Bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen hat unsere Partei ein gemischtes Ergebnis erzielt: Während die SPD in Brandenburg klar als Sieger hervorging, haben wir in Thüringen Stimmen verloren. Das sehr unterschiedliche Ergebnis zeigt, dass hier regionale Faktoren eine große Rolle gespielt haben – in Brandenburg nicht zuletzt die gute Arbeit und die Persönlichkeit Dietmar Woidkes, dem ich herzlich gratuliere.
Sorge bereiten muss die auch diesmal wieder geringe Wahlbeteiligung, die auf Dauer durchaus die Legitimität unserer Demokratie gefährden kann. Ich sehe hier alle demokratischen Parteien in der Pflicht, neue Wege auszuloten, um mehr Wählerinnen und Wähler zur Stimmenabgabe zu bewegen. Wir unterstützen deshalb Sigmar Gabriel in seiner Forderung nach einer überparteilichen Initiative für eine höhere Wahlbeteiligung.
Der Wahlerfolg der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist ein klares Warnsignal: Ein bloßes Ignorieren oder Dämonisieren ist der falsche Weg, um die AfD und ihre populistischen anti-europäischen Parolen zu entzaubern. Nur in der konkreten inhaltliche Auseinandersetzung wird deutlich, was die kruden Forderungen der AfD nach einem Ausstieg aus dem Euro oder in der Familienpolitik in der Realität bedeuten: Den Verlust von hunderttausenden Arbeitsplätzen und eine gesellschaftspolitische Rolle rückwärts.
Ein neues Staatsbürgerschaftsrecht für ein modernes Land
In der vergangenen Woche hat die doppelte Staatsbürgerschaft im Bundesrat ihre letzte Hürde genommen. Ein großer Schritt auf dem Weg zu einem modernen Staatsbürgerschaftsrecht, für den die SPD beharrlich gekämpft und den wir mit Erfolg gegen erheblich Widerstände durchgesetzt haben. Das so genannte Optionsmodell wird abgeschafft. Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, werden nicht länger gezwungen, sich zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern zu entscheiden. Damit verbessern wir in den nächsten Jahren ganz konkret die Lebenssituation von rund 500.000 jungen Menschen.
Für eine verantwortungsvolle Integrationspolitik ist es notwendig, auch in der Asylpolitik mit unserem Koalitionspartner sinnvolle Lösungen zu finden. Der Ausweitung der Gruppe sogenannter „sicherer Herkunftsstaaten“ auf Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien haben wir nicht leichtfertigt zugestimmt. Für uns steht in einer schwierigen Abwägung im Mittelpunkt, dass wir dort am stärksten helfen müssen, wo die Not am größten ist, etwa verfolgten und vertriebenen Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak. Demgegenüber beschleunigen wir nun das Asylverfahren für Menschen aus den Westbalkanstaaten Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien, deren Asylanträge bisher kaum bewilligt wurden (deutlich weniger als 1%), ohne ihnen damit das Anerkennungsverfahren pauschal abzuschneiden.
Gleichzeitig werden wir die Situation von Asylsuchenden deutlich verbessern: Sie erhalten einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt, indem das Beschäftigungsverbot auf drei Monate gekürzt wird und die Vorrangprüfung nach 15 Monaten Aufenthaltsdauer entfällt. Auch wird die Residenzpflicht für Flüchtlinge, die sich länger als drei Monate hier aufhalten, abgeschafft. Zudem erhalten Flüchtlinge künftig außer in den Erstaufnahmeeinrichtungen wieder vorrangig Geld- statt Sachleistungen.
Mehr Flexibilität bei Elternzeit und Elterngeld
Viele Familien haben den Wunsch, ihre Zeit flexibler nach eigenen Vorstellungen einzuteilen. Fakt ist: Rund 60 Prozent der Paare mit kleinen Kindern wünschen sich eine partnerschaftliche Organisation von Familie. Tatsächlich gelingt es nur gut 14 Prozent, dies auch in die Realität umzusetzen.
Eine moderne Familienpolitik und eine familienfreundliche Arbeitswelt muss unterschiedlichen Lebensentwürfen von Eltern besser Rechnung tragen. Deshalb wollen wir Elternzeit und Elterngeld flexibler gestalten. Mit dem ElterngeldPlus unterstützen wir Mütter und Väter beim schnellen Wiedereinstieg in den Beruf und setzen gleichzeitig Anreize für eine partnerschaftliche Organisation von Familie. Wir wollen, dass beide Elternteile gute Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Denn wir können es uns nicht leisten, auf weibliche Arbeitnehmerinnen und Fachkräfte zu verzichten. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur ein Gebot der Gleichstellung von Mann und Frau. Sie ist unverzichtbar, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu bewahren.
Durchbruch bei der Mietpreisbremse – Mieten bezahlbar halten
Gerade in urbanen Ballungsräumen wächst die Sorge vieler Menschen um bezahlbaren Wohnraum. Mietsteigerungen von über 30 Prozent sind dort bei Wiedervermietungen inzwischen keine Seltenheit. Deshalb hat die SPD im Koalitionsvertrag eine Mietpreisbremse für Wiedervermietungen durchgesetzt. Mit der Union haben uns nun auf ihre konkrete Ausgestaltung geeinigt. In Lagen mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Miete bei Wiedervermietung maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Länder können, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, diese Regelung für fünf Jahre in Kraft setzen. Sie gilt auch für Staffelmietverträge. Um weiterhin Anreize für notwendige Investitionen in den Wohnungsbau zu setzen, werden Neubauten von der Mietpreisbremse ausgenommen sein. Für Maklerverträge gilt künftig: Wer bestellt, der bezahlt! Mit dieser Einigung kann die Mietpreisbremse nun ins Kabinett gehen und pünktlich im kommenden Jahr in Kraft treten.
Kinder und Jugendliche besser gegen sexuellen Missbrauch schützen
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, bestehende Lücken im Sexualstrafrecht zu schließen. Insbesondere das Internet eröffnet neue Möglichkeiten, kinderpornographisches Material zu verbreiten. Wir dürfen nicht zulassen, dass über diese Wege Geld mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verdient wird. Deshalb ist es richtig, das unbefugte Herstellen und Verbreiten von Bildaufnahmen künftig zu verbieten, wenn diese Fotos geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Auch wird das Herstellen, Verbreiten und der Besitz so genannter Posing-Bilder unter Strafe gestellt. Das Strafrecht wird dabei mit Augenmaß erweitert. Klar ist: Sozial übliches und alltägliches Verhalten muss weiter straffrei bleiben. Niemand hat vor, Handlungen zu kriminalisieren, die zum Alltag vieler Eltern gehören.
Verhandlungen zu TTIP fortsetzen – klare Leitplanken setzen
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben auf dem Parteikonvent am vergangenen Samstag unsere Position deutlich gemacht: Damit sich die Chancen des transatlantischen Freihandelsabkommens realisieren, müssen die Verhandlungen innerhalb fester Leitplanken erfolgen. Konkret bedeutet das: Wir werden die hohe Qualität der Daseinsvorsorge in Deutschland und die hohen europäischen Standards für Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutz nicht in Frage stellen. Zudem darf der Schutz von Investoren nicht dazu führen, dass demokratisch legitimierte Regelungen im Sinne des Gemeinwohls ausgehöhlt werden.
Entscheidend ist, dass die Verhandlungen zu TTIP transparent sind. Nur dann ist es möglich, die Ziele und Möglichkeiten des Abkommens am Ende unvoreingenommen zu bewerten.
Handelsabkommen können ein guter Hebel sein, um weltweit einen besseren Arbeitnehmerschutz und nachhaltiges Wirtschaften voranzutreiben. Die SPD spricht sich deshalb gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund dafür aus, die Verhandlungen über TTIP fortzuführen.
Wir werden den laufenden Verhandlungsprozess zwischen der Europäischer Kommission und den USA über TTIP weiter aufmerksam begleiten – gemeinsam mit unseren Genossinnen und Genossen im Europäischen Parlament und unabhängig davon, ob das Abkommen letztendlich der Zustimmung der nationalen Parlamente bedarf. Zusammen mit der Partei werden wir am 25. Februar 2015 eine Konferenz zum Thema ausrichten.