Da ist zum Beispiel ganz aktuell der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Er hat die Aufsicht über den Nachrichtendienst Bundesamt für Verfassungsschutz und auch über das Bundeskriminalamt. Doch mit Blick auf die Skandale bei der Aufklärung zur Terrorzelle NSU hat der Minister offenbar die Kontrolle über die Sicherheitsarchitektur Deutschlands verloren. In blindem Aktionismus feuerte er den Chef der Bundespolizei – ohne Angabe von Gründen. Die Stellvertreter entband er von ihren Aufgaben, die neuen Mitarbeiter stammen aus seinem Ministerium. „Skandalös und stillos“ empfand das die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Christine Lambrecht. Und Frank-Walter Steinmeier forderte den Minister auf, im Innenausschus des Bundestages „Rede und Antwort“ zu stehen. Da scheint ein unsicherer Ressortchef nur noch alte Vertraute um sich haben zu wollen.

Der Strategie, kurzerhand Bauernopfer zu präsentieren, bediente sich auch der Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Als er drohte, über den Bombenskandal von Kunduz zu stolpern, entließ er kurzerhand seinen Staatssekretär Peter Wichert und drängte Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn zum Rücktritt. Beiden warf er vor, nicht ehrlich gewesen zu sein. Später stellte sich heraus, dass es wohl Guttenberg selbst war, der nicht ehrlich war. Was als Führungsstärke rüberkommen sollte, war in Wahrheit eine furchtsame Charakterschwäche.

Ramsauer versorgt Parteifreunde

Sein Parteifreund, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, wurde ebenfalls auffällig in Sachen Personal. In aller Stille hat er das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu einer Hochburg der CSU umbauen lassen. Und während er bei der Bahn-Reform etwa kaum vorankommt, besetzte er die Spitzen des Hauses fast vollständig mit Getreuen – bis hin zu Unterabteilungsleitern, die eigentlich auch bei einem Regierungswechsel nicht einfach so auswechselbar sind.

Eine ehemalige Mitarbeiterin von Hans-Peter Friedrich wurde bei Ramsauer in Windeseile Unterabteilungsleiterin, genau wie ein anderer langjähriger Zuarbeiter. Geschützt wurde anscheinend auch der Ehemann einer ehemaligen Mitarbeiterin von Michel Glos und Karl-Theordor zu Guttenberg (beide CSU). Er wurde bei Ramsauer sehr schnell Regierungsrat. So geht das noch bei etlichen Personen weiter. Der „Spiegel“ schreibt in dem Artikel „Begehrte Beute“ (Heft 5/2012), dass Ramsauer offenbar sogar beim Personalrat strategisch gearbeitet hat, in dem er Arbeitsverhältnisse verlängerte und Prämien ausgab. Sören Bartol, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, stellt klar: „Auch früher sind Leute mit Parteibuch ins Ministerium geholt worden. Das war aber in keiner Weise vergleichbar mit der Art, wie Ramsauer das Haus auf Linie bringt.“

Niebel kämpft gegen eigenen Personalrat

Beinahe noch drastischer geht Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) vor, der Mann der sich vom Geheimdienst BND einen privaten Teppich aus Afghanistan herfliegen ließ. Den Liberalen droht die politische Bedeutungslosigkeit. Unzählige Stellen sind deshalb im Entwicklungsministerium geschaffen worden, hochdotierte Beamtenposten, um treue Anhänger schnell noch zu versorgen. Er schuf beispielsweise die neue Abteilung „Planung und Kommunikation“. Mit dem Personalrat liefert sich Niebel einen unsittlichen Machtkampf. Niebel will das Mitspracherecht der Arbeitnehmervertreter massiv beschneiden in Bezug auf Personaleinstellungen. Der Personalrat wirft ihm vor, insbesondere Spitzenposten und neu geschaffene Stellen nicht nach Qualifikation, sondern nach Parteifreundschaften zu vergeben. Selbst Kollegen aus der Unionsfraktion ging das laut „Spiegel“ zu weit, die Rede war von „Cliquenwirtschaft in der FDP“.

Deutliches Zeichen für solch eine Cliquenwirtschaft war auch die umstrittene Einstellung von Gabriela Büssemaker, ehemalige Oberbürgermeisterin des baden-württembergischen Ettlingen und FDP-Politikerin. Büssemaker, zuvor aufgefallen durch den Verdacht auf Vorteilsnahme bei einer von Eon bezahlten Reise und Streitereien mit ihrem Ex-Vizebürgermeister, plauderte in einem Interview lange vor ihrer Einstellung über ihren neuen Job. Das ist ganz offensichtlich ein Zeichen, dass das Auswahlverfahren für ihrer Stelle eine Farce war; von Anfang an stand die FDP-Frau wohl für die im Übrigen neu geschaffene Servicestelle "Engagement Global" fest.

Personalkungeleien im Wirtschaftsministerium

Im „Spiegel“-Artikel „Karriere in Gelb“, (Heft Nr. 47/2012) ist auch die Rede von Personalkungeleien im Hause des FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler. Spitzenposten würden im Bundeswirtschaftsministerium „systematisch mit externen Kandidaten“ besetzt. Die Personalratschefin schrieb einen Beschwerdebrief an Rösler. Es geht anscheinend um mehr als ein Dutzend Stellen.

"LobbyControl" berichtet, dass die Bundesregierung trotz Kritik weiterhin Lobbyisten in Ministerien arbeiten lasse. Besonders brisant sind demnach zwei Mitarbeiter des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), die im Auswärtigen Amt und im Entwicklungsministerium eingesetzt werden. Medien berichteten zudem, dass das Gesundheits- und das Entwicklungshilfeministerium zwei Mitarbeiter des Verbands der Ersatzkassen und einen des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) monatelang als Externe eingesetzt hätten. Alle diese Ministerien sind übrigens FDP-geführt.

Im Bundesumweltministerium sitzen anscheinend ebenfalls Lobbyisten, etwa ein Abteilungsleiter im Bereich der Reaktorsicherheit, der zuvor pikanterweise für die Atomlobby gearbeitet haben soll.

Von der Leyen: kalte Perfektionistin

Es gibt bei den schwarz-gelben Regierungsmitgliedern aber auch eine ganz andere Tendenz, als nur Parteifreunde zu fördern – Mitarbeiter schlecht zu behandeln. So schrieb der „Spiegel“ unter der vielsagenden Überschrift „Unter Freundinnen“ (Heft 22/2011), dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ihre Chefin als kalte Perfektionistin erlebten, die Kolleginnen wie Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und Beamte trieze. Da wird Führungsfiguren das Wort in Konferenzen abgeschnitten und ihnen ein Wechsel nahegelegt. Einer Abteilungsleiterin wurden Zuständigkeiten vorenthalten; mehrere Redenschreiber verließen beinahe fluchtartig das Ministerium. Sogar Chauffeure beklagten sich dem Bericht zufolge beim Personalrat über Schikane. Das alles ist vor allem deshalb so scheinheilig, weil von der Leyen sich selbst ein Image verliehen hat, das sie zu einer sympathischen, offen und gütig-verständnisvollen Frau stilisieren soll, samt gigantischem Familienanhang.

Doch schon ihre inneren Grabenkämpfe mit der überforderten Kollegin Kristina Schröder zeigen ein anderes Bild von der Leyens: eine machtfixierte Frau, die es offenbar nicht erträgt, wenn andere neben ihr zu groß werden.

Schröder feuert Gleichstellungsbeauftragte

Kristina Schröder ist allerdings auch kein Ausbund an Güte und keine Vorzeige-Chefin. Völlig überraschend warf sie zum Beispiel ihre Abteilungsleiterin für Gleichstellung, Eva Maria Welskop-Deffaa hinaus. Die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese wollte von Schröder wissen, aus welchen fachlichen oder politischen Gründen die Demission erfolgte und welche Kosten durch die vorzeitigen Ruhestandsbezüge und die Nachbesetzung der Stelle entstanden sind. Die Antwort? „Die Entscheidung wurde nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens getroffen.“ Zu den übrigen Fragen gab es keine Antworten aus dem Ministerium.

Kerstin Griese sagt: „Hier geht es offensichtlich um politische Richtungsentscheidungen“. Für Griese ist klar, dass Schröder den Bedeutungsgewinn des Familienministeriums unter den Ministerinnen Renate Schmidt und Ursula von der Leyen konterkarieren will. Dabei habe ihr Welskop-Deffaa im Weg gestanden. „Die Tatsache, dass Schröder nicht nur Familienministerin ist, sondern auch Frauenministerin scheint ihr geradezu peinlich zu sein“, konstatiert Griese.

Hinter der Entscheidung steht vermutlich die Haltung von Welskop-Deffaa zur festen Frauenquote: Sie war dafür, Schröder dagegen. Die glücklose Ministerin will augenscheinlich ihr Haus auf Linie bringen. Kritik kam selbst aus der Union. Und 1600 Frauenbeauftragte der deutschen Kommunen schrieben Bundeskanzlerin Merkel einen Brandbrief und beklagten „das bestürzende Signal“. Welskop-Deffaa sei äußerst kompetent gewesen. Die Entlassungsaffäre reiht sich nahtlos ein in die Kette fragwürdiger Entscheidungen der erfolglosen Ministerin. Denn mit eigenen Initiativen konnte sie sich kaum durchsetzen, zumal sie eine Haltung zumeist nur vorschiebt, in Wirklichkeit gerierte sie sich mehr als einmal wankelmütig (Stichwort Betreuungsgeld)

Schäuble demütigt seinen Sprecher

Die Krone der unbeliebten Chefs hat aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf. Schäuble sorgte mit der Demütigung seines ehemaligen Pressesprechers  Michael Offer für einen Klickrenner auf der Plattform youtube – muss man sich mal vorstellen.

Weil der als sehr fähig geltende Offer Zahlen zur Steuerschätzung nicht rechtzeitig an Journalisten verteilen konnte, rüffelte Schäuble den Mann vor versammelter Journaille mit kaum zu überbietendem Spott. Als Offer erklären wollte, warum die Zahlen noch nicht da waren, zischte Schäuble: „Herr Offer, reden Sie nicht, sorgen Sie dafür, dass die Zahlen jetzt verteilt werden!“ Schäuble machte eine halbe Stunde später weiter, sprach von einem „Scherbenhaufen“, den Offer genießen solle und stellte seinen Mitarbeiter vor der Haupstadtpresse bloß. Offer kündigte entsetzt seinen Rücktritt an. Das zynische Verhalten sorgte auch bei Medienvertretern für Kopfschütteln. Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: „So geht man mit Schutzbefohlenen nicht um. Es offenbart einen schlechten Stil, Mitarbeiter derart bloßzustellen“. Der Finanzminister zeige damit nur, „wie frustriert er ist“. Auch Koalitionspolitiker echauffierten sich über das Verhalten Schäubles.

Eine illustre Runde ist das, die Kanzlerin Angela Merkel dort vereint hat. Merkel selbst übrigens hat zu all dem wie immer geschwiegen.

 

http://carta.info/46810/minister-und-die-soziale-kompetenz/