Im Jahr 2014 ist es ruhig geworden um die Krise in Europa. Dennoch ist die Arbeitslosigkeit in einigen Ländern der EU hoch, in vielen Ländern schwächelt die Wirtschaft deutlich. Der neue EU-Kommissionspräsident Juncker hat deshalb eine Investitionsinitiative von rund 300 Milliarden Euro angekündigt. Mittel der Europäischen Investitionsbank (EIB), EU-Garantien sowie weitere Beiträge sollen mithilfe privater und öffentlicher Investitionen auf diese Summe ge-bracht werden. Dafür soll der Europäische Fonds für strategische Investitionen EFSI gegründet werden mit einem Grundstock von 21 Milliarden Euro. Per so genannter Hebelung (Garantien etc.) soll die Summe auf eben diese 300 Milliarden Euro für 2015 bis 2017 erhöht werden. Davon sind mehr als zwei Drittel für langfristige Investitionen vorgesehen, ein erheblicher Teil aber auch für kleine und mittlere Unternehmen sowie für den Abbau von Investiti-onshemmnissen.

Am Donnerstagmorgen fand anlässlich des bevorstehenden Europäischen Rates in Brüssel eine Debatte mit einer Regierungserklärung von Kanzlerin Merkel (CDU) statt. Darin wies der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann auf die grundsätzliche Bedeutung Europas hin: „Die Europäische Union ist die Antwort auf ein Jahrhundert der Kriege zwischen den Nationen“. Seit Jahrzehnten sei „die EU die Friedensmacht in Europa“. Der Konflikt um die Ukraine und Russland zeige eindrücklich die Bedeutung Europas. Frieden komme nicht von selbst. Und deshalb, so fordert Oppermann: „Lassen Sie uns durch Taten einen gemeinsamen Aufbruch in Europa wagen“. So lasse sich den Nationalisten und Rassisten etwas entgegensetzen.

Mehr Wachstum in Europa

Er blieb beim Stichwort Aufbruch und forderte einen Aufbruch vor allem „im Kampf um Wohlstand und Wachstum in Europa“. Der Rat solle hier eine nachhaltige Strategie erstellen. Solide Finanzen seien Voraussetzung für eine nachhaltige Politik, aber: „Durch Sparen allein gelingt keine Wende zu mehr Wachstum“. Er verwies auf die Zinspolitik der EZB, die Sparer belaste und noch kein Wachstum erzeuge.

Nicht zuletzt deshalb sei das Investitionspaket von der EU-Kommission „ein ganz wichtiger Beitrag, um die in einigen Ländern notwendigen Reformen zu unterstützen“. Auch in Deutschland müsse wieder mehr investiert werden.

Ihn ärgert, dass offenbar immer noch viele Länder in Europa ein unfaires Geschäftsmodell mit Steuererleichterungen für internationale Konzerne betreiben. Oppermann: „Es kann nicht sein, dass die einfachen Leute extreme Einbußen tragen und die Reichen geschont werden“. Ebenso könne es nicht sein, dass die ehrlichen Mittelständler ihre Steuern zahlen, während die großen Konzerne ihre Gewinne dort versteuern, wo sie Sonderkonditionen kriegen. „Das muss die EU-Kommission jetzt vordinglich angehen“, bekräftigte Oppermann.

Alle Länder müssen Flüchtlinge aufnehmen

Die Flüchtlingspolitik war ein großer Themenbereich seiner Rede. Denn was in Europa im Umgang mit Flüchtlingen geschieht, sei kein Ruhmesblatt. Deshalb stellt der Fraktionschef klar: „Europa darf nicht wegschauen, wenn Menschen vor Krieg und Terror flüchten“. Alle EU-Länder müssten sich nach einem fairen Schlüssel an der Aufnahme beteiligen.

Und denjenigen, die in Dresden und anderswo demonstrieren, müsse man erklären, „dass wir eine humanitäre Verpflichtung haben gegenüber Menschen, die mit knapper Not ihr Leben und das Leben ihrer Kinder gerettet haben.“ Zudem habe Deutschland wie kaum ein anderes Land auf der Welt ein ökonomisches Interesse an Einwanderung. Oppermann postuliert: „Ohne qualifizierte Einwanderer laufen wir in ein wirtschaftliches Desaster“. Und deshalb brauchen wir "eine Willkommenskultur“. Das sei Aufgabe der gesamten Bundesregierung und des gesamten Deutschen Bundestages.

Um den Menschen ihre Ängste zu nehmen, müssten die Politikerinnen und Politiker argumentieren, differenzieren, informieren, aufklären. Oppermann mahnt, man dürfe nicht zulassen, dass die so genannte Pegida-Bewegung das Feindbild des Islamischen Staates auf die Flüchtlinge überträgt. Die Drahtzieher von Pegida gelte es zu bekämpfen, das seien Nationalisten und Rassisten, die die Ängste von Menschen schüren wollen; mit den Mitläufern aber müsse man reden. Denn mit Rechtsextremen zu demonstrieren sei „ein Problem“.

Dank für das Engagement der Ehrenamtlichen

Thomas Oppermann forderte in seiner Rede, insbesondere diejenigen sichtbar zu machen, die sich für die Flüchtlinge engagieren. Darum dankte er der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, dass sie an diesem Donnerstag, dem Internationalen Tag der Migranten, Menschen aus dem ganzen Land zum Dank für ihr Engagement ins Auswärtige Amt eingeladen hat.

Für den SPD-Abgeordneten Oppermann steht außer Frage: „Nicht wer am lautesten schreit, ist im Recht, sondern diejenigen, die helfen, mit anpacken, solidarisch sind. Das ist die demokratische Mitte unserer Gesellschaft“.

SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer machte darauf aufmerksam, dass es in diesem Jahr erst-mals so war, dass das EU-Parlament einen EU-Kommissionspräsidenten gewählt hat. Das sei ein großer demokratischer Erfolg. Ebenso ein Erfolg für Europa sei, dass alle Mitgliedstaaten sich einig seien, dass es zu keiner militärischen Lösung im Ukraine-Konflikt kommen dürfe.

Alexander Linden