Unser Gesundheitssystem muss weiterentwickelt werden, damit es auf Dauer gerecht, solidarisch und finanzierbar bleibt. Darum setzen wir als SPD auf den Einstieg in die Bürgerversicherung. Diese bezieht auch jene Selbstständigen mit ein, die wenig verdienen. Gleichzeitig tragen Gutverdienende, einen Beitrag entsprechend ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit. Als SPD werden wir den Weg bereiten für eine solidarische Lastenverteilung in unserem Gesundheitssystem.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Expertenanhörung hat gezeigt: Es besteht Handlungsbedarf.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Aber ganz so einfach geht es nicht, wie es die Linke in ihren Anträgen vorschlägt. Einerseits ist die Forderung nach einer Senkung der Bemessungsgrenze für den Mindestbeitrag zwar berechtigt und wirtschaftlich vernünftig, andererseits sollten wir tunlichst alles vermeiden, was benutzt werden könnte, um Menschen in ungesicherte Solo-Selbstständigkeit zu drängen.

Seit längerem beobachten wir einen Wandel in der Arbeitswelt: Die Formen der Erwerbstätigkeit verändern sich, individuelle Erwerbsbiografien verlaufen weniger geradlinig, Erwerbstätige wechseln häufiger zwischen den verschiedenen Arbeitsformen, bauen sich kleine Existenzen auf oder wechseln wieder ins Angestelltenverhältnis. Von wem also reden wir heute? Wir reden von jenen Solo-Selbstständigen, die nur geringe Einkommen erzielen. Vor allem bei Dienstleistern und in der Kultur und Kreativwirtschaft gibt es solche Formen schlecht bezahlter Arbeit. Da muss man oftmals tatsächlich bis zur Hälfte des Bruttoeinkommens für die Krankenkassenbeiträge aufwenden. Das führt zu Überforderung, und das muss geändert werden; darin stimmen wir mit den Antragstellern durchaus überein. Wir haben auch bereits gehandelt und im Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz durch die Verfahrensvereinfachung immerhin eine erste Verbesserung auf den Weg gebracht, die ab dem kommenden Jahr greift.

(Beifall bei der SPD)

Mehr war mit unserem jetzigen Koalitionspartner bisher an dieser Stelle nicht zu erreichen. Aber wir als SPD werden an diesem Thema dranbleiben. Darauf können sich die Betroffenen verlassen; denn Menschen, die in Arbeitsfeldern tätig sind, in denen sie kaum Verdienstmöglichkeiten haben, dürfen durch Sozialversicherungsbeiträge in einem solidarischen System der Krankenversicherung nicht überfordert werden. Aber – das sage ich für uns als SPD ganz klar – wir wollen genauso wenig, dass Arbeitgeber Druck auf Beschäftigte ausüben, eine bislang sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in eine selbstständige Tätigkeit umzuwandeln. Genau das ist nicht nur in Industriebetrieben oder bei Gebäudereinigern, sondern zum Beispiel auch im Umfeld von Pflegedienstleistern der Fall.

Dieser Aspekt muss bei der Lösungssuche sehr sorgfältig mitbedacht werden. Das ist im Interesse stabiler Beitragseinnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung, aber noch viel mehr im Interesse der betroffenen Menschen; denn als Solo-Selbstständige müssen sie ihren Krankenkassenbeitrag und ihren Beitrag zur Alterssicherung allein aufbringen, während sie als Arbeiter oder Angestellte bei den Sozialversicherungsbeiträgen zur Hälfte vom Arbeitgeber entlastet werden. Gerade bei der Rente hat das oft fatale Auswirkungen; denn Lücken im Versicherungslauf führen zu erheblichen Renteneinbußen, bis hin zu Armut im Alter.

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, können wir bei der Analyse Ihrer Anträge mitgehen, aber nicht bei der vermeintlich einfachen Lösung, die Sie vorschlagen. Es braucht eine klare Antwort gegenüber Arbeitgebern, die sich aus der sozialen Verantwortung stehlen wollen. Dazu haben Sie heute etwas gesagt; aber in Ihrem Antrag haben Sie dazu keinen Vorschlag gemacht. Ich kann es auch hier nur noch einmal betonen: Solch ein Ausnutzen unserer Solidarsysteme tragen wir als SPD nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der nächsten Legislaturperiode die Chance, unser Gesundheitssystem weiterzuentwickeln, damit es auf Dauer gerecht, solidarisch und finanzierbar bleibt. Darum setzen wir als SPD auf den Einstieg in die Bürgerversicherung

(Beifall bei der SPD – Reiner Meier [CDU/ CSU]: Oh Gott! Alte Kamellen!)

– ich habe erwartet, dass Sie so reagieren –; denn eine solche Krankenversicherung für alle bezieht selbstverständlich auch jene Selbstständigen mit ein, die wenig verdienen. Die Bemessungsgrenze muss daher so festgelegt werden, dass der Beitrag auch für sie bezahlbar ist. Gleichzeitig tragen dann Gutverdienende, und zwar auch selbstständige Gutverdienende, einen Beitrag entsprechend ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit.

Meine Damen und Herren, so funktioniert aus unserer Sicht Solidarität.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Aber nicht in der Realität!)

Als SPD werden wir den Weg bereiten für eine solidarische Lastenverteilung in unserem Gesundheitssystem. Die Bürgerversicherung wird kommen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Tino Sorge [CDU/ CSU]: Das erzählen Sie aber schon so lange!)