Steinmeier sagte, er verstehe Finanzminister Schäuble nicht: „Herr Schäuble warnt einerseits vor weiterer Verschuldung und der Krise und lässt dann eine Steuersenkung zu.“ Viel wichtiger sei es, jetzt Reserven für die schwierige Zukunft anzulegen, sagte Steinmeier.
Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Joachim Poß, und die finanzpolitische Sprecherin Nicolette Kressl können die Steuersenkungspläne nicht nachvollziehen: „Das ist eine Aktion zulasten vor allem der Länder und Kommunen, denen aufgrund der schwarz-gelben Politik weitere Milliarden genommen werden.“
Für die SPD-Fraktion ist klar, dass Schwarz-Gelb damit falsche Prioritäten setzt. Anstelle die staatliche Handlungsfähigkeit des Bundes wie auch der Länder und Kommunen abzusichern, wird sie weiter geschwächt. Die SPD setzt klar andere Ziele: Sie will die öffentliche Verschuldung auf allen Ebenen des Staates zurückführen und ein besseres Bildungssystem und den Abbau der bestehenden Investitions- und Infrastrukturdefizite gerade auf Ebene der Kommunen schaffen.
Die SPD-Fraktion wird sehr genau prüfen, wer tatsächlich von den in Aussicht genommenen Einkommensteuersenkungen profitieren wird. Auch das ist nach der Pressekonferenz von Wolfgang Schäuble (CDU) und Philipp Rösler (FDP) offen geblieben. Pikant: CSU-Chef Horst Seehofer erklärte nach der Pressekonferenz, von einer beabsichtigten Steuersenkung wisse er nichts, mit ihm sei nichst abgesprochen. Verwirrung pur zwischen den Regierungsparteien.
Keine konkreten Informationen zur EFSF
Das ist allerdings nicht der einzige Punkt, an dem diese Bundesregierung nebulös bleibt. Am Wochenende tagen die europäischen Staats- und Regierungschefs, und drei Tage vorher liegen den Fraktionen immer noch keine verbindlichen, konkreten Informationen vor, wie die Guidelines der EFSF, des Rettungsfonds, aussehen sollen. Frank-Walter Steinmeier: „Es herrscht nach eigenem Bekunden bei den Regierungsfraktionen keine Klarheit über das weitere Vorgehen.“ In dem 70-seitigen Papier aus Brüssel, das den Fraktionen vie Regierung übermittelt wurde, fehlen nach Angaben Steinmeiers die zentralen Punkte. „Bei der Frage nach der Ausweitung und den Hebelinstrumenten der EFSF sind dort Fehlstellen“, bemerkte Steinmeier gegenüber der Presse. Auf dieser Grundlage lohne keine Debatte vor dem EU-Gipfel, und er frage sich, was die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung vor dem Wochenende eigentlich erzählen wolle. Ein solches Chaos und Vorgehen habe er in den 20 Jahren, in denen er als Politiker arbeite, noch nicht erlebt, konstatierte Steinmeier.
Die Lage sei so dramatisch wie nie zuvor in der Geschichte der Europäischen Union. Steinmeier: „Ich kann nur hoffen, dass alle sich der Bedeutung dieses Gipfels bewusst sind. Er ist nicht nur für die Krisenländer entscheidend, sondern auch für uns und all die Menschen, die Angst haben - der Schuss muss sitzen".
Der SPD-Fraktionschef entlarvt die Aktion von Schwarz-Gelb als Geschenk an die siechenden Liberalen. Er verstehe Finanzminister Schäuble nicht, der immer vor mehr Schulden warne und nun so etwas zulasse.