Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spare mir das nette Vorgeplänkel, das ich in meinem Manuskript stehen habe, und gehe kurz auf Frau Maischs Bemerkung zum Thema CETA und SPD ein. Frau Maisch, ich finde Ihre Bemerkung unredlich,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
weil Matthias Miersch nicht gesagt hat: Der Vertrag ist für die SPD nicht zustimmungsfähig.
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber er ist ausverhandelt!)
Er hat eindeutig gesagt: Der Vertrag ist so nicht zustimmungsfähig. – Er setzt auf die parlamentarischen Beratungen. Ich finde, dass es die SPD ehrt, dass wir als Partei über die Inhalte von CETA streiten. Bei uns ist es anders als bei Ihnen: Sie lehnen den Vertrag ja ab, weil Sie einfach Spaß am Ablehnen haben, egal wie der Vertrag aussieht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Einzelplan des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft finden wir viele Ansätze, die wir begrüßen und richtig finden. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Biodiversität. Ich freue mich, Herr Minister, dass dieses Thema am Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut einen Schwerpunkt bilden wird. Das ist aber auch zwingend erforderlich, und ich sage Ihnen auch gleich, warum: Während meiner Sommertour durch meinen Wahlkreis habe ich die Biologische Station Zwillbrock besucht; vielleicht sagt Ihnen das etwas. Von einem sehr engagierten und immer noch hochmotivierten Leiter wurde mir leider bestätigt, dass es um den Artenschutz, um biologische Vielfalt und um das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Artenschutz nicht gut bestellt ist.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Frau Kollegin Schulte, wenn Sie einmal Luft holen!
(Heiterkeit)
Ich muss Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Maisch zulassen.
Ursula Schulte (SPD): Nein.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja souverän! – Rainer Spiering [SPD]: Ulla!)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Dann ist es gut.
Ursula Schulte (SPD):
Ich habe alles zu CETA gesagt, was ich sagen wollte, und ich lasse jetzt nicht zu, dass das infrage gestellt wird.
(Beifall bei der SPD)
Sie, Frau Maisch, können mir das gleich gerne sagen.
Der Leiter der Biologischen Station Zwillbrock hat mir gesagt, dass die Insektenpopulationen gewaltig auf dem Rückzug sind, ebenso der Kiebitz und die Bienen. Ich finde, das sind eindeutige Warnsignale. Der Indikatorenbericht 2014 sagt ebenfalls aus, dass wir etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun müssen . Also: Wir sind eigentlich schon lange aufgefordert, zu handeln. Unsere Aufgabe wird es daher sein, die Erkenntnisse, die wir durch das Thünen-Institut bekommen, schnell umzusetzen. Das ist notwendig für unsere Umwelt, für unsere Kinder und für unsere Enkelkinder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein großer Teil des Einzelplans 10 ist sozialpolitisch gebunden. 67 Prozent der gut 5,8 Milliarden Euro sind für die Alterssicherung der Landwirte, für ihre Krankenversicherung, für die landwirtschaftliche Unfallversicherung und für viele Dinge mehr reserviert. 2016 haben wir einen zusätzlichen Zuschuss von 78 Millionen Euro für die Unfallversicherung bereitgestellt, um der schwierigen Situation der Landwirte Rechnung zu tragen.
Ich bin mir mittlerweile allerdings nicht mehr sicher, ob all diese Maßnahmen wirklich greifen, vor allen Dingen wenn die Mittel nicht zielgenau für die Landwirte ausgegeben werden; denn ich stelle fest, dass die Probleme der Landwirtschaft sehr komplex sind. Genauso komplex und vielfältig wie die Probleme sind auch die Antworten der Landwirte, die ich zum Beispiel zum Thema Milchkrise bekomme. Die einen sind total verzweifelt und fordern immer mehr staatliche finanzielle Hilfen. Die anderen erklären mir, dass es der Markt schon regeln wird.
(Dr . Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Weil sie hoffen, dass der Nachbar schneller stirbt!)
Ich bin mittlerweile zu der Erkenntnis gekommen, dass es für die Politik hier einzig und allein um die Gestaltung des Strukturwandels gehen kann. Die Politik muss ehrlich sagen, was sie will, und dann für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Nach den Vorstellungen meiner Fraktion sind das Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Landwirtschaft, für die es langfristig öffentliche Gelder nur noch für öffentliche Leistungen geben soll.
(Beifall bei der SPD)
Lassen Sie mich nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Blick auf die Verbraucher- und Ernährungspolitik werfen. Das geplante Bundeszentrum für Ernährung kann eine gute Idee sein, wenn wir wissen, welche Aufgabenstruktur das Ministerium sich so vorstellt. Mir erschließt sich zurzeit nicht, warum eine gut funktionierende Einrichtung wie der aid infodienst – das ist der Infodienst für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – unbedingt in die geplante neue Organisationsstruktur eingebaut werden soll. Der aid infodienst hat gute Arbeit geleistet, hat kritisch hinterfragt und hat überzeugende Informationen geliefert. Das spricht eigentlich für die Fortsetzung dieser Arbeit im bewährten Rahmen. Mit dieser Auffassung stehe ich im Übrigen nicht ganz allein da, wie ich aus der Agrarministerkonferenz höre. Der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum, Peter Hauk, sieht die Eile, mit der hier umstrukturiert werden soll, ebenfalls kritisch. Wir sollten also gemeinsam noch einmal überlegen, wie die Arbeit des geplanten Bundeszentrums in Zukunft aussehen soll.
Herr Minister, Sie haben in den Haushalt 2016 zwei Millionen Euro für eine Nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fett und Salz eingestellt, und ich bin richtig gespannt auf die Ergebnisse, weil es da dringenden Handlungsbedarf gibt; denn Deutschland ist beim Zuckerverbrauch Europameister. Da hilft es auch nicht, wenn Sie, wie bei hart aber fair, auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie setzen. Sie können die Verantwortung dafür nicht immer nur bei den Konsumenten abladen, Herr Minister.
(Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Doch! Aber klar!)
Was mich besonders ärgert, ist das Verhalten der Industrie bei den Produkten für Kinder.
(Beifall bei der SPD)
Diese werden so aggressiv beworben, dass Eltern schon sehr standfest sein müssen, wenn sie ihre Kinder vor diesen zuckerhaltigen Produkten schützen wollen. Mein Fazit lautet: Wir müssen endlich die Vorherrschaft des Zuckers in der deutschen Ernährung beenden. Das sind wir zumindest unseren Kindern schuldig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
In diesem Zusammenhang fallen mir auch noch die Energydrinks ein; Frau Maisch hat das auch erwähnt. Die Informationsseite des Ministeriums war ein Flop; sie ist vom Netz genommen. Wir haben vor zwei Jahren in Ihrem Haus schon einmal über dieses Thema diskutiert, Herr Minister. Leider ist seitdem nicht viel Weltbewegendes passiert. Ich finde, Sie sollten endlich die Hinweise der Kinderkardiologen ernst nehmen und handeln. Wir können gern gemeinsam überlegen – das biete ich Ihnen an –, wie wir es schaffen, dass Kinder und Jugendliche vor einem übermäßigen Konsum von Energydrinks geschützt werden.
(Beifall bei der SPD)
Mir ist noch wichtig, auf die Bedeutung der Schulvernetzungsstellen hinzuweisen und darauf, dass das Forschungsinstitut für Kinderernährung bei der SPD ganz oben auf der Agenda steht. Wir sind sehr daran interessiert, dass das für die Zukunft verlässlich finanziert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 30 Jahre Kommunalpolitik haben mich gelehrt, dass Haushaltsplanberatungen kein Wunschkonzert sind. Aber wir müssen tun, was wir können, um wenigstens einige unserer Wünsche zu realisieren. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine gute Beratung und viel Erfolg.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)