Die rechtsextremistische Terrorgruppe, die sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) nannte, hat über viele Jahre hinweg eine Schneise rassistischen Hasses und der Gewalt durch Deutschland gezogen. Nicht zuletzt der rechtsextreme Terror des NSU hat uns vor Augen geführt, dass der Verfassungsschutz in der Lage sein muss, verfassungsfeindliche Tendenzen einschließlich ihrer Gewaltorientierung frühzeitig zu erkennen.

Deutschland braucht einen Verfassungsschutz, der als politisches und gesellschaftliches Frühwarnsystem funktioniert.

Die Ergebnisse des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages haben gezeigt, dass der Verfassungsschutz umfassend und mit dem Ziel reformiert werden muss, jede Form von Extremismus in unserem Lande entschlossen zu bekämpfen. Im Koalitionsvertrag haben die Sozialdemokraten vereinbart, die Empfehlungen in dieser Legislaturperiode umzusetzen.

Einige Änderungen hat es bereits gegeben: Im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) etwa wurde ein behördeninterner Reformprozess begonnen, Bund und Länder haben sich auf eine gemeinsame V-Personen-Datei geeinigt. Eine der ersten Konsequenzen der NSU-Mordserie war die Einrichtung des Abwehrzentrums Rechtsextremismus (GAR).

Die in dem Papier von SPD-Fraktionsvizin Eva Högl und dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Burkhard Lischka vorgestellten Verbesserungsmaßnahmen umfassen unter anderem:

  • Der Verfassungsschutz soll als Partner in der Demokratie und als präventiv orientierter Informationsgeber seine Tätigkeit und seine Arbeitsschwerpunkte regelmäßig überprüfen und an gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen anpassen. Die Phasen der Entscheidung über die Beobachtung einer Gruppierung sollten im Gesetz transparent gemacht werden durch gesetzliche Regelungen der Entscheidungsabläufe.
  • Ebenso ist gesetzlich zu regeln, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in allen Phasen neben den be- auch die entlastenden Momente, die gegen eine Einstufung als Beobachtungsobjekt sprechen, zu recherchieren und zu dokumentieren haben.
  • Zum einen muss das BfV die Möglichkeit erhalten, im Bereich des gewaltbezogenen Extremismus immer auch eigene Maßnahmen in den Ländern zu ergreifen, selbstverständlich im Benehmen mit den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz. Zum anderen muss es dem BfV gesetzlich ermöglicht werden, in Einzelfällen die Koordinierung der Informationsbeschaffung und die zentrale Auswertung an sich zu ziehen.
  • Relevante Informationen, insbesondere Erkenntnisse zu schwerwiegenden Straftaten, müssen verpflichtend mit anderen Behörden, insbesondere der Polizei, ausgetauscht werden, allerdings unter strengen Voraussetzungen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.
  • Einsätze von V-Personen dürfen nicht mehr allein auf der Grundlage untergesetzlicher, behördeninterner und geheimer Regelungen erfolgen.
  • Ihr Einsatz muss vielmehr rechtsstaatlich einwandfrei ausgestaltet sein. Hierfür müssen eindeutige gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. Es muss klar sein, wer angeworben werden kann und wer nicht. Es muss festgeschrieben werden, inwiefern einschlägige Vorstrafen oder laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren einer Anwerbung als V-Person entgegenstehen.
  • Es bedarf zudem klarer Vorgaben hinsichtlich der Personalauswahl für die V-Personen-Führung (Vier-Augen-Prinzip) und hinsichtlich der Einsatz-Dauer der V-Personen-Führer (Rotation).
  • Ein Zuwachs an Kompetenzen des BfV bedarf als Korrektiv unbedingt einer verbesserten externen Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium, die G-10-Kommission, die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) und den behördlichen Datenschutzbeauftragten.
  • Der Verfassungsschutz muss einer effektiveren parlamentarischen Kontrolle unterstellt werden. Die Kontrolle sollte unmittelbar beim Deutschen Bundestag und damit im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) verbleiben, dessen Arbeit gestärkt werden muss.
  • Der Verfassungsschutz muss sich schließlich stärker gegenüber der Gesellschaft öffnen. Ein ständiger Dialog ist erforderlich. Durch Aufklärung vor Ort, also in den Städten und Gemeinden, sowie durch offensive Öffentlichkeitsarbeit muss er sein Fachwissen über extremistische Bestrebungen und deren gesellschaftliche Bekämpfung erkennbar und nutzbar machen.

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die beim BfV vorgenommene Personal- und Sachmittelaufstockung. Die ist im Hinblick auf die Stärkung der Zentralstellenfunktion und einer Verbesserung der Kooperation zwischen den Behörden sinnvoll und muss auch in Zukunft regelmäßig angepasst werden.

Das Papier ist diesem Artikel angehängt und hier herunterladbar.