Was ging Dir durch den Kopf als klar war, dass Du für Carsten Sieling in den Bundestag nachrückst?
Ich habe mich riesig gefreut. Bundestagsabgeordnete für Bremen – das ist ein Traumjob. So richtig real ist das im Alltag allerdings erst nach und nach geworden. Denn nach der Bremer Bürgerschaftswahl standen ja direkt die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen an, in die ich als stellvertretende Landesvorsitzende stark involviert war. Die sehr guten Ergebnisse kann ich allerdings nicht mehr mit umsetzen. Da kam dann zu der Vorfreude doch auch eine Portion Wehmut.

Du bist Diplom-Politologin, stellvertretende SPD-Landesvorsitzende, warst Juso-Landesvorsitzende und Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Politik scheint Dein Wunsch-Berufsfeld zu sein?
Ich mache gerne Politik und habe mich seit der Jugend für politische und gesellschaftliche Zusammenhänge interessiert. Das war ja auch der Grund, warum ich Politikwissenschaften studiert habe. Aber ich hatte nie geplant Politik zum Beruf zu machen. Nach dem Studium arbeitete ich zwei Jahre als Koordinatorin vor Ort in der sozialen Stadtteilentwicklung. Erst in dieser Zeit reifte der Entschluss, für die Bremische Bürgerschaft zu kandidieren. Es hat mich gereizt, Politik aktiv mitzugestalten.

Wie war Dein Eindruck nach den ersten Zusammentreffen mit den anderen SPD-Bundestagsabgeordneten? Wie waren die ersten Fraktionssitzungen?
Ich habe mich gut aufgenommen gefühlt. Und ich fand es toll, wie viele Abgeordnete mir direkt ihre Unterstützung angeboten haben. Es war ja ein echter Schnellstart: Mittwoch habe ich in Bremen noch den Senat gewählt und Freitag saß ich im Bundestag und habe über die Hilfen für Griechenland abgestimmt. Hier ist alles eine Nummer größer als in der Bremischen Bürgerschaft, aber viele Abläufe sind doch ähnlich.

Wie willst Du Dein „neues Leben“ zwischen Berlin und Bremen gestalten?
Bremen bleibt mein Lebensmittelpunkt. Zum einen, weil ich so oft wie möglich vor Ort im Kontakt mit den Menschen sein möchte. Denn ich will in Berlin Politik für Bremen machen. Zum anderen, weil mein Lebensgefährte und meine besten Freunde hier leben. Vor allem in den Sitzungswochen werde ich natürlich in Berlin sein. Nach dem Urlaub suche ich mir als erstes eine eigene Wohnung. Ich bin sehr gespannt auf das Leben in Berlin.

Ergänze bitte den Satz: Ich bin Sozialdemokratin, weil…
...noch viel zu tun ist, bis wir eine Gesellschaft haben, in der die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verwirklicht sind.

Welcher Politikbereich interessiert Dich besonders? In welchem Bundestagsausschuss und in welcher Fraktionsarbeitsgruppe würdest Du gern mitarbeiten?
Ich möchte gerne in den Finanzausschuss. Zum einen sind die Frage der zukünftigen Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzen und eine stabile Finanzausstattung der öffentlichen Hand für Bremen existenziell wichtig. Zum anderen werden in diesem
Ausschuss auch Themen des finanziellen Verbraucherschutzes behandelt. In diesem Bereich habe ich mich als verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion stark engagiert. Das möchte ich gerne fortsetzen und deshalb auch in der AG Recht und Verbraucherschutz mitarbeiten. Wichtig sind mir auch die Themen soziale Stadtentwicklung und Arbeitsmarktpolitik. Für Bremen sind hier die Bundesprogramme von großer Bedeutung, um der sozialen Spaltung entgegenwirken zu können.

Hast Du Dir schon konkrete Ziele für Deine erste Wahlperiode vorgenommen? Was willst Du für dein Bundesland Bremen und für Deutschland bewegen?
Für Bremen hat die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen oberste Priorität. Wir brauchen ab 2020, wenn die Schuldenbremse greift, weiter Finanzhilfen, um die Zinslast bewältigen zu können. Das gilt natürlich auch für andere Kommunen und Bundesländer. Es geht um die Handlungsfähigkeit und um politische Gestaltungsspielräume. Denn diese sind notwendig, um ein anderes Thema anzugehen, das mir sehr wichtig ist: Es gilt, Menschen wieder für Politik zu interessieren, gerade mit Blick auf die stetig sinkende Wahlbeteiligung. Und da reicht es nicht mit der schwarzen Null zu glänzen. Da braucht es konkrete Teilhabe in den Stadtteilen vor Ort und spürbare Verbesserungen für die Menschen, etwa in den Kitas und Schulen.

Herzlichen Dank für das Interview, Sarah, und alles Gute für Deinen Start im Bundestag!

 

Das Interview führte Jasmin Hihat.