Nun hat der Bundestag am 17. März die Weiterentwicklung des BGG (Drs. 18/7824) in 1. Lesung beraten. Mit der Novellierung des BGG soll die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen weiter verbessert werden. Zudem wird das Gesetz unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) weiterentwickelt und wirksamer ausgestaltet. Zudem fließen die Ergebnisse der Evaluation des BGG mit ein.
Aus der Debatte zum Behindertengleichstellungsgesetz:
Die Parlamentarische Staatsekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) hielt in der Debatte erstmalig eine Rede in einfacher Sprache: „Besser werden soll ein Gesetz, das Menschen mit Behinderung helfen soll, immer mehr so zu leben, wie alle anderen in Deutschland. Das nennen wir Gleichstellung. (…) Alles, was dabei stört, muss weg oder besser werden. Was stört nennen wir Barrieren. Deshalb ist das Ziel Barrierefreiheit.“
„Mir persönlich ist ein echtes Herzensanliegen die Schlichtungsstelle für Einzelpersonen und Verbände von Menschen mit Behinderung, die bei mir angesiedelt sein soll“, sagte die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Verena Bentele (SPD). Dort sollten künftig niedrigschwellig und kostenfrei Streitfälle nach dem BGG gelöst werden.
Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung der SPD-Fraktion, Kerstin Tack, machte deutlich, dass es jetzt darum gehe, im parlamentarischen Verfahren zu beraten, wie der Gesetzentwurf noch weiterentwickelt werden könne. Dazu gehörten unter anderem kürzere Fristen, um die bestehenden Barrieren in den Gebäuden des Bundes zu dokumentieren. „Und wir wollen einen verbindlichen und überprüfbaren Zeit- und Maßnahmenplan zur Beseitigung der dokumentierten Barrieren“, kündigte Tack an. In Bezug auf eine Verpflichtung der Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit verwies sie darauf, dass diese im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorzunehmen sei.
Was beinhaltet der Entwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes:
- Der Behinderungsbegriff wird neu gefasst: Er sieht Behinderungen als Ergebnis von Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Barrieren, die umwelt- oder einstellungsbedingt sind. Das Ziel der Teilhabe in den verschiedensten Lebensbereichen wird ins Zentrum gestellt.
- Zudem wird es Verbesserungen beim Benachteiligungsverbot geben. Das bedeutet, wenn angemessene Vorkehrungen, wie Gebärdensprachdolmetscher, eine bauliche Veränderung oder die Bereitstellung einer barrierefreien PDF-Datei, für Menschen mit Behinderungen durch Träger der öffentlichen Gewalt versagt werden, gilt dies als Benachteiligung. Das BGG erkennt auch an, dass eine besondere Situation der Benachteiligung aus mehreren Gründen wie Behinderung und Geschlecht vorliegen kann. Davon werden insbesondere Frauen mit Behinderungen profizieren, die häufig mehrfache Diskriminierung erfahren.
- Innerhalb der Bundesverwaltung wird es bei der Barrierefreiheit in den Bereichen Bauen und Informationstechnik weiter vorangehen. Dazu gehört, dass nun nicht nur bei Neubauten, sondern auch in Bestandsbauten die Beseitigung von Barrieren beachtet werden muss. Diese zu beseitigenden Barrieren sollen bis 2021 von den Bundesbehörden dokumentiert werden. Zusätzlich zu den Internetauftritten der Bundesbehörden, die bereits seit 2002 barrierefrei sein müssen, wird dies nun auf das Intranet und die Vorgangsbearbeitung für Beschäftigte des Bundes ausgedehnt.
- Die Bundesbehörden sollen vermehrt Informationen in Leichter Sprache bereitstellen. Ab 2018 sollen sie Menschen mit geistigen Behinderungen Bescheide in Leichter Sprache kostenfrei erläutern.
- Zur Unterstützung der Umsetzung von Barrierefreiheit soll bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eine Bundesfachstelle eingerichtet werden, die die öffentliche Verwaltung, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft beim Abbau von Barrieren berät. Darüber hinaus soll die Wirksamkeit des BGG durch eine neue Schlichtungsstelle für Konflikte im öffentlich-rechtlichen Bereich, die bei der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen angesiedelt wird, gestärkt werden. Durch Schlichtungsverfahren können Menschen mit Behinderungen ihre Rechte zunächst außergerichtlich geltend machen. Ein solches Schlichtungsverfahren soll auch Verbandsklagen vorgeschaltet werden.
- Die Förderung der Partizipation der Verbände von Menschen mit Behinderungen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, vor allem von Selbsthilfeorganisationen, wird rechtlich verankert. Dafür stehen 2016 Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 Euro und 2017 1 Million Euro zur Verfügung. Gefördert werden unter bestimmten Voraussetzungen Kommunikationshilfen, Verbesserungen der technischen Infrastruktur und Fortbildungen.