An diesem Donnerstag hat der Bundestag in einer Aussprache erstmals die „neue Hightech-Strategie“ der Bundesregierung (Drucksache 18/2497) diskutiert, die das künftige Leitbild für ein innovatives Deutschland entwirft.

Ambitioniertes Ziel der novellierten Hightech-Strategie ist es, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und weltweit führend im Bereich Innovationen zu werden. Politiker/-innen, Wissenschaftler/-innen, Unternehmer/-innen und Gewerkschaften sowie Verbände und Stiftungen auf kommunaler, nationaler oder europäischer Ebene sollen sich an diesen Leitlinien orientieren können.

Um Deutschlands Spitzenplatz im Bereich Wissenschaft und Forschung auszubauen, sollen noch in diesem Jahr 11 Milliarden Euro investiert werden. Insgesamt konzentriert sich die neue Hightech-Strategie auf sechs ressortübergreifende Aktionsfelder: digitale Wirtschaft und Gesellschaft, nachhaltiges Wirtschaften und Energie, innovative Arbeitswelt, gesundes Leben, intelligente Mobilität sowie zivile Sicherheit.

Der Mensch nun stärker im Mittelpunkt der Innovationsforschung

Dank der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sei es im Rahmen der Neuausrichtung der Hightech- und Innovationsstrategie zu einer wichtigen Akzentverschiebung gekommen, betonte René Röspel, zuständiger Berichterstatter und stellvertretender forschungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, „weg von einer technologieorientierten Förderung hin zu einer ganzheitlichen Innovationsstrategie“. Bei der Energiewende, so Röspel, sei beispielsweise lange zu sehr auf die technische Seite des Wandels geschaut worden und man habe dabei die gesellschaftliche und politische Dimension vernachlässigt. Das sei nun anders. Nun habe man hier das ehrgeizige Ziel formuliert, Deutschland zu einem internationalen Modell für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Spitzenreiter grüner Technologien zu machen.

Röspels Fraktionskollegin Gabriele Katzmarek, Mitglied der AG Weltpolitik, betonte: „Deutschland ist in nahezu allen internationalen Rankings, die sich mit Innovationsfähigkeit beschäftigen, zu Recht in Spitzenpositionen“ und diese wolle man behalten. Demografie und Klimawandel, nachhaltige Energie- und Rohstoffversorgung, ein zuverlässiges Gesundheitssystem, soziale Gerechtigkeit, das seien die großen Herausforderungen unserer Zeit, die nur mit Innovationen zu bewältigen seien. Neben technischen Innovationen werden daher auch soziale Innovationen in den Blick genommen.

Beide SPD-Abgeordnete begrüßten es daher, dass „der Mensch“ in der neuen Hightech-Strategie nun insgesamt stärker „im Mittelpunkt der Innovationsförderung“ stehe. Das zeige beispielsweise die Einführung eines zusammengehörigen zentralen Themenfeldes „innovative Arbeitswelt“, denn es gehe der SPD-Fraktion immer um Wertschöpfung und Lebensqualität.

Daher werde auch die Arbeitsforschung künftig stärker als bislang gefördert, so Röspel. Denn „wir wollen, dass Menschen lange, gesund und zufrieden arbeiten können und auf neue Situationen im digitalen Zeitalter eingestellt werden“.

    Rede von René Röspel im Deutschen Bundestag (04.12.2014):    

Ein attraktiver Wissenschaftsstandort stellt sich der Digitalisierung

Der Bundestagsdebatte lagen auch zwei weitere Unterrichtungen durch die Bundesregierung zugrunde: Ein Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (kurz EFI), das Ende Februar 2014 der Bundesregierung übergeben wurde (Drs. 18/760 neu) sowie der „Bundesbericht Forschung und Innovation 2014“ (Drs. 18/1510), der einen Überblick über die Forschungslandschaft und Innovationskraft Deutschlands im internationalen Kontext gibt.

Das Gesamtfazit ist gut, Deutschland Magnet für Wissenschaftlicher/-innen aus der ganzen Welt. Aber das EFI-Gutachten zeige auch, „wo Licht und Schatten ist und wo noch Aufgaben zu bewältigen sind“, so SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Dennoch stellte er im Plenum klar: „Wir haben in dieser Großen Koalition in einem Jahr im Bereich Bildung und Forschung mehr auf den Weg gebracht, als in den vier Jahren zuvor erreicht wurde. Darauf bin ich stolz.“ Finanziell wie konzeptionell sei man mit der Hightech-Strategie auf einem guten Weg, so Heil. Gerade weil für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissenschaftlicher und technischer Fortschritt zusammengehörten mit sozialem Fortschritt, zeigte sich Heil zuversichtlich, dass die neue Hightech-Strategie nicht nur dazu beitragen werde, "dass unser Land erfolgreich bleibt“, sondern auch Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. Dafür müssten jedoch vor allem vier große Fragen geklärt werden, so Heil:

  1. Was können wir tun, um den demografischen Wandel mit technischem Fortschritt in Deutschland positiv zu begleiten?
  2. Was können wir tun, um zu erreichen, dass aus der zunehmenden Digitalisierung Positives wird, etwa wenn es um Datensicherheit geht?
  3. Was heißt „Arbeit 4.0“? Welche Qualifikationsanforderungen brauchen wir in dieser neuen Welt, bei dieser industriellen Revolution?
  4. Wie kann technischer, naturwissenschaftlicher und wissenschaftlicher Fortschritt dabei mithelfen, mit Mitteln der Industriegesellschaft Probleme zu lösen, die aus der Industriegesellschaft entstanden sind: ökologische Probleme, die Knappheit von Ressourcen, der Klimaschutz?

In der Konsequenz könnte man zum Beispiel durch den Export nachhaltiger deutscher Produkte, Verfahren und Dienstleistungen nicht nur die eigene Wirtschaft stärken, sondern mit deutscher Forschung und Anwendung auch einen Beitrag dazu leisten, ökologischere, wirkungsvollere Verfahren auf der Welt zu etablieren – und damit letztendlich auch bei der Begegnung größerer „Menschheitsprobleme“ zu unterstützen.

„Eine Vorwärtsstrategie“ mit Blick für intelligente Effizienzsteigerung

Mit dieser „Ausstrahlkraft“ Deutschlands auf Europa und sämtliche Länder, in die Deutschland Güter exportiert, rechnet auch Rainer Spiering, der die SPD-Fraktion ebenfalls als Abgeordneter im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vertritt.

Spiering lobte die neue Hightech-Strategie als „Vorwärtsstrategie“ und „kluge Gesamtkonzeption“ – mit einem „sehr vernünftigen Ansatz, weil sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse dieses Landes ressourcenübergreifend bündelt“. Die Strategie greife die derzeitige Situation in Deutschland auf und zeige die Ziele auf, „die wir erreichen wollen“.

Als Beispiel lenkte Spiering den Blick auf einen Teilbereich der deutschen Wirtschaft, der eine solche „Vorwärtsstrategie“ bereits mit einer „extrem guten Erfolgsquote“ praktiziere: die Landmaschinentechnik. Der Bereich verdeutliche, „was Effizienzsteigerung bedeutet“. So stecke in einem modernen Schlepper bereits heute in der Getriebe- und Motortechnik „ganz viel geistige Intelligenz“, die bereits zeige, „welches Maß an Digitalisierung in Deutschland heute möglich ist“. Und der Landmaschinenbereich erwirtschafte bereits einen Umsatz von ungefähr 8,5 Milliarden Euro – bei einer Exportquote von weit über 70 Prozent.

Auch die Entwicklung der Kohleverstromung in den letzten 30, 40 Jahren weise eine unglaubliche Effizienzsteigerung auf, so Spiering. „Bevor ich einen fossilen Brennstoff völlig verloren gebe, lohnt es sich, wie ich finde, im Rahmen der Hightech-Strategie darüber nachzudenken, ob man die Effizienz der Kohleverstromung nicht noch deutlich weiter steigern kann.“

Die Drucksachen werden nun in mehreren Ausschüssen gemeinsam von Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen beraten.

Jasmin Hihat