Die Koalition hat sich auf Druck der SPD-Bundestagsfraktion auf ein gemeinsames Vorgehen angesichts des Anschlags in Kabul mit 90 Toten und 460 Verletzten geeinigt. Die Sicherheitslage in Afghanistan wird bis Juli dieses Jahres neu bewertet. Bis dahin werden mit Ausnahme von Schwerkriminellen und Terrorverdächtigen vorerst keine Afghanen mehr von Deutschland aus in ihre Heimat abgeschoben.
Die SPD-Bundestagsfraktion stimmte am Donnerstagabend in einer Sondersitzung einem entsprechenden Antrag zu. Darin heißt es: "Bis zur Vorlage einer neuen Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes und bis zur vollen Funktionsfähigkeit der deutschen Botschaft in Kabul bleibt es nur noch bei der Förderung der Freiwilligen Rückkehr sowie der Abschiebung von Straftätern und Gefährdern auf der Basis einer Einzelfallprüfung. Dies gilt auch für diejenigen Ausreisepflichtigen, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern."
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte nach der Sondersitzung, die Lage in Afghanistan durch den Anschlag sei so gravierend, dass die Situation überdacht werden müsse. "Die Bundesregierung muss die Sicherheitslage neu analysieren und bewerten und erst auf der Grundlage kann über weitere Abschiebungen entschieden werden."
Die CDU/CSU-Fraktion wollte dagegen zunächst am Status Quo festhalten, stimmte aber dann ebenfalls zu.
Von Deutschland aus kehrten im vergangenen Jahr 3300 Afghanen freiwillig in ihre Heimat zurück. Zudem gab es 67 Abschiebungen. In diesem Jahr liegt die Zahl nach Angaben der Behörden bei etwas mehr als 100. Nach dem aktuellen Lagebild des Auswärtigen Amtes über die Situation in Afghanistan sind Rückführungen möglich. Das war insoweit maßgeblich für die bisherigen Maßnahmen.