob es an den europäischen Außengrenzen ist, ob es sogar auf dem afrikanischen Kontinent ist – mein Blick ist: Was ist mit den Menschen? Wer kümmert sich um die? Welchen Schutzstatus haben die dort? Welche Angebote haben sie dort? Sind die dort wirklich in Sicherheit? Sind die Staaten denn bereit, diese Zentren dort aufzunehmen? Ich fordere alle auf, nicht nur mit Überschriften zu hantieren,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ziele formulieren, damit fängt es an!)

sondern Konzepte vorzulegen. Diesen Konzepten wird sich die SPD-Bundestagsfraktion dann auch zuwenden, und dann können wir das gemeinsam so entscheiden. Wer politisch verfolgt ist oder einem Bürgerkrieg entfieht, der muss eine Chance auf Schutz haben. Die anderen brauchen Perspektiven und Alternativen. An diesen Fragen müssen wir weiter arbeiten, und dazu fordere ich uns auch auf.