Deutschland profitiert bislang von der Finanzmarktkrise und der Refinanzierungskrise einiger Euro-Staaten dergestalt, dass Schuldtitel des Bundes weltweit weiterhin als sehr sicher beurteilt und stark nachgefragt werden. Dadurch sanken die Zinsen auf ein historisches Tief.
Politisch bedeutsam ist aber die Frage, welche Wege dem Bund zur Verfügung stehen, um seine Refinanzierung stets sicherzustellen. Die Refinanzierungskrise im Euro-Raum hat nämlich gezeigt, welchen Risiken ein Schuldenmanagement ausgesetzt ist, wenn es ganz oder überwiegend auf institutionellen Investoren auf den Geld- und Kapitalmärkten aufbaut. Auch die Entwicklung zu immer kürzeren Refinanzierungsinstrumenten am Geldmarkt birgt das erhebliche Risiko von Zinsänderungen – das sich auch kurzfristig niederschlagen kann.

Unabhängigkeit gegenüber Finanzmarktakteuren

Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebietes haben diskutiert, wie die Mobilisierung privaten Kapitals, vor allem Spareinlagen der Bürgerinnen und Bürger, zur Refinanzierung der in Not geratenen Staaten gestärkt werden können. Ein stärkeres Engagement privater Vermögender kann eine deutliche Entspannung der Refinanzierungssituation bringen, weil es mehr Unabhängigkeit gegenüber den Finanzmarktakteuren ermöglicht. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Bundesregierung, das Privatkundengeschäft der Finanzagentur einzustellen, nicht tragbar.

In dem Antrag „Privatkundengeschäft der Finanzagentur Deutschland GmbH fortsetzen“ fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Bundesregierung auf, das Privatkundengeschäfts der deutschen Finanzagentur beizubehalten und das Angebot langfristiger Wertpapiere für Privatkunden zu erweitern. Das Engagement privater Investoren soll zudem in Kooperation mit anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets gefördert werden, um mehr Unabhängigkeit gegenüber kurzfristigen Zinsschwankungen zu gewinnen. Gemeinsam mit dem Bundesrechnungshof sollen Möglichkeiten erarbeitet werden, wie die Kosten, die durch die Bereitstellung der Infrastruktur für Private entstehen, minimiert werden können und etwaige anfallende Verluste im Privatkundengeschäft an anderer Stelle ausgeglichen werden können.

 

Alexander Linden / Martin Mader