Vorschläge zur Bändigung der Finanzmärkte

So will Peer Steinbrück die Banken regulieren

Wer bestimmt eigentlich den Lauf von Wirtschaft und Gesellschaft? Sind es hemmungslose Finanzmärkte und anonyme Manager oder demokratisch legitmierte Institutionen wie der Deutsche Bundestag? Die Antwort auf diese Frage ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Die SPD-Fraktion macht unter Verantwortung von Peer Steinbrück Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte; es gilt, Vertrauen zurückzugewinnen. In einer Reihe werden die Vorschläge einzeln vorgestellt. Den Anfang macht die Finanztransaktionssteuer.

Steinbrück, Peer
(Foto: SPD)

Jeder kann spüren, dass etwas aus dem Lot geraten ist, dass ein neues Gleichgewicht fehlt. Die Regierungen brachten und bringen Milliarden Euro auf für die Rettung der Banken. Das führte schließlich zu weiteren Konjunkturhilfen, also neuen Schulden. Und daraus erwuchs eine wahrhafte Schuldenkrise in der Europa. Das Schlimmste aber ist. Dadurch verloren viele Menschen Vertrauen in die Politik, ihre Handlungsfähigkeit, ihre Durchsetzungskraft. Und Vertrauen ist die wichtigste Voraussetzung für eine Demokratie.

Auf europäischer Ebene versuchten die Staats- und Regierungsschefs und die Europäische Kommission zwar, Maßnahmen gegen die Schuldenkrise zu ergreifen und Vorschläge durchzusetzen zur Regulierung der Finanzmärkte. Denn die spekulieren teils ungeniert und ungehemmt weiter. Ihre Gewinne sind wieder auf dem Niveau von vor der Krise, sogar Zinsen (Libor) wurden manipuliert. Nicht zuletzt das zeigt, dass diese Schritte nicht hinreichend waren. Denn so lange nur die kurzfristige Renditemaximierung für Banken eine Rolle spielt, sie gleichzeitig aber die Risiken ignorieren, wird sich nichts ändern.

Finanzbranche hat zu wenig mitgeholfen

Natürlich muss auch die Politik sich kritisch hinterfragen. Sie muss sich eingestehen, dass manch Missstände und Fehlentwicklungen auf ihr Zusammenwirken mit Banken oder Fehlanreize für Banken zurückzuführen sind. Das gilt für die Deregulierung, die Politik des billigen Geldes, die wirtschaftspolitische Förderung eines schrankenlosen Baubooms wie in Spanien oder die Förderung von Wohneigentum wie in den USA.

Dennoch steht fest: Die Finanzbranche hat zu den Aufräumarbeiten der durch sie verursachten sozialen und ökonomischen Schieflage zu wenig beigetragen. Im Wesentlichen mussten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geradestehen für die Fehler und Exzesse der Banken. Man könnte auch sagen: Gewinne hat sie privatisiert, Verluste sozialisiert

Und eben dadurch hat die Krise viel mehr gekostet als Geld. Sie kostet Vertrauen und verletzt die Gerechtigkeitsgebote und den Sinn für Maß und Mitte.

Die SPD-Fraktion wird nicht tatenlos zusehen, wie die Bundesregierung verzagt vor den Märkten. Sie will eine demokratiekonfome soziale Marktwirtschaft.

Neun Länder wollen bis dato die Finanztransaktionssteuer

Dazu hat der SPD-Finanzpolitiker und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ein umfangreiches Positionspapier vorgelegt, dessen Thesen und Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte in einer kleinen Reihe hier noch einmal aufgeschlüsselt werden.

Den Beginn macht die Finanztransaktionssteuer:

Es geht darum, die Verantwortlichen an den Kosten der Krise zu beteiligen. Dank sozialdemokratischer Beharrlichkeit und konsequentem Einsatz wurde im Juni 2012 auf europäischer Ebene der Weg freigemacht für die Einführung einer so genannten Finanzmarkttransaktionssteuer, oft abgekürzt als Finanztransaktionssteuer. Sie ist zu verstehen als eine Art Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte. Nach den Beschlüssen des Europäischen Rates soll sie im Rahmen einer verstärkten Kooperation in neun Mitgliedstaaten eingeführt werden. Der Beschluss muss jetzt aber auch umgesetzt werden.

Die Forderung der SPD-Fraktion: Die Steuer muss frühzeitig europaweit eingeführt werden mit einer breiten Bemessungsgrundlage und Steuersätzen von 0,1 Prozent für den Handel mit Anteilen und Anleihen bzw. 0,01 Prozent für den Handel mit Derivaten. Es ist klar, dass der ganz normale „kleine“ Aktienbesitzer von dieser Steuer verschont bleibt. Um ihn geht es hier nicht, sondern um gigantische Transaktionen.

Der Vorschlag der EU-Kommission für solch eine Steuer bietet eine gute Grundlage, er lässt aber Schlupflöcher zu. Ausländische Tochtergesellschaften europäischer Banken werden ebenso wie der außereuropäische Handel mit Wertpapieren europäischer Emittenten nicht erfasst. Devisentransaktionen werden von der Besteuerung ausgenommen. Das geht nicht.

Mit den Einnahmen aus der Steuer können zum Beispiel die dringend notwendigen Impulse für Wachstum, Beschäftigung und vor allem für den Kampf gegen die erschreckende Jugendarbeitslosigkeit in Europa gesetzt werden. Außerdem ließen sich damit Auffang- und Vorsorgelösungen für Krisen im Bankensektor finanziell unterlegen.
Nicht zuletzt geht es um soziale Gerechtigkeit.

 

Alexander Linden

Peer Steinbrück stellte am Mittwoch seine Vorschläge zur "Bändigung der Finanzmärkte" vor. "Wir brauchen einen Rückzug aus der Staatshaftung für Banken", so der ehemalige Bundesfinanzminister.

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