Markus Töns, europapolitischer Sprecher:
Teile des Pakets der Kommission für die EU-Finanzperiode ab 2028 sind eine ordentliche Grundlage für die Verhandlungen. Zurecht orientiert sich die Ausgabenseite des Vorschlags nicht zuerst am Status quo. Andere Elemente hingegen sind enttäuschend. Insbesondere bei den Einnahmen bleiben viele Antworten im gestrigen Vorschlag aus.
„Auf der Ausgabenseite ist grundsätzlich die Ausrichtung an Wettbewerbsfähigkeit das richtige Leitmotiv. Den neuen eigenständigen Wettbewerbsfähigkeitsfonds begrüßen wir. Ebenso die Idee hinter der Zusammenlegung von bisherigen Instrumenten und Fonds in nationale und regionale Partnerschaftspläne. Sie versprechen mehr Geschwindigkeit und Wirksamkeit. Dies darf aber nicht zulasten der in den Verträgen vereinbarten Aufgaben wie der Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts gehen. Die Kommission will dem mit detaillierten inhaltlichen Vorgaben Rechnung tragen.
Die Europäische Union (EU) soll zurecht neue Aufgaben übernehmen, etwa im Bereich der Verteidigung. Die einzige Antwort der Kommission darauf ist der reale Anstieg des Finanzvolumens. Der unangenehmen Pflicht, Ausgaben zu priorisieren, ist sie jedoch aus dem Weg gegangen. Sie macht es sich damit zu einfach. Gerade bei den traditionellen Ausgaben wie etwa dem Agrarbereich wird das Volumen nicht hinterfragt.
Auf der Einnahmenseite hätte die Kommission mutiger sein sollen. Allein die Abgabe für große Unternehmen bringt echte Zusatzeinnahmen. Er ist richtig, sie zur Finanzierung des Binnenmarkts heranzuziehen. Die Internetriesen profitieren in besonderem Maße von ihm. Deshalb wäre eine Digitalabgabe eine sinnvolle europäische Einnahmequelle gewesen. Aber wie im Zollstreit scheint Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Konflikt mit den USA aus dem Weg gehen zu wollen. Die anderen vier der fünf vorgeschlagenen Eigenmittel erschließen keine echte neue Einnahmenquelle. Letztlich wird das Geld aus den nationalen Steueraufkommen gestemmt. Dabei müsste die EU davon unabhängiger werden.
Jetzt sind Europäisches Parlament und die Regierungen der Mitgliedstaaten am Zug. Auch wir werden uns konstruktiv in die Verhandlungen einbringen. Eine Einigung soll rechtzeitig vor Ablauf der aktuellen Finanzperiode erreicht werden. Das erfordert in dem jetzt beginnenden Verhandlungsmarathon von allen Kompromissbereitschaft.“