Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher;
Mechthild Rawert, zuständige Berichterstatterin:

Mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wird die Autonomie von Menschen, die im Alltag Unterstützung benötigen, gestärkt. Neben Modernisierungen im Vormundschaftsrecht werden im Betreuungsrecht viele langjährige Forderungen für mehr Selbstbestimmung endlich umgesetzt. Maßstab hierfür sind Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention und unser Grundgesetz.

„Es ist gut, richtig und überfällig, dass der Wunsch der betreuten Menschen in jeder Hinsicht Richtschnur für das Handeln der Betreuerin und des Betreuers ist. Das stärkt die Selbstbestimmung der Betroffenen. Weg von stellvertretendem und ersetzendem Handeln durch Betreuerinnen und Betreuer, hin zur unterstützten Entscheidungsfindung.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich im parlamentarischen Verfahren weiter stark machen für gute Rahmenbedingungen zur tatsächlichen Umsetzung dieses Selbstbestimmungsrecht betreuter Menschen: u.a. durch eine Verkürzung der Prüfungsintervalle, ob die Betreuung überhaupt noch notwendig ist; durch die qualitätsorientiere Stärkung des Ehrenamtes für alle; durch Anbindung in besser ausgestattete Betreuungsvereine; durch mehr Professionalisierung; durch mehr Modellprojekte zur Entwicklung passgenauer Modelle der unterstützten Kommunikation; durch die Einrichtung unabhängiger Beratungs- und Beschwerdestellen. Empowernde und sozialrechtliche Hilfen sollen immer Vorrang vor rechtlicher Betreuung haben. Das erfordert entsprechende Ressourcen.

Rechtliche Betreuung betrifft viele Menschen. So wurden im Jahr 2015 für rund 1,25 Millionen Personen Betreuungen geführt. Das entsprach etwa 1,8 Prozent der Bevölkerung über 18 Jahren. Es betrifft Menschen in allen Lebenslagen: solche  die etwa aufgrund einer Demenz Hilfe benötigen, Menschen mit Behinderungen oder auch mit psychischen Erkrankungen.

Viel Kritik gibt es hingegen an dem im Regierungsentwurf enthaltenen Notvertretungsrecht für Ehegatten. Dieses sieht vor, dass sich Ehegatten, die keine Vorsorgevollmacht unterzeichnet haben, untereinander nicht nur in Angelegenheiten der Gesundheitssorge, sondern auch in den damit zusammenhängenden vermögensrechtlichen Angelegenheiten für drei Monate vertreten können. Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt diese Kritik sehr ernst und wird im parlamentarischen Verfahren prüfen, inwiefern hier Änderungsbedarf besteht.“