Als 2013 ein Fabrikkomplex in Bangladesch einstürzte und über 1100 Menschen dabei ums Leben kamen, war die Erschütterung groß. Denn die Arbeiterinnen und Arbeiter produzierten in der Fabriken vor allem Kleidung für westliche Unternehmen, darunter auch einige deutsche Firmen. Im Zuge des Unglücks entstand eine Debatte über weltweite soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards für Produktion und Handel. Auf Drängen der SPD-Bundestagsfraktion wurde am Donnerstag im Bundestag ein Antrag der Koalitionsfraktionen zu diesem Thema debattiert. Eine Hauptforderung des Antrags: Stärkung und Umsetzung internationaler Vereinbarungen zu Arbeitsrechten und Arbeitsbedingungen.

Soziale Dimension globaler Wirtschaft

Produktions- und Lieferketten international tätiger Unternehmen sind zunehmend global verzweigt und durch internationale Arbeitsteilung gekennzeichnet. Auch Entwicklungs- und Schwellenländer profitieren von den steigenden Auslandsinvestitionen, eine starke lokale Wirtschaft sorgt für eine nachhaltige Entwicklung. Viele dort tätige internationale Unternehmen sind sich ihrer besonderen Verantwortung vor Ort bewusst und richten ihre Ziele freiwillig und aus eigenem Interesse auch nach sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Kriterien aus. Einige tun dies aber nicht, unter anderem um Kosten zu sparen. Diese Haltung führt unter anderem dazu, dass Arbeitsrechte und -bedingungen leiden, Lohndumping oder Zwangs- und Kinderarbeit können die Folge sein. Gabi Weber von der SPD-Fraktion stellte in ihrer Rede daher klar: „Globale Wirtschaft hat zuerst eine soziale Dimension“. Die Verantwortung zur Einhaltung international vereinbarter Konventionen, wie den ILO-Kernarbeitsnormen liegt, so stellt es der Antrag von SPD und CDU/CSU (Drs. 18/117) fest, gerade auch bei den Regierungen und Parlamenten der jeweiligen Länder.

Verantwortung der Unternehmen

Aus ihrer Verantwortung entlassen werden, können und sollen die Unternehmen jedoch nicht. Vor allem dann, wenn sie ihrer sozialen Verantwortung und Sorgfaltspflicht für ihre Lieferkette nicht ausreichend nachkommen. Im Fall der zusammengestürzten Fabriken in Bangladesch wurde ein von der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) verwalteter Fonds zur Entschädigung der Opfer eingerichtet. Insgesamt sollen in diesen Fonds 40 Millionen US-Dollar von den in den Fabriken produzierenden Firmen eingezahlt werden, 17,6 Millionen Dollar sind bisher erst eingegangen. Auch in Deutschland ansässige Firmen sind ihren Beitrag noch schuldig. Für Stefan Rebmann, stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit der SPD-Fraktion, ein unhaltbarer Zustand: „Hier ist der Weg der Freiwilligkeit zu Ende, hier muss nun auch die Regierung handeln.“ Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, hier Einfluss zu nehmen.

Um global gerechtere Produktion und Handel zu erreichen, wird die Bundesregierung weiterhin aufgefordert sich für die Stärkung der ILO einzusetzen sowie für den weltweiten Schutz des Streikrechts. Außerdem sollen internationale Sozialnormen in Handelsabkommen aufgenommen werden. SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe verwies zum Beispiel auf die laufenden Verhandlungen zu einem Abkommen mit Vietnam. Er forderte, dass in dem Handelsabkommen verbindlich gute Arbeitsbedingen verankert sein müssen. Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung auch auf zu prüfen, ob durch ein Textil-Siegel mehr Transparenz in der Lieferkette für Verbraucherinnen und Verbraucher erreichbar ist. Und mit Blick auf aktuelle Fälle wie dem Bau der Fußballstadien für die Weltmeisterschaft 2022 in Katar, wird gefordert, dass auch bei sportlichen Großveranstaltungen Arbeitsstandards eingehalten werden müssen. „Auch die Arbeiter auf den Baustellen in Katar haben ein Recht auf gute Arbeit“, stellte Hans-Joachim Schabedoth von der SPD-Fraktion in seiner Rede klar.

 

Johanna Agci