In seiner Replik auf Merkel analysierte Frank-Walter Steinmeier, Fraktionsvorsitzender der SPD im Deutschen Bundestag, die großen Worte Merkels als das, was sie sind: haltlose Behauptungen. „Seit Monaten versprechen Sie tragfähige Lösungen, aber noch nie kam etwas dabei herum. Nach jedem Ratstreffen sagen Sie, nun komme der große Wurf – passiert ist wenig“, sagte Steinmeier vor dem Parlament.
Niemand werfe Merkel vor, dass es die Krise gebe, aber „wie Sie damit umgehen, das geht auf keine Kuhhaut!“ Die Menschen, die Industrie – alle hätten das Gefühl, das Endspiel um den Euro sei angebrochen. Und Merkels Taktiererei habe dazu beigetragen, dass die Ängste der Menschen und Institutionen so groß seien. „Das gefährdet die Stabilität Europas“. Steinmeier stellte klar: „Sie, Frau Merkel, haben noch jede Bastion geräumt, die zuvor als unantastbar galt“. Wie solle da Vertrauen entstehen?
"Penetrante, doppelzüngige Schulmeisterei"
Als Beispiel führte Steinmeier gemeinsame europäische Anleihen an. Merkel lehne Euro-Bonds apodiktisch ab, doch plötzlich geistere das Wort Elite-Bonds durch die Presse. FDP-Chef Brüderle habe sich da besonders hervorgetan: „Morgens waren Sie für Elite-Bonds, abends dagegen“, spottete Steinmeier. Am schlimmsten aber sei die Äußerung von FDP-Generalsekretär Lindner gewesen, der gesagt habe, seine Partei sei gegen alle Bonds, auch gegen James Bond. „Wer so daherredet, der hat die Krise nicht begriffen, so kann das nicht weitergehen“, mahnte Steinmeier. Das beschädige die Politik.
Frank-Walter Steinmeier im Bundestag (02.12.2011)
Europa könne sich nur gemeinsam aus der Krise kämpfen, doch Angela Merkel hintertreibe das immer wieder durch „penetrante, doppelzüngige Schulmeisterei“ gegenüber anderen europäischen Partnerländern. Unter Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl sei es immer Usus gewesen, die kleinen Länder in der EU zu überzeugen, mitzunehmen; nun werde hochmütig verordnet. „Wer aber Lehrmeister sein will, der muss zumindest das eigene Haus in Ordnung halten“, sagte Steinmeier mit Blick auf die wirren Steuersenkungspläne und das zynische Betreuungsgeld der Bundesregierung. Das Ausland registriere das sehr genau.
"Das ist unser aller Europa"
Er wies darauf hin, dass Merkel noch vor einem Jahr die Pläne des EU-Kommissionspräsidenten Barroso nach mehr Haushaltskontrolle der Mitgliedstaaten bei zu hohen Defiziten negiert habe. „Jetzt stehen Sie hier, Frau Bundeskanzlerin und rufen: Haltet den Dieb! Das ist nicht Politik, das ist Schauspielerei.“
Steinmeier erklärte in Richtung Regierung: „Sie müssen mal begreifen, dass dies nicht ein schwarz-gelbes oder rot-grünes Europa ist, sondern unser aller Europa.“ Offenkundig sei es, dass das Staatsanleihen-Aufkaufprogramm der EZB zu mehr Inflation führen könne – und es müsse auch mal offen gesagt werden, dass das zu einer gemeinsamen europäischen Haftung führe. Hier leite die Kanzlerin die Menschen schlicht hinters Licht.
Inzwischen schreibe sogar die Presse, die der Union zugetan sei, davon, dass Merkel es sei, die Europa zerstöre. „Das sollte Ihnen zu denken geben!“