Im Jahr 2008 kündigte die damalige Familienministerin von der Leyen (CDU) an, dass das Bundeskriminalamt (BKA) mit den Providern Verträge zur Sperrung besagter Inhalte schließen werde – ohne jede rechtliche Grundlage. Es war vor allem die SPD-Fraktion, die darauf bestanden hat, dass derartige tiefgreifende Eingriffe einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Der Deutsche Bundestag beschloss am 18. Juni 2009 den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BT-Drs. 16/12850, Beschlussempfehlung BT-Drs. 16/13411).
Die SPD-Fraktion räumte aber später ein, dass die Zustimmung zu dem Gesetz ein Fehler war und brachte Anfang 2010 einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Internetsperrgesetzes ein (BT-Drs- 17/776). Denn Internetsperren sind wenig effektiv, ungenau und technisch ohne größeren Aufwand zu umgehen. Sie können damit keinen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornographie leisten und schaffen außerdem eine Infrastruktur, die grundsätzliche Bedenken hervorruft und verfassungsrechtlich problematisch ist.
Nach nunmehr drei Jahren Debatte und zwei Jahre nach Verabschiedung im Deutschen Bundestag vertreten alle Fraktionen die Auffassung, dass es eine Aufhebung dieses Zugangserschwerungsgesetzes geben müsse. Die Bundesregierung begründet ihren Gesetzentwurf zu dieser Aufhebung nun wie folgt: „Die Möglichkeiten einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und nicht staatlichen Einrichtungen wie Selbstregulierungsorganisationen der Internetwirtschaft und Nichtregierungsorganisationen wurden in jüngster Zeit weiter genutzt, um national und international eine schnellstmögliche Löschung der Inhalte zu erreichen. Dieses Vorgehen hat sich als erfolgreich erwiesen, so dass Sperrmaßnahmen nicht erforderlich sind. Das Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungsgesetz – ZugErschwG) wird daher aufgehoben.“
Weitere Bekämpfungsmaßnahmen
Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Aufhebung von Sperrregelungen bei der Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ (BT-Drs. 17/6644 vom 20.07.2011) wurde in dieser Woche in erster Lesung beraten. Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte dazu vor dem Parlament: „Heute ist ein guter Tag für die Netzpolitik. Heute wird eines der Missverständnisse zwischen jungen, engagierten Netzaktiven und einer Generation von Politikern, die meint Regeln der Offline-Welt in die Online-Welt zu übertragen, endlich aus der Welt geschafft.“ Das Gesetz zur Aufhebung sei ein „Sieg für all diejenigen, die sich für ein freies Internet einsetzen, und die wirksame Maßnahmen in den Mittelpunkt stellen, statt auf Symbolpolitik zu setzen.“ In allen Fraktionen gebe es Akteure, die sich für den heutigen Erfolg eingesetzt hätten. Das Ende der Netzsperren sollte, so Klingbeil, „nicht das Einzige bleiben, was wir bis zum Ende der Legislatur netzpolitisch erreichen.“
Die SPD-Bundestagsfraktion wird dem Gesetz zur Aufhebung des Internetsperrgesetzes zustimmen.
Dabei allein darf es aber nicht bleiben. Klingbeil: „Es bedarf vielmehr der Weiterentwicklung von effektiven Bekämpfungsstrategien, um die Löschung derartiger Angebote im Internet auf der Grundlage des geltenden Rechts durchzusetzen.“
Zur Bekämpfung der Verbreitung von sexueller Gewalt und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Internet sind nach Ansicht der SPD-Fraktion eine verbesserte technische und personelle Ausstattung der Polizeibehörden, die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und die Verbesserung der Zusammenarbeit auf nationaler und insbesondere auf internationaler Ebene erforderlich, um die Löschung kinderpornographischer Netzinhalte zeitnah und effektiv durchzusetzen und eine konsequente Strafverfolgung zu erreichen.
All das hat die SPD-Bundestagsfraktion und haben die anderen Oppositionsfraktionen in den letzten beiden Jahren eingefordert, doch stehen dazu die Konzepte der Bundesregierung aus. Lars Klingbeil sagte dazu im Plenum: „Wir werden weiter auf die Vorlage einer entsprechenden Strategie drängen!“